Edvard Beneš, der ehemalige Außenminister und Staatspräsident der Ersten Tschechoslowakischen Republik, war im Oktober das Thema einer Konferenz im Goethe-Institut in Prag. Quelle radio.cz
Historiker aus Deutschland, Tschechien, aber auch zum Beispiel aus Großbritannien diskutierten über die kontroversen Wahrnehmungen von Beneš. Geladen hatten das Masaryk-Institut und das Archiv der Wissenschaften gemeinsam mit dem Collegium Carolinum aus München. Marco Zimmermann war bei der Konferenz und hat nachgefragt, wie sich das Bild von Beneš bei den Deutschen aus der Tschechoslowakei gewandelt hat.
Edvard Beneš ist einer der bekanntesten und umstrittensten Politiker der Tschechoslowakei. Er amtierte 17 Jahre als Außenminister und führte das Land in seinen schwersten Zeiten zwischen 1935 und 1948, sowohl aus Prag als auch aus London. Benesch war Freimauerer (hier zur Liste.) Bereits 1915 engagierte er sich aus dem französischen Exil gemeinsam mit seinem ehemaligen Professor T.G. Masaryk für die Anerkennung einer unabhängigen Tschechoslowakischen Republik. Nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns war der Soziologe und Philosoph dann einer der Verhandlungsführer der tschechoslowakischen Delegation auf der Friedenskonferenz in St. Germain. Er verstand es, die alliierten Delegierten davon zu überzeugen, dass die deutsch besiedelten Grenzgebiete der neuen Tschechoslowakei und nicht Österreich oder Deutschland angegliedert werden sollten. Deutsche nationale Kreise, aber auch die Sozialdemokraten, griffen Beneš in der Ersten Republik zwar an, als Außenminister war er aber in der politischen Auseinandersetzung zwischen Deutschen und Tschechen kein Fixpunkt. Erst mit dem Aufstieg der Sudetendeutschen Partei (SdP) in den 1930er Jahren wurde Beneš wieder interessant für die deutschen Politiker. Der britische Historiker Mark Cornwall erklärt, was die SdP von Beneš erwartete: „Ich glaube, es gab bei einigen Leuten in der Sudetendeutschen Partei immer die Hoffnung, dass es eine Möglichkeit gibt, Druck auf Beneš auszuüben. Sie hatten natürlich eine negativ Meinung von Beneš, dass er ein tschechischer Nationalist war, aber ich glaube wirklich, dass es in der Henleinbewegung immer einige Leute gab, die dachten, dass man etwas von Beneš bekommen konnte.“ Aufgrund von Benešs Position als Außenminister und seines Engagements im Völkerbund sah die SdP vermeintliche Verhandlungsspielräume für mehr Volksgruppenrechte. Nachdem er dann 1935 zum Präsidenten der Republik gewählt wurde, lassen sich intensivere Versuche beobachten, mit Beneš in Verhandlungen einzutreten. Noch einmal Mark Cornwall: „Die Führung der Partei wollte sich immer mit Beneš treffen. Vor allem Konrad Henlein hatte immer die Idee, sich einmal mit ihm zu treffen, aber es war nie möglich, weil Beneš ein Treffen immer verweigert hat. Die Henleinbewegung hat immer geglaubt, dass sie einen Diskurs auf gleicher Augenhöhe, Tschechen und Deutsche, führen könnte. Das war sicher nicht möglich, Beneš wollte das nie.“Radio-Bericht zur Historiker Konferenz von Radio.cz hören und weiterlesen…