Pressemitteilung: Menschenrechtsbeauftragter Löning besorgt über Umgang der iranischen Justiz mit ethnischen und religiösen Minderheiten
07.07.2012Politik & Gesellschaft erstellt von Auswärtiges Amt
In jüngster Zeit ist eine besorgniserregend große Anzahl von Todesurteilen oder langjährigen Haftstrafen der iranischen Justiz gegen Angehörige iranischer Minderheiten festzustellen. Dazu erklärte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung im Auswärtigen Amt, Markus Löning, heute (03.07.2012)
Markus Löning mit Dr. Azmayesh, einem Sufi aus dem Iran
"Mit größter Besorgnis beobachte ich den alarmierenden Umgang der iranischen Justiz mit ethnischen und religiösen Minderheiten in Iran.
Die Hinrichtung von mehreren Angehörigen der arabischen Ahwazi-Minderheit, gegen die in einem intransparenten Gerichtsverfahren die Todesstrafe ausgesprochen wurde, erfüllt mich mit Entsetzen.
Neben Christen, Sufis und Angehörigen der Baha’i sind auch Ahwazi-Araber und Angehörige der kurdischen Minderheit in Iran verstärkt Opfer willkürlicher Verfahren durch die iranische Justiz, die nicht ansatzweise rechtstaatlichen Kriterien genügen.
Mit dieser Praxis handelt die Islamische Republik ebenso in offenem Widerspruch zum Völkerrecht und ihren internationalen Verpflichtungen wie zu ihrer eigenen Verfassung. Ich fordere Iran auf, die Menschenrechte all seiner Bürger in gleichem Maße zu achten und zu schützen, ungeachtet von ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit.
Ebenso appelliere ich an die Verantwortlichen in Iran, bereits verhängte Todesurteile nicht zu vollstrecken, sondern gegenüber den Angeklagten Gnade walten zu lassen."
Hintergrundinformationen:
Die Situation für ethnische und religiöse Minderheiten in Iran ist äußerst schwierig. Während Juden, Christen und Zoroastrier laut der iranischen Verfassung als religiöse Minderheiten zumindest offiziell Glaubensfreiheit genießen, sind v.a. Angehörige der Bahá'í massiv von
Verfolgungsmaßnahmen betroffen.
Auch Angehörige der Ahwazi klagen immer wieder über Marginalisierung und Diskriminierung hinsichtlich Bildung, Arbeit, angemessener Unterkünfte, politischer Teilhabe und kultureller Rechte. Die Ahwazi-Araber leben größtenteils im Südwesten des Iran und sind hauptsächlich schiitische Muslime, wovon jedoch ein Teil zur sunnitischen Konfession übergetreten ist. Laut übereinstimmenden Presseberichten wurden mindestens vier Angehörige der Ahwazi-Minderheit am 18. oder 19.06. hingerichtet.
Terroristische Aktivitäten von Separatistengruppen, die sich aus Angehörigen der ethnischen Minderheiten der Kurden und Belutschen rekrutieren, führen immer wieder zu Vergeltungsmaßnahmen seitens der Zentralregierung, die mitunter die gesamten Minderheiten betreffen. Dies gilt v.a. auch für Angehörige der kurdischen Minderheit, die überwiegend den Westen und Nordwesten des Landes bewohnt. Bei der Wahrnehmung ihrer religiösen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte werden Kurden immer wieder diskriminiert. Derzeit sitzen laut Angaben von Amnesty International mindestens 19 kurdische Männer in den iranischen Todestrakten ein. Ihnen wird durch die iranische Justiz vorgeworfen, verbotenen kurdischen Organisationen anzugehören oder für solche Organisationen tätig zu sein.