Veröffentlicht am 27. November 2013 | von Anna Hausmann
Gut zwei Millionen Klicks in zwei Tagen für Kanye Wests neues Video Bound 2 kann nur zwei Gründe haben: bedingungslose Fan-Liebe, oder Ungläubigkeit, über das was da zu hören und vor allem zu sehen ist…
Wenn man kann, muss man sich auch öfter drüber trauen, nur um sich sicher entscheiden zu können, ob Sound oder Optik mehr weh tut. Es bleibt ein knappes Rennen, dass dann aber doch das Video gegenüber dem Song gewinnt – oder verliert, je nachdem. Für alle die noch immer felsenfest davon überzeugt sind, dass Kanye cool, talentiert oder ein Fashionidol ist – es tut mir Leid, aber das hat sich dann wohl auch erledigt.
Das Herumgehampel im wahrscheinlich sündteuren Batik-Designer-Fetzen, ist eben so schmerzhaft wie das konzentrierte Sitzen am Studiomotorrad vor dem Greenscreen. Dass das außer scheisse nur scheisse ausschaut ist Kanye selbst wohl auch schnell klar geworden, also was machen, wenn man schon mit Musik und eigenem Talent nichts mehr reissen kann? Richtig, ein bisschen Sex geht immer. Muss ja auch was Gutes haben, wenn man sich schon eine Kim Kardashian angelacht hat – ist schließlich auch günstiger die eigene Freundin gleich für das Video zu besetzen. Teuren Fummel kriegt sie auch keinen zum anziehen, Motorrad fährt man schließlich am besten nackt. Und gegen die Fahrtrichtung sitzend. Uh-huh, honey.
Was die beiden dann da genau machen bleibt offen. Es hätte wohl sexy sein sollen, bestenfalls vielleicht selbstironisch (das würde aber ein gewisses Maß an Intelligenz voraussetzen, also vielleicht eher weniger), geworden ist es aber einfach nur verstörend. Kim mit gelangweiltem Blick, oben ohne, auf Kanye herum ruckelnd, der ihr romantisch wie er ist ins Gesicht rappt “I wanna fuck you hard on the sink, after that, give you something to drink, step back, can’t get spunk on the mink” (immerhin, reimen klappt noch, bravo), im Hintergrund zieht am Greenscreen die Wüste vorbei. Das erinnert ein bisschen an David Hasselhoffs Video zu Hooked on a Feeling – nur in schlecht (und das heißt was.)
Das Grauen ist selbsterklärend und wahrscheinlich das mit Abstand dümmste, widerlichste, unsinnigste, sinnloseste und unästhetischste Video, dass sich eine Person des öffentlichen Lebens je getraut hat auf den Markt zu klatschen. Kurze Unsicherheit, ob nicht doch der Song, der sich strikt gegen in der Musik oft doch ganz hilfreiche Elemente wie Melodie, Rhythmus, Takt, Gesang, Sinn, Inhalt, irgendetwas, wehrt, schlimmer als das Video ist. Dann ein wenig Mitleid für Kim, die jetzt dank gemeinsamem Kind lebenslang an das selbsternannte Supertalent gebunden ist, dann sehr viel Mitleid für das arme Kind, dass nicht nur North West heißt, sondern auch statt einem eingerahmten Foto der Eltern neben dem Bett mit so etwas aufwachsen muss.
Bleibt nur ein kurzer Moment der Selbstbestätigung für all jene, die Kanye auch schon immer grottenschlecht fanden und mindestens eine Person in ihrem Umfeld haben, die darauf immer erwidern muss, was er nicht für ein missverstandenes Musikgenie ist. I rest my case.
Und damit das ganze nicht so schrecklich endet:
Tags:FeatureKanye WestPressStopUniversal Music
Über den Autor
Anna Hausmann Aufgabenbereich selbst definiert als: Kompromisslose Musikredakteurin (zumindest vor dem ersten Kaffee). Findet “Life is what happens to you while you are busy making other plans” (Lennon) manchmal traurig aber meistens wahr.