Nachdem mir gestern Nacht um halb drei das Druckerpapier ausging und ich endlich gezwungen war, aufzuhören mit arbeiten, musste heute Morgen Nachschub her. Was ich natürlich ganz gut bei uns im Dorf hätte erledigen können. Aber weil ich a) mal endlich wieder meine Höhle verlassen musste, b) nach so viel Nachtarbeit nicht auch noch gemeinsam mit der Putzfrau unsere Höhle aufräumen wollte und ich c) nach so viel Stress in den vergangenen Tagen mal wieder ein wenig Retail Therapy brauchte – ja, ich weiss, das kann ich mir momentan eigentlich nicht leisten – schnappte ich mir das Prinzchen, den Zoowärter und das Au-Pair und fuhr mit dem Bus in die Stadt.
Kaum aus dem Bus ausgestiegen, machten wir uns auf ins Warenhaus, wo wir mit lautem Alarm begrüsst wurden. Nun gehöre ich schon gewöhnlich nicht zur Kategorie Ladendieb, wenn ich aber eben erst den Laden betreten habe, ist mein Gewissen noch reiner als sonst. Also hatte ich kein Problem damit, dass die Verkäuferin sogleich angerannt kam. Einer nach dem anderen mussten wir die Schranke noch einmal passieren, eins ums andere Mal blieb alles still. Einzig, als das Au-Pair mit dem Prinzchen auf dem Arm den durchspazierte, heulte der Alarm wieder. Au-Pair ohne Prinzchen war okay, Au-Pair mit Prinzchen ging nicht. Also war klar, dass beim Prinzchen eine Untersuchung angesagt war. Aber wie lange wir auch tasteten, wir konnten nichts finden, was den Alarm ausgelöst hatte, schon gar kein Diebesgut natürlich. Am Ende stand das Kind ohne Jacke, Mütze und Schuhe da und endlich, nachdem jedes Kleidungsstück einzeln getestet worden war, stellte sich heraus, dass des Prinzchens Schuhwerk den Alarm ausgelöst hatte. Die Verkäuferin war so nett, dafür zu sorgen, dass die Schuhe in Zukunft kein Chaos mehr anrichten, denn, so meinte sie, „Es wäre ja peinlich, wenn Sie mit dem Kind in keinen Laden mehr gehen könnten.“ Um uns für unsere Umstände zu entschädigen, schenkte sie uns noch einen Gutschein, obschon die Schuhe aus einem anderen Geschäft stammten und dann zogen wir endlich los, um uns unseren Einkäufen zu widmen.
Ein paar Momente später, als wir uns wieder einer Schranke näherten, heulte der Alarm erneut. Weil ich inzwischen im Begriff war, meine Sachen zu bezahlen, wusste ich, dass ich mit voller Einkaufstasche nicht mehr ganz so unschuldig erscheinen würde, wenn der Alarm sich erneut melden würde und so wandte ich mich mit meinem Kummer an eine andere Verkäuferin. Noch einmal alles von Vorne, wobei inzwischen immerhin bekannt war, was den Alarm ausgelöst hatte. So stellte sich bald einmal heraus, dass die erste Verkäuferin wohl nur einen Schuh „entschärft“ hatte, der andere uns aber weiterhin fälschlicherweise des Ladendiebstahls bezichtigte. Schliesslich aber, nachdem auch der zweite Schuh seine Spezialbehandlung erhalten hatte, war alles wieder wie immer. Wir konnten wieder völlig unbehelligt gehen, wohin wir beliebten.
Nun, ganz alles war nicht wie vorher. Das Prinzchen starrte von da an jede Schranke vorwurfsvoll an, weil sie einfach nicht mehr blinken und lärmen wollte. „Blöde Schranke“, schien er zu denken, „weisst du den nicht, dass das Leben viel mehr Spass macht, wenn es hin und wieder mal ordentlich heult.“ Dann hoffen wir mal, dass das Kind nicht zum Kleptomanen wird, bloss weil er den ganzen Spass wieder und wieder erleben will.