Projekt 2016 – Wer bekommt die 900/1800 MHz Frequenzen?


Projekt 2016: Wer darf in Zukunft auf 900/1800 MHz mobil funken?

Heute will sich die Bundesnetzagentur dazu äußern, ob und wie die GSM-Frequenzen auf 900 und 800 MHz nach 2016 weiter “vergeben” werden. Dazu wurde allgemein der Bedarf abgefragt. Der Netzbetreiber E-Plus hatte sich lange benachteiligt gefühlt, weil 900 MHz bekanntlich “weiter” reichen als 1800 MHz.

Messeinrichtung der BNetzA

Messeinrichtung der BNetzA (Quelle Bundesnetzagentur)

Wer nicht so tief drin steckt:

Digitaler Mobilfunk fand in Deutschland zunächst nur auf 900 MHz statt mit zwei Netzbetreibern, nämlich Telekom D1 und Mannesmann D2 (heute Vodafone) mit Kunden ist man 1992 gestartet.

Als klar war, daß man den Wettbewerb ankurbeln wollte, wurden neue Frequenzen bei 1800 MHz dazu genommen, E-Plus startete 94 mit seiner Lizenz und hätte grob gerechnet doppelt so viele Stationen aufstellen müssen, um die gleiche Netzabdeckung wie die etablierten Konkurrenten erzielen zu können.

Der Vorteil von 1800 MHz:

Eine feinere Netzversorgung, benachbarte Zellen stören sich nicht stark, verbunden mit damals modernerer Netztechnik und einer zweifellos excellenten Sprachqualität (die von moderneren Komponenten herrührte, aber vom Marketing schnell zur “E-Netz-Qualität” oder zum “High Quality Netz” hochstilisiert wurde.

Als ein vierter Anbieter namens VIAG Interkom (heute o2) ins Rennen geschickt wurde, bekam der auch 1800 MHz.

Dann wurde es eng, weil der Ansturm alle Erwartungen übertrag, also bekamen die etablierten D1 und D2 auch Frequenzen auf 1800 MHz als “Reserve” für Ballungsgebiete. Nachdem man den Schweizer und Britischen Hobbyfunkern (CB-Funkern) ihre Frequenzen auf 934 MHz weg genommen hatte, konnte man das 900 MHz Band um die sogenannten E-GSM-Frequenzen erweitern, welches exklusiv an E-Plus und o2 vergeben wurden. Im Gegenzug mußten sie bereits genutzte Kanäle auf 1800 MHz wieder herausrücken.

Der Aufbauvorsprung (D1 und D2 hatten ab ca. 1991 mit dem Netzaufbau angefangen) gegenüber E-Plus (ab 1993) und die reichweitetechnisch “schlechteren” Frequenzen waren für E-Plus immer ein Stein des ANstoßes. Lautstark forderten sie mehr Frequenzen auf 900 MHz oder am besten eine komplette Umverteilung des 900/1800 MHz Spektrums.

Irgendwann muß jemand E-Plus “überzeugt” haben, daß es vielleicht doch besser wäre, den bestehenden Status Quo nicht anzurühren, sprich, die bestehenden Lizenzen ab 2016 einfach weiter zu verlängern und gut ist.

Ist ja klar: Welcher Netzbetreiber würde sein Netz noch weiter ausbauen, wenn nicht 100% Sicherheit besteht, nach 2016 weiter funken zu dürfen? Also schien eine Verlängerung, logisch, sinnvoll und beinahe in trockenen Tüchern.

Bis die Bundesnetzagentur auf die Idee kam, das ganze Verfahren nochmal aufzudröseln und die “Digitale Dividende II” mit ins Spiel zu bringen. Unter der Digitalen Dividende I versteht man neue Mobilfunkfrequenzen zwischen 800 und 900 MHz, die in Deutschland mit LTE genutzt werden, unter der Auflage, erst mal die “weissen Flecken”, wo es bislang kein schnelles Internet gab, auszubauen.

Teil Zwei wären weitere Frequenzen zwischen 700 und 800 MHz, die weltweit so ab 2015 oder später freigeräumt werden könnten. Hierzulande funken bereits TV-Sender von ARD, ZDF und den Privaten darauf, denen die Wegnahme von 800 MHz schon “weh” getan hat.  Den analogen Fernsehfunk konnte man noch glimpflich abstellen, die bisherigen Frequenzen werden seitdem mit DVB-T genutzt. Jetzt steht ein harter Umstieg auf DVB-T2 bevor, weil dort mehr Programme hineinpassen. Aber dummerweise ist T nicht zu T2 kompatibel, d.h. alle TV-Zuschauer bräuchten neue Geräte, weil die DVB-T-Modelle bereits viel zu alt sind, um DVB-T2 zu können. (Digitale Radio-Hörer mit DAB kennen das Problem mit dem neuen DAB+).

Um den Umstieg erträglicher zu machen, könnte man übergangsweise DVB-T und DVB-T2 parallel ausstrahlen, wenn aber die 700 MHz für Mobilfunk genommen würden, könnte das eng werden.

Also:

Bis die digitale Dividende II verfügbar ist, kann es länger dauern, falls es überhaupt dazu kommt. Die vier Mobilfunker brauchen aber die Zusage für ihre vorhandenen 900/1800 Frequenzen möglichst “sofort” (4 Jahre sind in der Branche kein Zeitraum, das kommt schneller, als man schauen kann.)

Es gibt schon Fachdiskussionen, ob man auf 900 MHz nicht auch mir LTE oder UMTS funken könnte (man kann, wenn man die BNetzA freundlich fragt) und ob man nicht eines baldigen Tages die GSM-Technik abstellen könnte, was Handy- und Modemherstellern ein nettes Auftragsplus bescheren könnte. Fakt ist aber, dass die etablierte GSM-Technik viel viel weiter verbreitet ist, als alle Smartphone-Anhänger und Tablet-Freaks es je wahr haben wollen.

Fakt ist auch, daß die viel beschworene flächendeckende Netzabdeckung mit Mobilfunk in Deutschland – wenn überhaupt – nur mit GSM existiert – allen Marketing-Gerüchten zum Trotz.

Passiert da den nichts mehr? Doch, es wird im Bestand fleissig aus- und umgebaut. Aber die Schließung grundsätzlicher Funklöcher (wo es vorher noch nie Netz gab) mit wengistens GSM oder vielleicht schon UMTS-Technik ist quasi zum Erliegen gekommen.

Für LTE als mobile “Grundversorgung” ist es immer noch zu früh, die damit ausgerüsteten Endgeräte gehören eher zur hochpreisigen Nobelklasse und viele technische Grundfragen sind noch nicht abschließend geklärt, von Telefonie via LTE (“VoLGA” oder “VoLTE”) bis zu Handover-Szenarien und vielem mehr.

Was könnte also die komplette Neuausschreibung der 900/1800 MHz Frequenzen bringen?

- Dass sich ein komplett neuer vorher nie dagewesener “Netzbetreiber” frisch um diese Frequenzen bewirbt, sie auch bekommt und danach binnen weniger Monate ein bundesweit flächendeckendes Netz in die Landschaft zaubert?

- Dass alle Vermieter von Hausdächern und Sendetürmen diesem neuen Anbieter sofort optimale Preise machen, alle Bürgerinitiativen ihren Widerstand sofort aufgeben und dem neuen Anbieter freudig zujubeln?

- Dass dieser neue Anbieter für sein neues flächendeckendes Super-Netz so günstige Tarife nimmt, wo eine All-Inklusive-Flat (mit Telefonie und SMS in alle Netze, Internetzugang natürlich ohne jegliche Limits oder Einschränkungen) für unter 9,95 Euro pro Monat zu bekommen ist?

- Und am Ende noch ein Top-Smartphone / Tabet für nen Euro dazu?

Das ist doch – pardon – “völlig unrealistisch” oder von was träumen da Einige?

Selbst wenn die Frequenzen am Ende “teuer” unter D1, D2, E+ und o2 neu “vergeben” würden, hätte der Staat kurzfristig ein paar Milliarden an Mehreinnahmen, die Mobilfunker müßten diese Kosten auf ihre Preise aufschlagen, was wir Kunden dann auch bezahlen dürfen. Den einen oder anderen Mobilfunk-Anbieter könnte es auch wegspülen, weil seine Investoren das Ganze auf einmal nicht mehr als “rentabel” ansehen könnten.

Nein, wenn ich die Bundesnetzagentur wäre, würde ich einen anderen Ansatz wählen:

Als erstes würde ich mal mit den Meßwägen des Funkmeßdienstes durchs Land fahren und die unzähligen kleinen und großen Funklöcher und Problemzonen sachgerecht ausmessen und öffentlich dokumentieren – die große Nutzergemeinde hier und anderswo, könnte dabei locker mithelfen, Initiativen wie www.kein-netz.de oder www.wir-sind-einzelfall.de beweisen das tag-täglich :-)

Aus diesen Meßergebnissen könnte die Bundesnetzagentur den vier Anbietern ein Angebot machen:

- Die Frequenzen werden zu moderaten Kosten verlängert.

- Im Gegenzug gibt es zackige Auflagen zum Netz- und Versorgungsausbau, einschliesslich einer Frist bis wann die ermittelten Versorgungslöcher nachweisbar beseitigt sein müssen. Andernfalls sollen hohe Konventionalstrafen oder als allerletzte ultimative Konsequenz auch ein Lizenzentzug möglich sein.

- Wenn es Regionen in Deutschland gibt, wo sich ein Netzausbau für alle 4 Anbieter alleine nicht rechnet (also einsame, menschenleere und abgelegene Regionen, die es zweifellos gibt), sollten Themen wie “National Roaming” ganz offen angegangen und klar und transparent umgesetzt werden.

In den USA roamen alle Netzbetreiber untereinander – in Deutschland war das bislang aus Wettbewerbsgründen nicht gewünscht. Einzig die damals frisch gestartete VIAG Interkom brachte schon vor 14 Jahren das Swisscom-Roaming, indem sie auf ihre SIM-Karten einfach zwei Identitäten abspeicherte. Später machten o2 gemeinsam mit D1 eine von den Kunden geschätzte Ausnahme, VIAG später o2 Kunden durften ohne Mehrpeis im Netz von Telekom D1 roamen, wenn keine o2 Versorgung greifbar war. Warum sollen E-Plus Kunden nicht auch im Netz von Vodafone D2 oder Telekom und umgekehrt roamen dürfen?

Damit die latente Lust zu Preisabsprachen gedämpft wird, muß die Bundesnetzagentur ein waches Auge auf solche Abkommen werfen oder National Roaming notfalls auf bestimmte Zonen und Regionen begrenzen, technisch sollte das kein größeres Problem darstellen.

Und zum Schluß sollte die Bundesnetzagentur tief durchatmen und den Genehmigungsstau bei Richtfunkverbindungen für Sendestationen aufheben: Die Netzbetreiber melden ihre Verbindungen an, die BNetzA bestätigt diese Anträge und genehmigt damit “unter Vorbehalt” automatisch und hat dann genügend Zeit zum “Prüfen”, ob da evtl. was nicht stimmen könnte. Diese Zeit können die Netzbetreiber aber schon nutzen, um die Netzversorgung hin zu bekommen.

Und schlaue Netzbetreiber wechseln ohnehin längst zur terrestrischen Glasfaser, weil sie einfach zuverlässiger gegen Wettereinflüsse, dazwischen wachsende Bäume der überraschende Abriss- oder Neubauprojekte von Hausbesitzern sind.

Schlagwörter: BNetzA, E-Plus, Frequenzvergabe, Mannesmann, o2, Telekom D1, VIAG-Interkom, Vodafone D2


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