Gerade bei der Akquise in großen Unternehmen ist es üblich, dass der Abgabe eines Beratungsangebots zusätzlich eine Preisverhandlungsphase folgt. In dieser verhandelt dann ein Einkäufer des Kunden mit Dir über den Preis Deiner Consulting-Leistung. Dein Problem: meist sind dem Einkäufer die Ziele und Ergebnisse des Projektes egal. Auch ist er resistent gegenüber Deinen Beratungsqualitäten und Referenzen. Wie eine Preisverhandlung gewinnen, wenn es einzig und allein um die Kenngröße ‚Kosten‘ geht? Im Beitrag zeige ich Dir, wie Du Dir bei einer Preisverhandlung gegenüber Deinen Wettbewerbern klare Vorteile verschaffen kannst.
Preisverhandlungen bei Beratungsangeboten
Viele Konzerne und große Mittelständlern bedienen sich bei Beauftragung von Beratungsleistungen einem zweistufigen Verfahren. In der ersten Stufe fordert der Fachbereich mittels einer Ausschreibung inhaltlich vergleichbare Angebote von mehreren Beratungshäusern ein. Mindestens zwei favorisierte Offerten präsentiert er dann dem Einkauf, welcher in einer zweiten Stufe über die Vergabe des Auftrags entscheidet. Die Auswahlkriterien für den Einkauf sind verschieden, häufig spielt jedoch der Preis die bedeutendste Rolle.
Und hier kommt die Preisverhandlung ins Spiel. Vor der Vergabe des Zuschlages an eine Beratung möchte der Einkauf die Angebotspreise reduzieren. Dazu bespricht er sich mit den Anbietern, fragt den Einzelgesprächen an „ob am Preis nicht noch etwas zu machen sei“. Gut für Dich, wenn Du für solche Situationen die richtigen Verhandlungstaktiken kennst.
Die wichtigsten Begriffe bei einer Preisverhandlung
Nehmen wir an Du und zwei weitere Wettbewerber bieten auf ein großes Beratungsprojekt an. Alle drei sind vom Fachbereich akzeptiert und liegen nun dem Einkauf vor. Dein Angebotspreis liegt bei 600.000 Euro. Immerhin handelt es sich um ein großes Engagement. Die Preise Deiner Konkurrenten kennst Du nicht, nimmst nach Gesprächen mit dem Fachbereich aber an, dass diese sowohl höher als auch tiefer als Deine Offerte liegen. Abbildung 1 visualisiert den Sachverhalt.
- Dein Optimalwert ist der in Deinem Angebot hinterlegt Preis. Falls Du diesen erzielst, verlief die Verhandlung für Dich perfekt.
- Dein Minimalwert ist der Preis, dem Du gerade noch zustimmen würdest. Deine Schmerzgrenze, die – wenn unterschritten – Dich zum Abbruch der Preisverhandlung veranlasst. Halte diesen Wert unbedingt vor dem Einkauf geheim.
- Dein Zielwert ist der Preis, den Du Dir realistischerweise zum Ziel gesetzt hast. Du bist zufrieden wenn der Einkauf und Du sich auf diesen Wert verständigen könnt.
Andersherum ist für den Einkauf der Minimalwert der Preis des günstigsten Anbieters. Diesen hat er bereits schwarz auf weiss in einen der drei Angebote. Der Optimalwert sind die internen Herstellungskosten, daher wenn das firmeninterne Personal die Aufgabe erledigen würde. Gerade bei großen Unternehmen stehen die Chancen nicht schlecht, dass auch die eigenen Leute das Projekten inhaltlich und methodisch stemmen könnten. Oftmals reicht einfach die Personaldecke nicht. Den Minimalwert und den Optimalwert des Einkaufs kennst Du in den wenigsten Fällen.
Abbildung 1 – Begriffe und Zusammenhänge bei der Preisverhandlung
Der Minimalwert des günstigsten Angebots und Dein Minimalwert bilden Eure Zone Of Potential Agreement (ZoPA), also die Zone der möglichen Einigung. Im Optimum für Dich triffst Du mit Deinem Angebotspreis genau den Minimalwert des Einkaufs, hast damit die maximale Marge für Dein Angebot herausgeholt. Im schlechtesten Fall handelt Dich der Einkauf bis zu Deinem Minimalwert herunter.
Vorgehen in einer Preisverhandlung
Bist Du zu einer Verhandlung mit dem Einkauf eingeladen, gehst Du am besten gemäß der nachfolgenden drei Schritten vor.
1. Verhandlung vorbereiten
Lege vor dem Verhandlungstermin mit dem Einkauf unbedingt Deinen Minimalpreis und Zielpreis fest. Beides sind feste Ankerpunkte in der anstehenden Diskussion mit dem Einkauf. Auch wichtig: lege Dir eine Alternative (Best Alternative To Negotiated Agreement oder BATNA) zurecht, falls der Deal nicht zustande kommen sollte.
2. (Neue) Basislinie ermitteln
Zunächst nennst Du dem Einkäufer Deinen ursprünglichen Angebotspreis. Aus seinen Signalen (Mimik, Gestik, Worte, Sprache) ermittelst Du, ob Dein Preis über dem günstigsten neuverhandelten Angebotspreis der Wettbewerber liegt oder sich bereits darunter befindet.
3. Angebotspreis reduzieren
Fall 1: Dein Angebotspreis ist bereits der Günstigste
Falls Du den Signalen des Einkäufers entnimmst, dass Du bereits preislich führst, dann reduzierst Du Deinen Angebotspreis nur leicht. Hier befindest Du Dich bereits in Eurer Zone of Potential Agreement (ZoPA) und der Einkauf sollte nach einem kleinen Zugeständnis den Deal akzeptieren.
Fall 2: Dein Angebotspreis ist noch zu hoch
Falls Du aus der Reaktion des Einkäufers abliest, dass Du preislich noch signifikant über dem Wettbewerb liegst, dann reduzierst Du Deinen Preis deutlich. Deine Hoffnung ist, nun in die ZoPA des Einkaufs zu gelangen.
Achte erneut auf die Signale des Einkäufers, fordere diese notfalls mit Fragen ein. Fahre mit den Schritten 2 bis 3 solange fort, bis ihr eine Einigung erzielt oder Du Deinen Minimumpreis erreicht hast.
Pros & Cons einer Preisverhandlung
Bis auf das Erlernen von Verhandlungstechniken haben Preisverhandlungen wenige Vorteile. Dein initialer Angebotspreis kann eigentlich nur sinken, ein Umstand den Du mit einem initial höher gewählten Angebotspreis Rechnung tragen solltest (insb. bei verhandlungsfreudigen Einkäufern).
Falls möglich, solltest Du mittel- bis langfristig Preisverhandlungen mit Einkäufern vermeiden. Verhandlungen um Deinen Preis signalisieren, dass Deine Beratungsleistung austauschbar ist, es letztlich nur noch um den Faktor Preis geht.
Tipps aus der Beratungspraxis
Das Thema Preisverhandlung füllt ganze Bücher (z.B. Die perfekte Preisverhandlung von Tim Taxis). Nachfolgende Liste beinhaltet Tipps die sich speziell in meiner Beratungspraxis als praktisch und wirkungsvoll erwiesen haben.
Tipp 1: Vorbereitung, Vorbereitung, Vorbereitung
Je genauer Du den Einkäufer als Verhandlungspartner kennst, desto einfacher kannst Du dessen Reaktionen auf Deine Angebotspreise interpretieren. Mache Deine Hausaufgaben und führe eine Hintergrundrecherche durch! Belese Dich auf Karrierenetzwerken wie Xing oder LinkedIn und befrage Kollegen sowie die Fachabteilung zur Struktur und Persönlichkeit des Einkäufers.
Tipp 2: Bewusster Perspektivenwechsel
Denke ebenfalls aus der Perspektive des Einkaufs. Worin liegen dessen Optimal-, Ziel- und Minimalpreise? Unterliegt er vielleicht doch zusätzlichen Randbedingungen, auferlegt beispielsweise durch den Fachbereich, den Vorstand oder der Rechtsabteilung? Eine (mehr oder weniger attraktive) Alternative hat der Einkauf übrigens immer: das Angebot Deiner Wettbewerber.
Tipp 3: Mehr Runden ist besser
Je mehr Runden Du mit dem Einkauf im Gespräch verhandeln kannst, desto kleiner können Deine Preisreduktionsschritte ausfallen. Schlage daher Termine für die Preisverhandlung vor, an dem für Dich und den Einkauf nach hinten noch ein zeitlicher Puffer besteht. In Deiner Position verhandelt sich ohne Zeitdruck besser.
Tipp 4: Alle Verhandlungstermine kennen
In der Regel verhandelt ein Einkäufer mit den Anbietern nacheinander. Je später Deine Verhandlung angesetzt ist, desto besser. Der Einkauf möchte dann in der Regel erst alle Alternativen „runterverhandeln“ – die Schwelle seines Minimalpreises somit nach unten schieben – bevor er sich Dir als den fachlich besten Lieferanten widmet. Finde also heraus, wann Deine Wettbewerber das Gespräch mit dem Einkauf führen.
Tipp 5: Über alles verhandeln, nur nicht den Tagessatz
An Preise erinnern sich Menschen besonders gut. Drückt Dich der Einkäufer erst einmal auf einen sehr geringen Tagessatz, wird er Dich in der nächsten Verhandlung wieder an diesen erinnern. Reduziere daher nicht Deinen Tagessatz, sondern das Auftragsvolumen oder andere Bedingungen (z.B. Reisekosten). Der Gesamtpreis sollte damit sinken, Dein Tagessatz bleibt aber unangetastet.
Fazit
Preisverhandlungen sind ein bißchen wie ein Pokerduell. Den Akteure sind die Spielkarten der Gegenparteien unbekannt. Zudem ist jeder bestrebt das Maximum für sich herauszuholen. Lege Dir für das Gespräch mit dem Einkauf ein Pokergesicht zu und versuche in den Aussagen und der Körpersprache Deines Verhandlungspartners zu lesen. Wo liegt sein Minimalwert? Welche Alternativen hat er? Meint er eine Aussage wirklich ernst? Wenn möglich, bestreite die Verhandlung zu Zweit. Einer beobachtet, ein zweiter verhandelt. Vor Zustimmung erbittest Du Dir eine kurze Auszeit die Du zur Abstimmung mit Deinem Kollegen nutzt.
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