Pre-Kona Interview mit Faris Al-Sultan

Pre-Kona Interview mit Faris Al-Sultan

EXTRABLATT! EXTRABLATT!

Vor der Xterra-EM in Zittau hatte ich das große Vergnügen, ein Interview mit unserem 2005 IRONMAN-Weltmeister Faris Al-Sultan führen zu dürfen. Darin ging es – wie könnte es anders sein – auch um den diesjährigen IRONMAN Hawaii, seine Einschätzung zu den Top-Favoriten und die deutschen Jungs und Mädels. Wie man es von Faris immer gewohnt war, nimmt er dabei kein Blatt vor den Mund und zeigt, dass er dem Sport nach wie vor sehr verbunden ist. Und dem Rennen aller Rennen allemal, denn einer seiner drei Schützlinge, Patrick Lange, steht als „Defending Champion“ an der Startlinie und will das versuchen, was bisher noch gar nicht so vielen Athleten vergönnt war: Die Titelverteidigung. Without further ado…

Jörg Schneider (JS): Was machen Deine Profis?

Faris (FAS): Beim Patrick Lange war die Entwicklung natürlich unglaublich. Der macht seinen ersten Ironman und gewinnt den. Dann geht er nach Hawaii und wird Dritter. Der hat fünf Ironman-Rennen gemacht und…okay, die zwei Rennen in Frankfurt waren nicht ganz so geil, aber die anderen Rennen waren halt der Wahnsinn. Das liegt natürlich nicht nur an mir, das ist auch einfach Glück, dass du dich so findest. Dass wir mit ein paar einfachen Umstellungen und ein bisschen mehr Struktur im Training so viel erreichen konnten…ist einfach auch eine Menge Glück. Markus (Thomschke) ist dann eher ein Mann der zweiten Reihe. Der hat jetzt gerade eine Menge Pech gehabt. In Nizza war er krank, in Estland lief’s nicht so gut. Aber da muss man einfach auch ehrlich sein: Er ist einfach noch nicht da, wo man sein muss, um große Rennen zu gewinnen. Beim Niklas (Bock) liegt es ganz anders. Der ist physisch schon sehr stark, aber von der Fettverbrennung noch nicht so weit. Er hat einfach noch nicht genug Umfang gemacht in seiner Karriere, dass er die wahnsinnig guten Unterdistanz-Trainingsleistungen abrufen kann. Aber da sind wir auch auf einem guten Weg.

JS: In Roth war er ja noch lange gut dabei…?

FAS: Ja, das war klassisch – er ist halt einfach geplatzt, weil er noch so ein großes Fettverbrennungs-Thema hat. Und dann ist einfach irgendwann mal Schluss. Aber er hat schon mal ganz dezent aufgezeigt, wozu er körperlich in der Lage ist.

JS: Was ist mit Patrick? Ich muss zugeben, dass ich in Frankfurt schon ein Stück weit enttäuscht war…okay, auch im Kraichgau war das schon eine kleine Ernüchterung, wenn Frodo ihm dermaßen Minuten aufbrummt…

FAS: Also: Die Kraichgau können wir nicht vergleichen. Als der Startschuss kam, dachte Patrick noch gerade über sich und das Leben und alles nach. Bis der dann anfing, ins Rennen reinzukommen, war der Frodo schon längst weg. Da war das Rennen eigentlich schon entschieden. Während Patrick noch im Schlafwagen war, ging vorne schon die Post ab.

JS: Aber so eine Nummer darf dem Patrick auch in Kona nicht passieren…

FAS: Nein, da hast Du natürlich recht. Da war die Enttäuschung schon auch erstmal groß. Aber Zweiter hinter dem Frodo zu werden, ist jetzt natürlich auch nicht total schrecklich. Und dann war das in Frankfurt ja auch schon ganz anders – da war er ja im Wasser da. Was dann dort schon krass war, dass wir alle möglichen Szenarien durchgespielt haben, was passieren könnte. Und dann läuft alles anders, alles läuft im Grunde bis zur zweiten Wechselzone perfekt für ihn. Und wir alle denken uns: „Jawoll, und jetzt kommt der Showdown beim Laufen…“. Dass Frodo brutal schnell angeht, okay. Aber spätestens in Runde 3 hätte dann eigentlich der Angriff erfolgen müssen. Und dann kamen zwei Dinge: Ersten ein mentales Problem – Patrick kannte es nicht, dass da einfach jemand von ihm weg läuft. Und zweitens ein energetisches Problem – er hat einfach zu wenig gegessen. Und er ist ja dann auch in der letzten Runde – sowohl physisch, als auch stilistisch – komplett weggebrochen. Und das war eine völlig neue Situation – das hatten wir noch gar nicht. Und dann ist Frodo halt auch eine 2:39 gelaufen…es lässt sich nichts anderes sagen, als dass er ein energetisches Problem hatte.

JS: Aber das ist im Grunde ja auch eines der kleinsten Probleme – das lässt sich ja relativ einfach lösen.

FAS: Genau! Das ist eigentlich das kleinste Problem, vor allem, wenn du generell kein Problem mit dem Essen hast. Im Grunde ist das nicht zu erklären, vor allem, wenn wir sehen, was der so alles im Anzug dabei hat. Da quillt ja alles raus…mit Logik ist da ja auch nicht alles zu erklären.

JS: Schade, dass dann ausgerechnet noch jemand schneller läuft…

FAS: Jetzt ist der Patrik Nilsson natürlich auch kein Schlechter. Und als der am Patrick vorbei lief, da war der ja auch schon ein gebrochener Mann. Was mich eher fasziniert hat: Als der Nilsson mit dem Patrick aus der Wechselzone rauslief, da war eigentlich klar – die laufen jetzt zusammen. Und dann verschwindet der einfach mal schnell für geschlagene drei Minuten ins Dixie-Klo. Und ich frag mich: „Hat der da jetzt ’ne Zeitung gefunden?“

JS: Wie sieht’s denn jetzt für Kona aus? Das ist doch dieses Jahr wieder ganz speziell. Frodo in dieser brachial guten Form (später verletzt das Aus für ihn), Sebi dieses Jahr eher etwas bedeckt…

FAS: Ja, Frodo – einfach nur brutal. Sebi hat aber ein ganz souveränes Rennen in Roth gemacht. Patrick ist gerade im Höhentrainingslager. Wir Deutschen sind halt auch einfach verwöhnt – zumindest bei den Herren. Lionel (Sanders) wird sicher auch nicht Zweiter werden wollen.

JS: Gibt’s sonst noch Kandidaten neben diesen vier offensichtlichen?

FAS: Patrik Nilsson ist auch ein heißer Kandidat. Er fährt nicht ganz so stark Rad und braucht dann halt eine gute Gruppe. Aber dann wird’s schon schwierig. David McNamee ist noch ein Kandidat. Und dann gibt es immer noch so Jungs, die das eigentlich physisch drauf haben und einfach mal „ihren Tag“ haben müssen…wie zum Beispiel Terenzo Bozzone. Aber ob es dann wirklich ganz nach vorne reicht? Aber das wäre noch so ein Name (hat sich ebenfalls im Vorfeld selbst eliminiert).

JS: Frauen? Zumindest haben wir auf der 70.3-Strecke schon mal eine ganze Reihe starker Athletinnen. Aber auf der vollen Distanz?

FAS: Also ich muss sagen, ich war enttäuscht von der Laura Philipp. Das war einfach Unsinn, diese Selbstverstümmelung vor Frankfurt…drei 70.3-Rennen innerhalb von – was weiß ich – vier Wochen. Das dann natürlich der Ofen aus ist und du kaputt bist, ist auch klar. Das geht halt nicht. Das war handwerklich einfach nicht gut gemacht. Aber wir haben mit der Anne Haug und der Laura Philipp zwei Mädels, die jetzt mal endlich könnten. Es waren ja sonst auch immer andere Mädels da. Die Sonja Tajsich war gut und war Vierte, die Anja Beranek war in einem Jahr Vierte und war gut. Aber es hat halt einfach nie gereicht, um mal wirklich zu sagen: „Sie sind ernst zu nehmen (für den Sieg).“ Die anderen Beiden bringen im Prinzip alles mit, was man so braucht. Anne hat schon wieder enttäuscht. Das mit der Schwimmerei ist halt gruselig – immer noch. Triathlon-Deutschland wartet auf eine Top-Frau, aber es konnte bisher halt noch nie eine diese Lücke füllen.

JS: Muss es denn überhaupt immer der Sieg sein?

FAS: Die Leute wollen halt einfach Sieger.

JS: Der Sieg bei den Frauen geht doch momentan nur über Daniela Ryf, oder siehst Du das anders?

FAS: Ja, klar. Kein weiterer Kommentar.

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