Privatisierungswahn in Großbritannien mit zweifelhaftem Erfolg

Von Nu

Margaret Thatcher hat in Großbritannien die erste Privatisierungswelle losgetreten, die Labour-Regierung unter Tony Blair ist in dieser Richtung weitergegangen und die jetzige Tory Regierung unter David Cameron tut alles dafür, um das letzte Tafelsilber des Landes an private Investoren zu verscherbeln. Jetzt wurde auch die Royal Mail, die königliche Post, auf diese Weise unter die Investoren gebracht. Großmundig kündigt Cameron an, dass die kleinen Investoren davon profitieren werden. Die harte Realität sieht anders aus, ein Großteil der Aktien geht an Großinvestoren.
Das Privatisierungsmantra der britischen Regierung hat der Guardian einmal dem gegenübergesellt, was bei den bisherigen großen Privatisierungen bereits erreicht wurde. Es ist dies die britische Bahn, die zur Zeit das 20-jährige Jubiläum ihrer Privatisierung feiern kann. Feiern können die Investoren, die sich die Filetstücke der britischen Bahn aneignen konnten. Damals gab es große Versprechen, dass durch die Privatisierung alles besser würde bei den britischen Bahnen. Ein Füllhorn an Investitionen wurde versprochen. Das Forschungszentrum Cresc hat an Hand der Rendite auf das investierte Kapital untersucht, welche Investitionen die Betreiber tatsächlich vorgenommen haben. Die Untersuchung hat ergeben, dass die Rendite auf jedes eingesetzte Pfund bei 147 % liegt. Der Guardian schreibt dazu: “Es beweist, dass die Investoren so gut wie nichts investiert haben, sie haben nur auf maximale Renditen für sich gesetzt.” Wenn wundert es da, dass für die Investoren blendende Dividenden abfielen. Virgin-Bahnbetreiber Richard Branson ist Milliardär, andere Vorstandsvorsitzende fallen durch hohe Gehälter, die jährlich über 1 Million Pfund liegen, auf .
Diese Privatbahnen leben letztendlich von öffentlichen Mitteln. So zahlte Virgin Trains für die West Coast Main Line im Zeitraum 1997 bis 2012 500 Millionen Pfund an Divendenden, erhielt aber im gleichen Zeitraum 2,5 Milliarden Pfund Subventionen der öffentlichen Hand. Die Subventionierung der privaten Betreiber ging zu Lasten der öffentlichen Network Rail (NR) Company, die für die Schienen-Infrastruktur zu sorgen hat. Eine versteckte Subvention bedeutet die nicht kostendeckende Schienennutzungsgebühr, die die NR von den Bahngesellschaften erhebt. Beliefen sich die Einnahmen bei Beginn der Privatisierung noch auf 3,2 Milliarden Pfund, sind es heute nur noch 1,6 Milliarden. Dies obwohl der Bedarf an Infrastruktur-Investitionen wegen der steigenden Anzahl an Zügen und Passagieren sehr hoch ist. Die Bahn ist zwar privatisiert, aber der Staat muss immer noch dafür sorgen, dass die Bahn auch fährt.
Kein Wunder, dass die NR, die gezwungen ist, sich auf dem privaten Markt das nötige Geld zu besorgen, hoch verschuldet ist. Die Zinslast ist inzwischen höher wie das, was in die Infrastruktur investiert wird. Wurden 2003 noch 1,5 Milliarden Pfund in den Unterhalt investiert und 256 Millionen Pfund für den Schuldendienst ausgegeben, waren es 968 Millionen Pfund für die Infrastruktur und über 1,5 Milliarden Pfund für die Bezahlung der Zinsen. Die Rückzahlung der Schulden wird vom Staat garantiert, letztendlich wird also der Steuerzahler für alles aufkommen müssen. NR hat inzwischen an die 30 Milliarden Pfund Schulden angesammelt.
Michael Moran vom Forschungszentrum Cresc zieht folgenden Schlussfolgerung aus der Privatisierung der Bahn: “Im Morgengrauen der Privatisierung wurde uns nicht nur ein neues Geschäftsmodel versprochen, sondern auch ein neues politisches Model: Eines bei dem politische Manipulationen im Hintergrund (z.B. durch Minister) ersetzt würde durch Transparenz offener im Wettbewerb erzielter Vertragsabschlüsse und öffentlicher Regulierung. Stattdessen haben wir eine Mischung aus chronischem Kapitalismus, einer Welt bevölkert von gut bezahlten Lobbyisten und zusammenwirkender Insider bekommen, dazu kommen Nebelkerzen und Spiegel, die dem normalen Bürger es unmöglich machen zu verstehen, was abläuft. In diesem Sinne ist die Bahnprivatisierung in der Tat ein erprobtes Model; ein Model wie die Dinge in dem Post-Privatisierungsstaat Britannien geregelt werden.”
Informationsquelle
Rail privatisation: legalised larceny – The Guardian
Why the system of rail privatisation in the UK has been a disaster – London School of Economics