Irgendeiner dieser "Experten", die man nun allerorten hört, sprach sich dafür aus, dass nun mehr Bürger Flüchtlinge privat bei sich aufnehmen sollten. Das ist kein guter Vorschlag, sondern das Gegenteil dessen. Es ist eine Hinterlist, um erneut eine Anti-Asylbewerber-Stimmung zu entfachen.
Es war Anfang der Neunziger. Ich war dreizehn, vielleicht vierzehn Jahre alt und saß mit meinen Eltern vor der Glotze. Wir hatten RTL an. Dort putzte ein Reporter Klinken. Ging von Haustüre zu Haustüre und fragte nach, wer denn bereit sei, einen oder zwei Asylbewerber in seiner Privatwohnung aufzunehmen. Stein des Anstoßes war irgendeine Bemerkung eines Politikers, der im Zuge der Flüchtlingswelle jener Zeit, einen etwaigen Vorschlag diesbezüglich losgelassen hatte. Natürlich lehnten alle ab, fühlten sich von der Politik bevormundet. Sie waren sichtlich empört. Ich junger Kerl natürlich auch. Ich saß im Sessel und stellte mir vor, wie das wohl wäre, wenn uns ein Fremder unter Anordnung zugeteilt würde. Nach dem Krieg hatte es das schon mal gegeben, sagten der Reporter. Aber das war doch eine andere Situation, oder nicht? Für mich war das unvorstellbar und eine Schandtat, gegen die jeder Widerstand berechtigt wäre. Der rebellische Jugendliche malte sich seine Wehrhaftigkeit pathetisch aus. Ein solcher Vorschlag ist nun wieder aufs Tapet gebracht worden. Heute sehe ich das allerdings etwas anders.