Premiere: Der Rest ist Geigen – Ein Popstück

Von Gedankensalat

Ich fühlte mich überragend gut unterhalten

Mal was anderes auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Anstelle weltberühmter Klassiker und bekannter aktueller Inszenierungen habe ich das Stück „Der Rest ist Geigen – Ein Popstück”  (über die Suche nach dem großen Gefühl) erleben dürfen. Die Premiere war nicht ganz ausverkauft. Zu bedauern sind all die, die diesen Abend verpasst haben.

Und, bevor es hier objektiv weitergeht, muss ich zunächst ein paar seltene Eindrücke „loswerden“:

Ehrenwort, es gab Momente, da kullerten mir die Tränen über das Gesicht – vor Lachen. Ich weiss, das war gemein, denn eigentlich sind die Charakter dieses Stückes alles andere als glückliche Menschen. Aber die Inszenierung und die Spiellaune der Darsteller war einfach überragend. Mein Favorit hiess an diesem Abend Melanie Straub, die in Tränen aufgelöst zur Heiterkeit gezwungen wurde, um der Inszenierung innerhalb des Stückes zu genügen. Sie musste singen, tanzen und Dialoge führen und lies, immer den Tränen nahe, die notwendige Perfektion natürlich vermissen. Herrlich.

So. Also, um was geht es da eigentlich? Sechs Charaktere sind irgendwie gescheitet und trotzdem auf der Suche nach echten Gefühlen und Wahrhaftigkeit. Da ist der Schnulzensänger, der seine Texte vermutlich als die einzige Wahrheit in seiner Welt begreift und dementsprechend handelt.  Wenn er (genial gespielt von Bernd Geiling) die Bühne betritt ist allein der Gang zum Mikrofon  jedes Eintrittsgeld wert.

Dann kommt ein mittelmässig attraktiver Herr auf die Bühne, der, mit Blumenstrauß ausgestattet, seine Verabredung treffen möchte. Die Dame seiner Wahl hingegen ist mit einem Herzensbrecher liiert oder auch nicht oder dann doch wieder…..so richtig weiss man das nicht. Sie will echte Liebe, sie will echte Gefühle, aber ihre ständig wachsenden Zweifel führen dann schlussendlich zu der eingangs beschriebenen Heul-Arie.

Stattdessen trifft der Mann mit dem Blumenstrauß auf ein Mauerblümchen mit erfrischenden Schweizer Dialekt. Man (Frau) kommt sich näher. Ebenfalls auf der Bühne ist Markus Rechtnefki, der als genialer Pianist und Gitarrist die zahlreichen musikalischen Einlagen punktiert begleitet (zudem hat er auch die musikalische Leitung des Stücks).

Fehlt noch das „Regulativ“. Eine ältere Dame, die all die Dinge zu kennen und erlebt zu haben scheint , denen die fünf Jungspunde so nacheifern. Ihr Platz ist eine Sitzgarnitur am vorderen rechten Bühnenrand. Sie ist die Retterin und die Taktgeberin in der Not. Und in dieser Rolle kann sie häufig glänzen. Wann immer die Handlungen in Richtung Eskalation zu drohen gehen drückt sie einen „magic key“, der jede Handlung sofort unterbricht und alle Akteure auf einen kreisrunden Teppich in der Bühnenmitte zum Tanzen zwingt. Zudem hat sie ein Mikrofon auf ihrem Tisch. Damit können sich die leidenden Charaktere im Monolog den Frust von der Seele reden, nur um danach sofort das nächste emotionale Fettnäpfchen zu finden.

Unterbrochen werden die Handlungen zudem durch eine Stimme aus dem Off, die eine Partnerschaftsbörse ist. „Sie sucht ihn“…“er sucht sie“…usw. Irgendwie hoffnungslos, jedoch keine Bloßstellung. Und genau darum ist das Stück so liebenswert.

Liebe Leser, wenn Sie das alles versuchen zusammenzufügen, sich dazu unglaublich phantasievolle Adaptionen diverser Welthits vorstellen (Tainted Love ist mein Favorit) möchten, sich wohlwollend von Wortwitz und Slapstick inspirieren lassen, dann fehlen am Ende wirklich nur noch die Geigen zu einem ungewöhnlich gelungenem Theaterabend.

Am 27.Juni wird es in der Reithalle des Hans Otto Theaters eine weitere Vorstellung in diesem Monat geben.