Am Donnerstagmorgen ballerte das statistische Bundesamt die nächste Jubelmeldung heraus. Nachdem schon ein Beschäftigungsboom zu Beginn des Jahres vermeldet worden war, schätzen die Wiesbadener Zahlensammler nun, dass die Einzelhandelsumsätze im abgelaufenen Kalenderjahr so stark gestiegen sein sollen wie seit 17 Jahren nicht mehr. Dabei sind erst 11 Monate halbwegs erfasst. Zwischen mickrigen 1,1 und 1,3 Prozent soll sich der Zuwachs bewegen. Doch zunächst müssen die Statistiker für den November kleinlaut einen Rückgang im Vergleich zum Vormonat (-0,9 Prozent) einräumen.
Damit sanken die Umsätze im Einzelhandel mal wieder zwei Monate nacheinander. So recht ins Jubelbild passen diese Zahlen dann aber nicht.
Dennoch wird die Schlagzeile von der Überschrift bestimmt. In zahlreichen Medien konnte man erneut von einem Konsumwunder lesen. Zumindest in Überschriften und Einleitungen. Weiter unten gingen vielen aufgeblasenen Artikeln dann allerdings die Puste aus wie hier im Handelsblatt:
Stärkstes Umsatzplus seit 17 JahrenEs war ein gutes Jahr für die deutschen Einzelhändler. Der Umsatz stieg um 2,7 bis 2,9, schätzt das Statistische Bundesamt. So gut war das Ergebnis seit 1994 nicht mehr.
Zu Beginn des wichtigen Weihnachtsgeschäftes ging dem Einzelhandel aber etwas die Puste aus. Im November sank der Umsatz um 0,7 Prozent zum Vormonat und damit bereits zum zweiten Mal in Folge. Real gab es ein Minus von 0,9 Prozent. Von Reuters befragte Analysten hatten mit stabilen Einnahmen gerechnet.
Oder hier bei Spiegel Online:
Deutsche in Kauflaune Rekordwachstum für EinzelhändlerDie gute Konsumstimmung der Deutschen hat dem Einzelhandel 2011 ein ungewöhnlich erfolgreiches Jahr beschert. Nach einer ersten Schätzung stiegen die Umsätze so stark wie seit mindestens 17 Jahren nicht mehr. Doch es gibt erste Anzeichen, dass der Trend sich abschwächt.
Mittlerweile gibt es allerdings erste Anzeichen, dass der Trend sich abschwächt. So ist der Einzelhandelsumsatz im November den zweiten Monat in Folge gesunken.
Es ist erstaunlich, wie stark eine vermeintlich günstige Schätzung (+1,3 Prozent ist wirklich nicht viel im Vergleich zum Vorkrisenniveau) in der Presse aufgebauscht wird und die bereits bekannten nicht so günstigen Fakten nur am Rande Erwähnung finden. Liest man die Artikel genau, so stellt man fest, dass sich alle Hoffnung doch bloß wieder auf den Konsumklimaindex der GfK konzentriert. Die so und auf dubiosen Wegen ermittelte Kauflaune der Deutschen wird als der Gradmesser für den privaten Konsum herangezogen und total überbewertet. Die real gemessenen Werte treten hierbei in den Hintergrund und müssen völlig fiktiven Annahmen weichen.
Im Augenblick wird ja auf breiter Front für die Pressefreiheit gekämpft. Wenn diese Freiheit aber bloß darin besteht, ständig den immer gleichen Blödsinn aufzuwärmen und zu verkünden, der sachlich einfach falsch ist, läuft etwas verkehrt. Pressefreiheit bedeutet nämlich nicht, sich pausenlos an irreführender Regierungspropaganda zu beteiligen.