Pressefreiheit: In Europa nicht mehr selbstverständlich

Von Politropolis @sattler59

Die Rhetorik von europäischen Politikern, Diplomaten und teilweise auch Journalisten lässt häufig vermuten, dass der von uns bewohnte Subkontinent das Zuhause der Menschenrechte ist; ein Ort, an dem Humanität und Demokratie walten. Doch wie steht es im heutigen Europa um die viel gelobte Demokratie? Ein Grundelement der Demokratie ist die Pressefreiheit, die Garantie der freien öffentlichen Meinungsäußerung und Informationsweiterleitung. Erst durch die Pressefreiheit wird eine politische Willensbildung der Bevölkerung und somit ein demokratischer Grundkonsens möglich.

Pressefreiheit in Europa? – Foto: © Christian Evertsbusch / pixelio.de

Das Internet als neues Medium bietet glücklicherweise neue Möglichkeiten für die Pressefreiheit, da der weltweite Informationsaustausch immer einfacher wird. Die Shootingstars einer neuen Form der weltweiten Pressefreiheit sind Whistleblower wie Edward Snowden, Menschen die uns ohne Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit beispielsweise offenbaren, dass es den Geheimdiensten der Weltmächte möglich ist, unsere Grundrechte elementar zu beschneiden und uns in Stasi-Manier abzuhören. Wobei man an dieser Stelle selbstverständlich erwähnen muss, dass die Staatssicherheit der DDR von PRISM- und Tempora-Möglichkeiten bloß träumen konnte. Die demokratisch gesinnte Presse sollte sich daher verpflichtet fühlen, den Menschen die Wahrheit über die perfiden Spähsysteme zu berichten und mit eben jenen postmodernen Helden kommunizieren.

Der britische Premierminister – wohl bemerkt ein demokratisch legitmierter Regierungschef – sieht dies offenbar anders. Vor kurzem meinte er im Unterhaus, der Presse öffentlich drohen zu dürfen:
“Wenn sie kein gesellschaftliches Verantwortungsgefühl an den Tag legen, wird es sehr schwer für die Regierung, sich zurückzuhalten und nicht tätig zu werden.”
Gemeint ist hierbei in erster Linie der Guardian, eben jene britische Tageszeitung, die bei den Enthüllungen rund um die Vergehen der US-amerikanischen und britischen Geheimdienste federführend war und mit Edward Snowden zusammenarbeitete. Bereits im August übte die Regierung Cameron massiven Druck auf das Blatt aus und zwang die Menschen, von deren Wahrheitsübermittlungen wir bis heute profitieren, unter Drohungen zwei Festplatten mit Snowden-Dokumenten zu zerstören. Und jetzt kursiert ein schamloser Ausspruch in den Medien, den man höchstens in einem James-Bond-Film als dramarturgisches Mittel hätte verkraften können. Wenn allerdings im echten Leben ein Politiker aktiv die Pressefreiheit und somit die Demokratie an sich angreift, uns direkt den Zugriff auf eine schreckliche Wahrheit verwehren will und dabei von Verantwortungsgefühl spricht, sollte uns deutlich werden, dass unsere oft als europäisch bezeichneten Grundsätze in einer enormen Gefahr schweben. Wenn die Presse zensiert wird, wird die Wahrheit in ihrem ganzen Potential zensiert.

Doch wo bleibt der Protest der breiten Bevölkerung? Bei der Forderung nach Pressefreiheit handelt es sich nicht um ein politische Forderung von rechten oder linken Interessensvertretern. Es sollte vielmehr das Anliegen eines jeden Demokraten sein, dass die Pressefreiheit unanfechtbar bleibt. Wie sonst sollen mündige Bürger auf eine neutrale Berichterstattung vertrauen? Wie sonst soll es dazu kommen, dass überhaupt so Etwas wie mündige Bürger aus unserem System hervorgehen?

Eine demokratische Gesellschaft sollte aufpassen, dass derartige Situationen in Zukunft nicht wieder vorkommen; dass Menschen wie David Cameron bei derartigen Aussagen nicht länger im Amt bleiben dürfen und strafrechtlich verfolgt werden. Ansonsten hat sie sich nicht länger als demokratisch zu bezeichnen, da sie sich nicht dagegen wehrt, dass ihre eigene Existenz verleugnet und zerstört wird. Es ist möglich, dass in Zukunft weitere Grundelemente der Demokratie beschnitten werden. Wenn der Protest gegen derartige Bestrebungen bis dahin nicht lauter wird, findet das System der Mitbestimmung in Europa bald sein jähes Ende.

ein Kommentar von Finn Job

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