Der Weltraum. Die letzte Grenze. Jedoch liegt es in der Natur des Menschen, seine Grenzen auszuloten und sich immer weiter zu entwickeln. Die Grenzen, die sich dem Menschen in den Weg stellen, sind nur die, die er sich selbst auferlegt – und seien es nur die Grenzen der eigenen Fantasie. Durch das ständige Fragen und Forschen, werden Grenzen auch überschritten und so ist auch der Weltraum längst nicht mehr so, wie ihn Gene Roddenberry einst beschrieb. Science-Fiction-Filme gab es schon immer. Einer der ersten Filme überhaupt berichtet von der Reise zum Mond, lange, bevor Neil Armstrong seinen berühmten Satz über große und kleine Schritte zur Erde sandte. Viele nachfolgende SciFi-Werke hatten vor allem die Faszination gemeinsam, die eine Reise ins All bedeutet. Es ist eben eine neue Welt, in der es allerlei aufregende Abenteuer zu bewältigen gilt. Ridley Scott veränderte 1979 mit „Alien“ alles. Das Weltall war plötzlich ein sehr gefährlicher Ort, in dem Wesen existierten, deren Kraft und Ausdauer nur noch von ihrer Boshaftigkeit übertroffen wurde.
„Alien“ machte unfassbare angst und inspirierte zugleich einige andere Regisseure zu grandiosen Sequels. Die Serie hat in den letzten Jahren allerdings sehr gelitten. Diverse Versuche, Spin-Offs in Videospielästhetik und mit arg bemühten Klassentreffen mit anderen Filmmonstern zu etablieren, scheiterten an der Fantasielosigkeit der Filmemacher. Höchste Zeit, dass sich Scott selbst zurück meldet, um das Alien-Universum erneut unsicher zu macht.
Wir befinden uns auf der Erde, viele Jahre vor den Ereignissen des ersten Filmes. Eine Gruppe von Forschern rund um die Wissenschaflterin Elizabeth Shaw, hat eine waghalsige Theorie aufgestellt. Mehrere archäologische Funde unterschiedlicher prähistorischer Zivilisationen zeigten immer wieder die gleichen Motive, obwohl die verschiedenen Völker absolut keine Berührungspunkte haben konnten. Die Piktogramme stellen eine Sternkarte mit Koordinaten dar und dort hin wollen die Forscher fliegen. Man erhofft neben der Entdeckung einer außerirdischen Rasse, auch Hinweise auf die Entstehung der Menschheit zu finden. Weitere Thesen des Forscherteams gehen nämlich davon aus, dass wir von Fremden erschaffen wurden.
Die Firma „Weyland Industries“ finanziert den Bau eines neuen Schiffes und den gesamten Flug in die Tiefen des Alls. Nach einer Flugzeit von mehr als zwei Jahren, erreicht man das Ziel und landet. Auf der Oberfläche sieht es ganz so aus, als wäre alles buchstäblich ausgestorben. Nachdem allerdings Beweise gefunden wurden, die die Thesen der Wissenschaftler untermauern, beginnen, merkwürdige Vorfälle die Crew immer mehr zu beunruhigen.
Bald wird klar, dass es auf dem entlegenen Planeten doch noch etwas Lebendiges zu geben scheint. An dieser Stelle wird das Team auf eine harte Probe gestellt. Während Dr. Shaw einige sehr beunruhigende Entdeckungen macht, und sie eigentlich so schnell, wie möglich wieder weg will, hat der Android David andere Pläne. Er scheint eher dafür sorgen zu wollen, dass das, was da noch lebt, an Bord der Prometheus gelangt. Während sich die Crew gegenseitig sabotiert und verdächtigt, springen plötzlich die Bewegungsmelder an.
Ach Alien. Was bist du für ein merkwürdiges Ding? Dein Körper scheint nur aus Klauen und Zähnen zu bestehen und du bist komplett mit Schleim bedeckt. Außerdem hast du regelrecht perverse Fortpflanzungsgewohnheiten. Du lässt ein handförmiges Krabbelvieh aus einem Ei hüpfen. Das Ding saugt sich am Gesicht des Opfers fest und legt ein Embryo ab. Wenn das Vieh gewachsen ist, sprengt es die Brust des Opfers und hüpft raus. Dann geht es nur noch ums Überleben und Töten. Urinstinkte treiben dich an und du könntest die perfekte Waffe sein, wärst du nicht so unberechenbar bösartig. Die ganze Galaxis scheint das zu wissen, außer die dummen Menschen.
Das alles konnte man noch nicht wissen, als der erste „Alien“-Film in den Kinos lief. Ein großer Teil der Spannung entstand dadurch, dass man das Alien gar nicht richtig gesehen hat. Man wusste im Grunde nur, es ist da und keiner der Besatzung der Nostromo hat auch nur den Hauch einer Chance. Die Spannung wurde noch erhöht durch die beklemmende Atmosphäre eines riesigen Raumschiffs, dass in den unendlichen Weiten des Alls doch nur ein winzig kleiner Punkt war. Die Dimensionen des Dramas im Bezug auf die Dimensionen der Umgebung, erzeugten ein deprimierendes Gefühl der absoluten Hoffnungslosigkeit.
„Prometheus“ nun will im Grunde kein „Alien“-Film sein. Scott baut aber die perfekte Bühne dafür. Alle Elemente sind bekannt. Das riesige Schiff mit langen und verwinkelten Gängen lässt sofort nostalgische Gefühle aufkommen. Die Besatzung verbringt den größten Teil der Reise in Stasiskammern. Nur der Android David ist wach und passt auf. Der zeigt immer wieder, dass er wirklich nur eine künstliche Person ist, gleichzeitig aber zum Beispiel ein enorm einprägsames Charaktergesicht besitzt. Mit leicht süffisanten Ausdruck verkündet er also, er habe keine Emotionen. Wer's glaubt? Waren doch in den früheren Filmen die Androiden Ash und Bishop mit die interessantesten Figuren der ganzen Reihe. An dieser Stelle hat Michael Fassbender übrigens erneut Gelegenheit, sein schauspielerisches Talent, überzeugend zu zeigen.
Beeindruckend ist auch Noomi Rapace, die seit der schwedischen Version von „Verblendung“ nicht wirklich tolle Rollen ergattert hat. Hier avanciert sie auf faszinierende Weise zur neuen Ripley, die aber dennoch ihre ganz eigenen Charaktereigenschaften ausbauen kann.
Und da haben wir die Bühne. Alles ist bereit für den perfekten „Alien“-Film. Und genau an dieser Stelle biegt Scott ab.
Als hätte er plötzlich keine Lust mehr und als würde er lieber eine andere Geschichte erzählen wollen. Interessanterweise wirkt das nicht krampfhaft, sondern sehr gekonnt. Die Dramaturgie des Filmes ist gut ausgearbeitet und schafft es, selbst gestandene „Alien“-Fans, die sich total gut auskennen, zu überraschen. Abgesehen davon funktioniert „Prometheus“ trotzdem immer noch irgendwie als Prequel. Scott hat es allerdings so konstruiert und konzipiert, dass man die Geschichte von Dr. Shaw auch vom eigentlichen Franchise los gelöst betrachten kann. Auf der anderen Seite geht es wiederum nicht, ohne die bekannten Versatzstücke. Ein interessantes Bild. Ridley Scott wollte vielleicht einfach wieder mit den Elementen spielen, die er einst selbst etabliert hatte, ohne unbedingt die Geschichte fortsetzen zu wollen.
„Prometheus“ ist ein Fest für die Fans. Neben den bekannten Elementen und Motiven ermöglicht die aktuelle Tricktechnik obendrein noch fantastische Bilder. Und auch, wenn dieser Film als so etwas ähnliches, wie eine Vorgeschichte im „Alien“-Universum angesiedelt ist, muss man die alten Filme nicht zwangsläufig gesehen haben. Ganz abseits des Franchises ist „Prometheus“ ein großartig inszenierter und unglaublich spannender Science-Fiction-Film. Für mich einer der Höhepunkte des Kinojahres 2012. Je größer die anfängliche Skepsis ist, desto größer ist die Begeisterung nach dem Kinobesuch.
Prometheus (USA, 2012): R.: Ridley Scott; D.: Noomi Rapace, Michael Fassbender, Charlize Theron, u.a.; M.: Marc Streitenfeld; Offizielle Homepage
In Weimar: CineStar
Der Filmblog zum Hören: Jeden Donnerstag, zwischen 12:00 und 13:00 Uhr auf Radio Lotte Weimar.