Wer sich nicht das Pokalfinale ansehen wollte, hätte auch in die Karmelenberg Halle in Bassenheim, Rheinland-Pfalz kommen können, um sich dort gutes Boxen anzuschauen. Der Veranstalter Detlef Loritz (FLP Box Team) stellte ein gutes Programm auf die Beine. Im Vorprogramm gab es zwei Amateurkämpfe zu sehen. Mir fiel dabei der Weltergewichtler Dennis Braun auf, der einen guten und beherzten Kampf zeigte.
Die ersten drei Profikämpfe waren typische Aufbaukämpfe, wie man sie auf allen Veranstaltungen der Welt zu sehen bekommt, egal wie groß der Promoter auch ist.
Den ersten Profikampf des Abends bestritten im Halbschwergewicht Lothar Longwitz (9 Kämpfe, 5 Siege. 4 durch KO, 3 Niederlagen) und Matran Schade. Die Begegnung dieser beiden geriet zu einem Kurzauftritt des Lokalmatadors Longwitz. Dieser setzte seinen Gegner von der ersten Sekunde an unter Druck. Schon bald stellte er Schade in einer neutralen Ecke. Er kam mit einer geraden Führhand durch, die seinen Gegner zu Boden brachte. Danach ließ er nicht mehr locker. Er trieb seinen Gegner vor sich her und stellte ihn wenig später in der anderen neutralen Ecke, wo er ihn mit einem rechten Kopfhaken wieder fällte. Der Ringrichter brach nach 1:22 min den Kampf ab.
Danach stiegen Nazmi Kurteshi (5 Kämpfe, 5 Siege, 2 durch KO) und Akan Jiyan (2 Kämpfe, 2 Niederlagen, 2 durch KO) in den Ring. Auch dieser Kampf im Mittelgewicht war eine einseitige Angelegenheit. Kurteshi suchte von der ersten Sekunde an den KO. Er trieb Jiyan vor sich her und deckte ihn mit Schlägen ein. Schon nach kurzer Zeit ging Jiyan zu Boden. Hiernach prügelte Kurteshi nur noch so auf seinen Gegner ein, der dann auch erwartungsgemäß schon bald wieder zu Boden musste. Schließlich gab Jiyan zu verstehen, er hätte sich die Schlaghand verletzt. Überraschenderweise stellte er sich jedoch noch mal zum Kampf, um beim nächsten Schlaghagel wieder zu Boden zu gehen. Der Ringrichter brach die Begegnung nach 2:16 ab. Jiyan sollte vor seinen nächsten Trainingseinheiten vielleicht überlegen, ob er als Boxer nicht besser aus der Schlaghand raus-, anstatt in sie hineingehen sollte.
Im nächsten Kampf trafen im Schwergewicht Michael Stromberg (7 Kämpfe, 6 Siege, 5 durch KO, 1 Niederlage) und Kalas Nawzet aufeinander. Dieser Kampf sollte auch nur unerheblich länger dauern als die vorangegangenen. Stromberg ging systematisch ans Werk. Er schob sich an seinen Gegner heran, stellte ihn und verteilte seine Kombinationen. Schnell war klar, dass Nawzet mit der Situation überfordert war. Er versuchte, sich irgendwie über die Zeit zu retten, aber Stromberg ließ das nicht zu. Eine Kombination Körper und Kopf brachte Nawzet zu Boden. Der Ringrichter fing erst gar nicht an zu zählen, sondern brach das ungleiche Gefecht nach 2:45 min zu Recht ab.
Der nächste Kampf im Superweltergewicht wog die vorangegangenen Aufbaukämpfe dann aber auf. Hier trafen Antonio Hoffmann (9 Kämpfe, 9 Siege, 7 durch KO) und Mehmet Tanriverdi (17 Kämpfe, 17 Niederlagen, 7 durch KO) aufeinander. Hofmann, der bessere Boxer, bestimmte das Geschehen im Ring. Tanriverdi beschränkte sich weitgehend auf Konter und hatte dabei durchaus seine Momente. Beide schenkten sich in der ersten Runde nichts. In der zweiten Runde steigerten beide Boxer das Tempo. Tanriverdi gehörte der erste Teil der Runde. Er war der Aktivere und versuchte seinen Jab zu etablieren, was ihm aber nicht gelang. Hoffmann wurde von Aktion zu Aktion stärker. Irgendwann hatte er Tanriverdi an den Ringseilen gestellt. Zwei schwere linke Kopfhaken ließen seinen Gegner in den Seilen zusammensacken. Während Tanriverdi langsam in den Seilen sitzend einknickte traf ihn noch ein weiterer rechter Haken zum Kopf. Tanriverdi war KO. Der junge und umsichtige Ringrichter der GBA Ivan Horn stoppte sofort den Kampf. TKO nach 2:00 min in Runde 2.
Der amtierende Jugendweltmeister der IBF im Cruisergewicht, Dennis Ronert (21 Kämpfe, 21 Siege, 14 durch KO), boxte gegen Remo Arns (17 Kämpfe, 5 Siege, 3 durch KO, 12 Niederlagen, 8 durch KO) einen Sechsrunder. Arns, der seine großen sportlichen Erfolge beim Kickboxen hat, war zwar boxerisch unterlegen, aber seine Kondition und seine Willensstärke waren bewundernswert. Er nahm viele Treffer, aber ein ums andere Mal kam er auch mit Kopfhaken durch. Immer wieder tauchte er tief ab, wenn er unter Druck kam. Zum Ende des Kampfes hin konnte man dann den Eindruck gewinnen, es wäre nur ein sehr hart und sehr verbissen geführtes Sparring. Vermutlich haben die beiden auch schon oft miteinander gesparrt, was aber nicht die Qualität des Kampfes schmälert, denn er war gut und unterhaltsam. Am Ende stand ein eindeutiger Punktsieg für Ronert.
Im letzten Kampf des Abends ging es um die vakante Deutsche Meisterschaft im Schwergewicht nach Version GBA. Yakup Saglam (36 Kämpfe, 32 Siege, 29 durch KO, 4 Niederlagen, 2 durch KO) boxte gegen Alexander Kahl (32 Kämpfe, 19 Siege, 17 durch KO, 12 Niederlagen, 11 durch KO, 1 Unentschieden). Saglam begann stark. Er boxte gerade durch die Mitte und er verteilte gut auf Kopf und Körper. Kahl schlug Haken und versuchte seine Deckung zu halten. Am Ende der Runde schlug Saglam mehr und mehr zum Körper, um die Deckung von Kahl herunter zu ziehen. Hierbei traf ein Schlag den linken Ellenboden von Kahl. Trotz Schmerzen wollte Kahl zur zweiten Runde antreten – er wollte ernsthaft nur mit seiner Rechten boxen. Aber der Ringrichter nahm ihn auf Anraten des Ringarztes aus dem Kampf. TKO 2
Leider war die Halle in Bassenheim nicht ausverkauft. Die Veranstaltung von Detlef Loritz hätte mehr Zuschauer verdient gehabt. Sie war nämlich gut. Zu viele wollten doch wohl lieber zu Hause sehen, wie Bayern München Pokalsieger wird. Schade!
© Uwe Betker