Prometheus – Dunkle Zeichen (Review)

© Warner Bros.

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Allein der Titel verspricht viel: „Prometheus“, der Titan, brachte den Menschen das Feuer und galt bei den alten Griechen als Schöpfer unser heutigen Zivilisation. Nach dieser mythologischen Figur hat Ridley Scott seinen Prequel zur „Alien“-Reihe benannt, die er selbst 1979 mit „Alien“ losgetreten hat. Der Titel kommt nicht von ungefähr: In Scotts neuem Film geht es um die Frage nach dem Ursprung der Menschheit. Spannende Science Fiction oder doch ein bisschen zuviel Butter auf dem Brötchen?

In der nicht allzu fernen Zukunft findet das Wissenschaftlerpäarchen Elizabeth (Noomi Rapace) und Charlie (Logan Marshall-Greene)in Höhlenmalerein auf der ganzen Welt Hinweise auf eine Rasse urzeitlicher Außerirdischer, die vor Jahrtausenden die Menschen auf die Erde gebracht haben. Diese Konstrukteure haben eine Sternenkarte hinterlassen, die durch die Galaxis führt, wo sie zu finden sind – eine Einladung zum Kennenlernen, die Elizabeth und Charlie gerne annehmen. Finanziert durch einen reichen Industriellen, der das Zeitliche gesegnet hat und nur noch als Hologram gute Reise wünschen kann, startet das Raumschiff ‘Prometheus’ in ins Unbekannte auf der Suche nach den leibhaftigen Göttern der Menschheit.

Natürlich treten Elizabeth und Charlie ihre Odysse nicht alleine an und so erwacht eine ganze Crew fast typischer Science Fiction – Charaktere mit ihnen zusammen aus dem Kälteschlaf, als sich die ‘Prometheus’ ihrem Ziel nähert. Da hätten wir zum Beispiel Janek (Idris Elba), den Captain, dem nichts mehr am Herzen liegt, als das Wohl seines Schiffs; einen nerdigen Biologen, einen durchgeknallten Geologen, ein sprücheklopfendes Mechanikerduo und Meredith Vickers (Charlize Theron), die unterkühlte Dame im Hintergrund (Charlize Theron), die keinen Hehl daraus macht, dass sie nicht viel von dem Unterfangen hält. Mit an Bord ist auch David (Michael Fassbender), der Android, ohne den kein Alien-Film komplett wäre. Künstlichen Menschen fällt in der Reihe meist eine von zwei Rollen zu: Entweder mimen sie den gewissenhaften Diener, der etwas im Schilde führt; oder aber sie werden zu Unrecht mit Misstrauen bedacht und wollen eigentlich nur helfen. Fassbender, lässt den Zuschauer gekonnt darüber im Unklaren, ob David nun Freund oder Feind ist. Seine Darbietung des Androiden, der versucht Lawrence von Arabien zu imitieren, ist das Sehenswerteste am ganzen Film.

Vergleichbares kann man von der übrigen Darstellerriege leider nicht sagen. Schuld daran sind weniger die Schauspieler, als das Drehbuch, das lustlos und faul keinen Finger rührt, seine Charaktere irgendwie spannend zu machen. Hier werden echte Perlen vor die Säue geworfen: Wie man Talente wie Charlize Theron oder Idris Elba mit so etwas abspeisen kann, ist ein Rätsel, auf das nur „ein Schloss in den Highlands“ oder „Steuerschulden“ als legitime Antworten akzeptiert werden. Ä Es ist eine Qual, Noomi Rapace, die so brillant in den Millenium-Filmen überzeugt hat, zu beobachten, wie sie als generische 08/15-Protagonistin durch weißgetünchte Raumschiffgänge stolpern muss – besonders, wenn Sigourney Weaver über vierzig Jahre vorher gezeigt hat, wie interessante weibliche Charaktere aussehen können. Ein unwürdiges Erbe. ‘Würdig’ ist aber kein Adjektiv, das besonders auf „Prometheus“ zutrifft.

Unwürdiges Erbe ist leider auch das Stichwort, dass auf den Spannungsbogen und den Plot zutrifft. Zumindest die ersten beiden „Alien“-Teile zeichnen sich durch nervenaufreibende Spannung aus. Es sind Referenzen, wenn es um Science Ficiton – Horror geht. „Prometheus“ hingegen lässt sich beim Erzählen seiner Geschichte Zeit wie ein Großvater. Bis zur Hälfte des Films passiert nichts, was man dem Kumpel, der seit Filmbeginn auf der Toilette festsaß, nicht in drei Sätzen erklären könnte. Langsam in Fahrt kommt die Handlung, als die Expedition auf dem Planeten erste Spuren ihrer vermeintlichen Götter findet. In den verschlungenen Gängen einer außerirdischen Konstruktion auf der Oberfläche des Planeten entdecken sie die Leiche eines der Konstrukteure – enthauptet und offensichtlich gerade auf der Flucht befindlich gewesen. Das Publikum in seinen Kinositzen reibt sich in Vorfreude die Hände, denn es ahnt das nahende Debakel, das unweigerlich bei einem „Alien“-Film passieren muss.

Dass dieses Debakel aber der Film sein würde, hätte erstmal keiner gedacht. Denn wäre der Plot ein Tippspiel mit Hauptgewinn gewesen, hätte wohl so gut wie jeder den Jackpot mit nachhause genommen: Die Crew bringt ein Alien mit an Bord, ein Facehugger frisst sich durch einen Anzug, jemand mutiert, alles fährt zur Hölle und zum Schluss bleibt nur noch die Protagonistin übrig. Alle Geheimniskrämereien und Andeutungen verpuffen in einem „Hab ich doch von Anfang an gewusst!“. Wie hätte es anders sein sollen, wird Elizabeth auch noch mit einem der Aliens schwanger und führt uns zum Highlight des Films: Als sie spürt, dass der Parasit in ihrer Gebärmutter zuckt, führt sie selbst einen Kaiserschnitt am eigenen Leib durch. Dabei kommt ein zappelnder Oktopus zum Vorschein, den sie in der Operationsröhre einsperrt. Dieser Ausflug ins Ekelterritorium ist wirklich gelungen und sorgt mit dem dringend nötigen „Pfui Bah!“ – Gefühl für ein bisschen Würze im Film.

Ebenfalls gelungen ist den Produzenten das Aussehen der Aliens. Hier hat sich jemand Gedanken gemacht, wie H.R. Gigers Alptraumkreationen in ihrem Anfangsstadium ausgesehen haben könnten. Statt wie sonst schwarz und schleimig, sind die Vorgänger-Aliens in „Prometheus” blass und grau. Ihre Formen sind einfach und gradliniger, nicht so verwinkelt und linkisch. Man sieht, dass es sich bei ihnen um frühere Generationen handelt, die sich ihre Boshaftigkeit und konzentrierten Überlebenswillen erst noch über zahlreiche Mutationen aneignen. Leider vergisst Elizabeth ihren abgetriebenen Parasiten in der Medizinstation – der wird plötzlich erst wieder interessant, als im Drehbuch die Zeile erscheint „das Alien bricht aus“.

Warum läuft Elizabeth nach dem traumatischen Ereignis nicht schreiend durch das Schiff und warnt alle, dass gerade ein gottverdammtes Alien aus ihr herauskam? Warum kümmert es keinen, dass ihr Bauch aufgeschnitten ist und auf den Boden blutet? Wahrscheinlich, weil alle damit beschäftigt sind über die offen klaffenden Plotholes und Risse in der Handlung hinwegzusehen und gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Der bezeichnende Moment kommt, als Captain Janek sich hektisch einen Raumanzug überstreifend in Elizabeht Kabine gestürmt kommt, und schnell eben die Hintergründe der Story erklärt, um sich wenig später in einer konstruierten Szene selbst zu opfern – zusammen mit den zwei Mechanikern, die nach Feierabend scheinbar noch nichts Besseres vor hatten. Alles läuft auf eine gigantische Szene hinaus – doch das Publikum bleibt mit einigen offenen Fragen zurück, von denen die brennendste wohl sein wird, warum der Film in 3D gezeigt wurde, wenn überhaupt keine 3D-Effekte vorkommen.

Im Flickenteppich der Handlung versandet schlussendlich auf die zentrale Frage, um die der Film sich doch drehen wollte. „Wer hat uns erschaffen und warum?“ Für Elizabeth gibt es zwar eine Antwort, die aber so nebensächlich, dass sie beim Zuschauer kaum mehr als ein gelangweiltes Anstarren der Leinwand hervorruft. Zu diesem Zeitpunkt hat das Publikum schon genug und wartet ungeduldig auf das Ende, um endlich aufs Klo zu können.

Was letztendlich bleibt ist verschwendete Zeit. Dieser vermeintliche Titan hat kein Feuer entfacht, sondern lediglich viel Rauch um Nichts. Ridley Scotts angebliches Meisterwerk ist eine unwürdige, vorgeschobene Fortsetzung einer Reihe, die schon unter ihrer letzten Installation genug gelitten hat. Und während „Prometheus“ nach dem „Warum?“ unserer Existenz fragt, fragen wir uns nach dem „Warum?“ für die Existenz von „Prometheus“.

© Gregor Fischer / 2012


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