“Professor werden? Wohl jenen, die eine hohe soziale Herkunft haben. Die “feinen Unterschiede”, wie der französische Soziologe Pierre Bourdieu sie nannte, haben für die akademische Karriere in den vergangenen Jahren an Bedeutung deutlich zugenommen. Noch nie in 40 Jahren war der Anteil von Professoren aus der höchsten Schicht so hoch. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die soeben in der Fachzeitschrift Soziale Welt erschienen ist. Ihre Autorin, die Soziologin Christina Möller, macht einen Trend zur “sozialen Schließung der Universitätsprofessur” aus. Und ausgerechnet die Juniorprofessur, von einer sozialdemokratischen Regierung eingeführt, um verkrustete Strukturen aufzubrechen, verschärft die soziale Exklusivität dramatisch.
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Deutlich zu erkennen ist, dass sich die Chancen auf eine Professur für Angehörige der obersten sozialen Schicht im Laufe der Jahrzehnte immer weiter verbessern – während die Chancen für die Angehörigen der untersten Schicht immer schlechter werden. Die Professoren, die in den Jahren zwischen 1971 und 1980 berufen wurden, gehörten der Studierendenkohorte des Jahres 1956 an. Damals stammten 43 Prozent der Studierenden aus der höchsten sozialen Schicht. Unter den in den siebziger Jahren Berufenen liegt der Anteil der Professoren aus der höchsten Schicht bei 35 Prozent.
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Eine “soziale Segregation” stellt Möller auch bei den einzelnen Disziplinen fest. Die soziale Herkunft beeinflusst schon die Wahl des Studienfachs. Dabei wirken “Images der Fächerkulturen” sowie “Selbst- und Fremdbilder” eines Studierenden. Entsprechend sind demnach Professoren aus der unteren Schicht am häufigsten in den Gesellschaftswissenschaften anzutreffen, gefolgt von Mathematik, den Natur-, Technik- und Geisteswissenschaften. Aber unter den Jura-Professoren haben 80 Prozent Eltern, die zur gehobenen oder hohen Gruppe gehören. Bei den Medizinprofessoren sind es 72 Prozent. Disziplinen, die “eine größere Nähe zu gesellschaftlicher Macht” haben, weisen eine höhere soziale Selektivität auf, folgert Möller.
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Schon die jetzige Zusammensetzung der Professorenschaft wirft aber die Frage nach Chancengerechtigkeit und der “Teilhabe an machtvollen Positionen” auf, schreibt Möller. Wenn die Rekrutierung des Nachwuchses und das wissenschaftliche “Agenda-Setting” überwiegend in den Händen einer sozialen Schicht liegen, führt dieses das ständig propagierte meritokratische Ideal der Wissenschaft ad absurdum, wird die wissenschaftliche wie die gesellschaftliche Entwicklung von der sozialen Homogenität ihrer Akteure behindert.”
Quelle und gesamter Text: http://www.zeit.de/studium/hochschule/2014-03/universitaet-professuren-soziale-herkunft