Prinzchen-Logik

Der Kindergarten beginnt um Viertel nach acht, der Fussweg dorthin dauert gut fünf Minuten. Damit er genügend Zeit hat, um im neuen Tag anzukommen und sich einzurichten, wecken wir das Prinzchen etwa um sieben Uhr, manchmal auch erst um Viertel nach. Die Zeit sollte also reichen, um alles zu tun, was getan werden muss, damit ein Fünfjähriger aus dem Haus gehen kann. Auch dann, wenn man den Tag so gemächlich angehen lässt wie das Prinzchen. Prinzchens Morgenroutine sieht nämlich etwa so aus:

  • Erst einmal werden die Augenlider auf ihre Funktionstüchtigkeit getestet. Nur wenn er ganz sicher ist, dass sie sich einwandfrei öffnen und schliessen lassen, behält unser Jüngster die Augen offen. 
  • Nach der Augenlidkontrolle wird die Raumtemperatur gefühlt. Ist diese einigermassen erträglich, schafft es das Prinzchen durchaus, innerhalb von fünf Minuten aus dem Bett gekrochen zu kommen, natürlich nur, wenn er die Decke mitnehmen darf und seinen “Bä!”, der ihn noch immer begleitet. Ist es zu kalt im Zimmer, müssen Kleider her und zwar sofort. Und die richtige Auswahl. Und bitte schön unter die warme Decke geliefert, sonst müsste man am Ende noch einen grossen Zeh an die Luft strecken. 
  • Egal ob mit Decke oder bereits in den Kleidern, irgendwann wird es Zeit, sich an den Frühstückstisch zu begeben. Bis die richtige Sitzposition gefunden ist dauert es eine Weile, aber nur, weil diese unvernünftigen Eltern diese doofen Hocker angeschafft haben, auf denen man zusammen mit dem “Bä!” nicht richtig sitzen kann. 
  • Natürlich dauert es auch eine Weile, bis drei oder vier Deziliter Kakao in einem Prinzchen-Magen verschwunden sind, vor allem, wenn Mama oder Papa das Zeug mal wieder zu heiss serviert haben, doch nach einer gefühlten Ewigkeit ist auch dieser Punkt abgehakt.
  • Alles, was nachher folgt, lässt sich nicht mehr so strukturiert nacherzählen, sondern nur noch in Stichworten andeuten: Zähne putzen; aufs WC gehen; dringend benötigte Spielsachen suchen; Kätzchen streicheln; Socken anziehen; Schuhe suchen; der Mama zeigen, wie gut man vom Spieltisch springen kann; mit dem Zoowärter spielen, oder es zumindest versuchen, was aber der Mama, dieser elenden Spielverderberin, nicht passt; über den Inhalt der Znüni-Tasche debattieren; Jacke anziehen; Mamas Ermahnungen, er solle sich bitte beeilen, geflissentlich überhören;  die Farbspuren zwischen den Augen wegwaschen (Farbspuren zwischen den Augen? Fragt lieber nicht.); noch eimal Mamas Ermahnungen überhören; das “Panini”-Album suchen und lauthals klagen, dass man sich von Luise dazu hat überreden lassen, ein gemeinsames Album zu füllen, weshalb das Eigene, das man gratis in der Bäckerei bekommen hat, noch leer ist; noch einmal aufs WC gehen; das Treppengeländer herunterrutschen; schon wieder Mamas Ermahnungen überhören; den Zoowärter anbrüllen; längst veraltete Elternbriefe abliefern…

Ein ziemlich volles Programm, ich geb’s ja zu. Dennoch beharre ich stur auf meiner Meinung, dass eine gute Stunde reichen sollte, um zumindest die wichtigsten Punkte auf der Liste abzuhaken. Zumal der Junge während der ganzen Zeit eine gestrenge Mama auf den Fersen hat, die ihn daran erinnert, welche Punkte in den frühen Morgenstunden Priorität haben und welche man getrost auf den Nachmittag verschieben kann. 

Warum also kommt unser Jüngster trotzdem regelmässig zu spät in den Kindergarten? Ist doch klar: Weil der Weg zum Kindergarten ein paar Schritte länger ist als derjenige zur Schule. Und darum soll ich ihn bitte schön mit dem Auto hinfahren.

Vergiss es, mein Lieber! 

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