Der Redakteur der Tageszeitung “Thüringer Allgemeine” Karsten Jauch fühlte sich am 5. August bemüßigt, einen Kommentar zu den von der Stadt Erfurt genehmigten Demonstrationen gegen die Papst- Heimsuchung abzugeben. Darin heißt es u.a.:
Das ist das falsche Signal. Da spielt sich im Erfurter Augustinerkloster Kirchengeschichte ab, und die zweite Reihe der Linkspartei muss Krawall machen.
Worin sieht dieser Lobhudeler des einzigen absoluten Monarchen – mit einer mehr als reaktionären Weltsicht – in unserer Zeit in dessen Heimsuchung der überwiegend religionsfreien Stadt Erfurt eine kirchengeschichtliche Bedeutung? Zumal Erfurt ja nur eine von -zig Städten ist, die Herr Ratzinger bisher heimgesucht hat? Und worin will der Herr Jauch Krawallmache erkennen? Etwa in den beantragten Informationsständen und den friedlich-satirischen Umzügen von kirchenfreien Menschen?
Wenn der Papst im September nach Erfurt kommt, dann ist das ein Weltereignis und für die Stadt Erfurt ein unglaublicher Image-Gewinn. Die angemeldeten Demonstrationen sind nichts weiter als eine Provokation. (…)
Nein, Herr Jauch, der Ratzinger-Besuch selbst ist DIE Provokation!
Und warum ist ausgerechnet die Heimsuchung Erfurts ein Weltereignis? Das möge man bitte konkret belegen. Außerdem, welchen Imagegewinn hat die Stadt Erfurt von diesem kirchlichen Spektakel? In jedem Fall hat Erfurt, obwohl weder die Stadt noch ihre Bürger Einlader und Veranstalter sind, immense Kosten zu tragen für Sicherheitsmaßnahmen u.a. mehr. Gelder, die für soziale Zwecke besser verwendet wären.
Und warum eigentlich muß für einen angeblichen Friedensapostel solch ein Sicherheitsaufwand betrieben werden, zumal ja der Freistaat Thüringen von zwei Pastoren regiert wird…
Ach, wie gnädig! Protest ist erlaubt, aber nur im stillen Kämmerlein, wenn es nach den devoten Papst-Jüngern gehen würde. Ja, wann denn sonst soll Protest geäußert werden? Etwa am 11.11. um 11.11 Uhr? Nein, Protest muß dann erfolgen, wenn er auch einen Bezug hat. Oh, da staune ich aber beim nächsten Satz: Die Polizei muß Personal aufwenden, um die Demonstrationen abzusichern? Na, dann sind doch wohl eher die Papst-Jünger Krawallmacher, vor denen friedliche Bürger beschützt werden müssen…
Das Erfurter Rathaus, das bei anderen Anmeldern womöglich schnell reagiert hätte, hält jetzt einfach still. Die Verwaltung, der ich Desinteresse an dem Besuch des Kirchenoberhauptes unterstelle, sieht keine Veranlassung, Auflagen für die angekündigten Demonstrationen auszusprechen. Eine freundliche Geste gegenüber dem hohen Gast ist das nicht gerade. Gastfreundlichkeit sieht anders aus.
Ja, warum soll das Erfurter Rathaus, das seinen Bürgern und der Demokratie verpflichtet ist und nicht einem sogenannten Heiligen Stuhl”, bestimmte Auflagen wegen von einem Herrn Jauch unterstellter Krawallmache erteilen? Warum sollte die Stadtverwaltung Anträge bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag schmoren lassen? Man weiß doch im Rathaus, daß die Erfurter keine verblendeten Kreuzzügler sind.
Nochmals, warum soll das Rathaus Interesse an der Ratzingersschen Heimsuchung zeigen? Zum einen gibt es hierzulande, zumindest in Verfassungstexten, eine Trennung von Staat (und so auch von Stadt) und Kirche. Und außerdem stellen die wohl zumeist nur Taufschein-Mitglieder der katholischen Kirche in Thüringen und in Erfurt nur eine Minderheit von rund sechs Prozent der Einwohnerschaft dar.
Soll das gast- und lebensfreundliche Erfurt etwa Gastfreundlichkeit heucheln? Zumal die Stadt Herrn Ratzinger nicht eingeladen hat und auch noch immense Kosten dafür zu tragen hat. Nein, Einlader und Gastgeber sind die katholischen Amsträger des Bistum Erfurt. Und auch nur sie sollten die Kosten für das Spektakel tragen und außerdem bei der Einwohnerschaft für alle Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit durch stundenlange Straßensperrungen und Einstellung des Straßenbahnverkehrs auf einigen entschuldigen!
Aber wenn Gastfreundschaft so bei Herrn Jauch aussieht, so werde ich demnächst mal Partygäste einladen, aber alle entstehenden Kosten meinen Vermietern und der Stadt Weimar in Rechnung stellen. Gleiche Rechte für alle, so heißt es doch im Rechtsstaat.
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