Privatisierung von Schulen?

Die seit Jahren währende leidige Bildungsdebatte geht an uns allen nicht vorbei. Wir erfahren ständig von schlecht (aus)gebildeten Kindern und Jugendlichen. Die Maßnahmen, die die Politik bisher ergriffen hat, haben keine Verbesserung gebracht. Sie erzeugen eher Druck bzw. machen Bildung vom Einkommen abhängig. Man denke an das Turbo-Abi, die Bachelor- und Masterstudiengänge, die Einführung der Studiengebühren.
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Photo: Rakesh Ashok

Aus dem Focus, der Frau Sarrazin zu Wort kommen lässt:
"Nach Thilo Sarrazin drängt seine Frau Ursula nach vorne. Die Berliner Grundschullehrerin tritt für mehr Strenge ein und hält das deutsche Schulwesen für mangelhaft. Eine große Mehrheit der Deutschen gibt ihr Recht – vor allem die Wähler der Grünen...."
Das deutsche Schulwesen ist marode und veraltet. Es müsste in einigen Fächern auf den neusten Kenntnisstand gebracht werden. Es bietet zu wenig Raum für die Individualität der Schüler. Die Klassenstärken sind zu groß. Die Lehrkräfte und Schüler sind durch G8 gehetzt. Es wird sich durch den Schulstoff gehechelt. Wer nicht mitkommt, bleibt im Rahmen der Selektion auf der Strecke. Das kann man schlecht den Schülern zum Vorwurf machen, sondern den Sparmaßnahmen im Bildungsbereich.
"'Ich stelle auch fest, dass Kinder viele Wörter nicht mehr kennen', sagte Ursula Sarrazin."
Ich stelle fest, dass viele Politiker und Medien die Bedeutung ihrer benutzten Worte offensichtlich nicht (mehr) kennen. Die gezielte Wirkung ihrer Worte auf die Massen dürfte ihnen bewusst sein. Bei vielen Zeitungsartikeln entdeckte ich regelmäßig Rechtschreib-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler. Bezahlen sie ihre Lektoren so schlecht? Grausam ist die zunehmende Eigenart den Genitiv durch den Dativ zu ersetzen.
Meines Wissens war Frau Sarrazin eigentlich schon draußen aus dem Schuldienst und Herrn Sarrazins Verbindungen oder Vitamin B haben dafür gesorgt, dass nicht sie entlassen wurde, sondern die Direktorin/der Direktor. Eltern hatten ihren autoritären Unterrichtsstil und die Demütigung von Schülern kritisiert. Auf ihr Türken-Bashing gehe ich nicht ein. Das hat sie mit ihrem Gatten gemeinsam.
Sympathischer sind mir die Ansichten und Schilderungen der Grundschullehrerin Sabine Czerny und Autorin von
"Was wir unseren Kindern in der Schule antun"
Von der ersten Seite an räumt Sabine Czerny mit einer idealisierten Sicht auf Schule auf: Nicht die Lust und Freude am Lernen stehen in der Schule im Vordergrund, sondern die Note und damit die Bewertung eines Kindes, wo es steht und für welchen Schulzweig es sich qualifiziert. Dabei sei wichtig, dass alle Kinder zu einem willkürlich festgelegten Zeitpunkt über dieselbe Qualifikation verfügen. Lernen werde damit schnell zum Frust, so die Pädagogin in ihrer Streitschrift für eine freiere Schule."
Diese neoliberale österreichische Seite schlägt die völlige Privatisierung von Schulen vor.
Nehmt dem Staat die Schulen weg, der kann das nicht…
"Unternehmer berichteten jüngst, Absolventen öffentlicher Schulen verfügten mittlerweile in vielen Fällen über so mangelhafte Lese- und Rechtschreibkenntnisse, dass sie nicht einmal zum Antritt einer Lehre befähigt seien und deshalb von Firmen in Kursen nachgeschult werden müssen, bevor sie überhaupt Lehrlinge werden können....
Denn der Staat hat in den vergangenen Jahrzehnten geradezu gerichtsfest bewiesen, dass er nicht im Geringsten dazu befähigt ist, als Eigentümer Industriebetriebe, Airlines oder Flughäfen zu führen. Warum er ausgerechnet den Betrieb „Schule“ effizient, leistungsorientiert und kundenfreundlich betreiben können soll, erschließt sich angesichts dieser gesicherten Erkenntnis nicht wirklich."
Es ist durchaus denkbar, dass das hiesige Geschrei wegen der schlechten Bildung noch verdeckten Privatisierungsabsichten von Schulen zugrunde liegt. Wenn man in die Richtung denkt, ergibt die nie enden wollende Bildungsdebatte einen anderen Sinn. Falls der Staat sein Bildungsmonopol aufgeben und die Schulpflicht aufheben sollte, bleibt die Frage: wer soll eine Privatschule bezahlen? Wer kann sich Bildung noch leisten?
Die Kinder von Erwerbslosen bekommen bis zur mittleren Reife jährlich 100 € extra für Bildung. Ihnen ist der finanzielle Weg zum Abitur schon erschwert worden. Will man sich ein "Heer" verschaffen, dass für schlechter bezahlte Tätigkeiten zur Verfügung steht oder sich mangels Chancen freiwillig bei der Bundeswehr meldet? Ohne Abitur bekommt man in fast keinem Beruf mehr eine Lehrstelle.


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