Kiel: Hab es heute wie Proust gehalten und bin im Bett geblieben, weitesgehend. Es musste sein.
Ich versuche mich in Nebenlektüre „Asymetrie“, aber es wird tatsächlich immer schwieriger, neben der Recherche noch Gefallen an anderen Büchern zu finden.
In einer kurzen Phase des Einnickens, träumte ich in einer Schwarz-weiß diaähnlichen Sequenz: mich, vor einem Plattenbau in X stehend, einem siebziger Jahre Kinderwagen haltend. Ich warf einen Blick auf den Plattenbau, dann auf den Kinderwagen und schob ihn wutenbrannt weg. Arterien des Unbewussten.
Am Ende des Tages ein Telefonat mit der Heimat, bei dem der Traum als Vorbote oder Rückblende gelten kann, wie auch immer. Für meine Kinder tut mir das leid, aber was kann man schon tun wenn dem einzig verbleibenden Großelternteil die Beziehungsfähigkeit im Krieg abhanden gekommen ist, zu Telefonaten zwar fähig, aber nicht Mut oder das Interesse hat, die Enkel sehen zu wollen, ohne das es je ein Zerwürfnis gab. Weitere Enkel gibt es nicht, ich war Einzelkind. „Ich kann euch das nicht erklären“, sage ich schulterzuckend. „Aber es tut mir leid, dass ich euch davor nicht bewahren kann .“ Ablehnung, Desinteresse ohne Schuld, ich bin nur froh dass dieser blinde Fleck auf mein Bonding mit meinen Kindern keine Auswirkungen hat.
Draußen krächzt eine Krähe, es dämmert bereits, Geruch von Holzfeuer. Spinnen die sich am Fenster abseilen, rötlicher Himmel, gelbe Blätter.
Proust: Morel scheint ein unehrlicher, opportunistischer Charakter mit einem „sinnlosen Grausamkeitsinstinkt“ zu sein, der Intrigen spinnt, Geld unterschlägt und für Geld alles tun würde.
Charlus versucht ihn in die Geheimnisse des wahren Geschmacks einzuweihen und zelebriert das anhand einer Birnenbestellung.