Das erste deutsche Fernsehen gilt als vielgesehen und aktuell. Eine PPQ-Dokumentation, über die auch der "Focus" berichtet (Screenshot unten), zeigt jetzt, wie die Staatsanstalt zu diesem Image kommt, welche Qualität die Zuschauer für ihr Geld bekommen – und welche Schattenseiten das System ARD hat.
Der Film, der eigentlich bei Megaupload Premiere haben sollte, beginnt in einer belebten Fußgängerzone in einer beliebigen deutschen Großstadt – und mit einer Frage für die Passanten: Sehen Sie ARD? Die Antwort fällt eindeutig aus: „Ja“ ruft eine Gruppe junger Mädchen im Chor, und alle strahlen. „Ja“, sagt aber auch eine Dame in gesetzterem Alter, mit Perlenohrring und Seidenschal.
Der Eindruck bestätigt sich, als die Reporter einen Blick in diverse Wohnzimmer werfen: Ob bei der 16-jährigen Berit oder der 72-jährigen Anneliese – überall liegt das Programm des Ersten, wie die ARD sich selbst nennt, auf Taste 1 der Fernbedienung.
Die Faszination des gebührenfinanzierten Fernseh-Giganten ist ungebrochen. Das Unternehmen gilt bei vielen Kunden als jung, trendig und unschlagbar günstig. Hier wird Bundesligafußball gezeigt, Gottschalk ist hier zu Hause, der „Tatort“, die Tagesschau und viele andere Sendungen. So erklärt sich auch der durchschlagende Erfolg. Nach eigenen Angaben betreibt die ARD in Deutschland über neun Landesrundfunkanstalten 18 Fernsehsender und rechnet weiterhin mit „großem Wachstumspotential.“ In keinem Land ist die ARD erfolgreicher als in Deutschland. Hier macht der Sender nahezu seinen gesamten Umsatz von rund 6,3 Milliarden Euro im Jahr.
Warum das so ist, nimmt PPQ in einer Folge der neuen Reihe „Markencheck“ unter die Lupe. Die Dokumentation will aufdecken, ob der ARD-Konzern die Erwartungen der Kunden erfüllt – und hält, was er selbst verspricht. Es geht um die Preise, die Qualität, den Trendfaktor und darum, wie die ARD mit Mitarbeitern umgeht.
Argument Nummer eins: der Preis. Die im Vergleich zur Konkurrenz etwa bei Sky oder den mit Werbung überladenen Privaten billigen Sendungen locken Zuschauer hierzulande offenbar besonders an. Gerade bei Sport, Unterhaltung und Nachrichten gelten deutsche Zuschauer im Vergleich mit anderen europäischen Ländern als besonders preisbewusst. Doch hält die ARD ihr „Immer günstig“-Versprechen? Das „Markencheck“-Team vergleicht ARD-Sendungen mit ähnlichen Produkten von der Konkurrenz: von Sat1, Prosieben0, n-tv und der Discountkette Tele5. Die ARD schneidet dabei gut ab, bei vielen Sendungen sind die GEZ-Sender sogar am billigsten.
Stellt sich die Frage, was die Kunden für das verhältnismäßig wenige Gebühren-Geld bekommen. Stimmt die Qualität? Viele Zuschauer sind skeptisch. Meinungen, die „Markencheck“-Reporter eingefangen haben, reichen von „mäßig“ bis „hält vielleicht sechs Monate, dann wiederholt sich alles“. Doch ganz so hart müssten die Urteile gar nicht ausfallen. Das Fernsehforschungszentrum Warin beim Blogampelamt in Mecklenburg gibt den ARD-Sendungen im PPQ-Test immerhin eine ausreichende Note. Allerdings: Beim Thema Kritikbelastung gibt es eine unangenehme Überraschung.
Doch Qualität hin, Preis her: Ohne die passende Werbestrategie ist in der modernen Konsumwelt kein Blumentopf zu gewinnen. Als eines der Erfolgsgeheimnisse der ARD hat der „Markencheck“ den „Trendfaktor“ identifiziert. Denn auch wenn die ARD günstig ist und damit konsequent auf allen ihren eigenen Sendern wirbt, so dass beinahe jede Nachrichtensendung auf eine später folgende Sendung hinweist: Die Marke verfügt dennoch über einen gewissen GEZ-Glamour. Und das liegt vor allem an der Werbung. Die ARD investiert viel Geld in Prominente und bereits eingeführte Produkte – Jauch und Gottschalk, Plasberg, Will und Hape Kerkeling kosten viel Geld. Hans Hasenbeck, Markenforscher und Psychologe, sagt mit Blick auf einen ARD-Spot: „Diese Namen könnten auch bei anderen Sendern auftauchen. Das mit der ARD zu assoziieren, ist eine sehr kluge Strategie.“
Bleibt ein Punkt, der für viele Zuschauer ebenfalls eine Rolle spielt – zumindest, wenn man sie darauf anspricht: die Arbeitsbedingungen in den Zulieferbetrieben. Bei der ARD heißt es dazu: „Wenn man in die kleinen, unabhängigen Drehfabriken schaut, mit denen wir zusammen arbeiten, sieht man dort viele Verbesserungen und Fortschritte.“ Das Unternehmen halte sich an die gesetzlichen Vorschriften in den jeweiligen Bundesländern, an Überstundenregelungen und Mindestlöhne. Um das zu überprüfen, ist das „Markencheck“-Team nach Sachsen gereist, wo viele ARD-Filme hergestellt werden. In einem Slum in Leipzig treffen die Reporter eine Cutterin einer freien Produktionsfimra. Sie lebt mit Mutter und Tochter auf wenigen Quadratmetern in einer Neubauwohnung. Ihr Lohn: 35 Euro die Stunde, aber nur, wenn wirklich Arbeit da ist. Das ist keineswegs immer der Fall, das Geld reicht so gerade so für Essen und Miete. Ein Ausbildung in Amerika für die kleine Tochter: unmöglich.
Kritisch ist die Lage auch bei den Sublieferanten, die ARD-Sender mit O-Tönen und Unterhaltungskünstlern versorgen. Die ARD versichert zwar, die Sublieferanten regelmäßig zu überprüfen, doch eben erst hatte der frühere MDR-Spitzenmanager Udo Foht in einem Gerichtsverfahren eingeräumt, dass das „erfolgreiche“ MDR-Unterhaltungsprogramm nur habe gestaltet werden können, weil er „unkonvetionelle Wege“ gegangen sei. „Es gäbe heute keinen Florian Silbereisen, wenn ich mich korrekt an irgendwelche Dienstanweisungen gehalten hätte“, sagte er.
Nach Fohts Darstellung waren die Abläufe bei dem öffentlich-rechtlichen Sender zu schwerfällig, um langfristig aufwendige TV-Produktionen anschieben zu können. Die Firmen hätten Vorauszahlungen benötigt – die so vom MDR nicht zu erhalten waren. Deswegen habe er dritte Firmen veranlasst, mit fünfstelligen Summen einzuspringen. Die Rückzahlungen sicherte er auf MDR-Briefbögen zu. Außerdem ist das Netz der Zulieferer so groß, dass eine effektive Kontrolle kaum möglich erscheint. Auch die Beschäftigung von Kinderdarstellern etwa beim Ki.Ka sind deshalb laut „Markencheck“ nicht auszuschließen – sie sind sogar wahrscheinlich.
So bleibt nach der PPQ-Doku insgesamt ein durchwachsenes Urteil: Zwar bekommen die Zuschauer bei der ARD Sendungen von akzeptabler Qualität zu niedrigen Preisen. Doch diese Preise haben eine hässliche Kehrseite: Die Lebensbedingungen der für die Cutterinnen in Riesa, Gera und anderswo.
Der Film, der eigentlich bei Megaupload Premiere haben sollte, beginnt in einer belebten Fußgängerzone in einer beliebigen deutschen Großstadt – und mit einer Frage für die Passanten: Sehen Sie ARD? Die Antwort fällt eindeutig aus: „Ja“ ruft eine Gruppe junger Mädchen im Chor, und alle strahlen. „Ja“, sagt aber auch eine Dame in gesetzterem Alter, mit Perlenohrring und Seidenschal.
Der Eindruck bestätigt sich, als die Reporter einen Blick in diverse Wohnzimmer werfen: Ob bei der 16-jährigen Berit oder der 72-jährigen Anneliese – überall liegt das Programm des Ersten, wie die ARD sich selbst nennt, auf Taste 1 der Fernbedienung.
Die Faszination des gebührenfinanzierten Fernseh-Giganten ist ungebrochen. Das Unternehmen gilt bei vielen Kunden als jung, trendig und unschlagbar günstig. Hier wird Bundesligafußball gezeigt, Gottschalk ist hier zu Hause, der „Tatort“, die Tagesschau und viele andere Sendungen. So erklärt sich auch der durchschlagende Erfolg. Nach eigenen Angaben betreibt die ARD in Deutschland über neun Landesrundfunkanstalten 18 Fernsehsender und rechnet weiterhin mit „großem Wachstumspotential.“ In keinem Land ist die ARD erfolgreicher als in Deutschland. Hier macht der Sender nahezu seinen gesamten Umsatz von rund 6,3 Milliarden Euro im Jahr.
Warum das so ist, nimmt PPQ in einer Folge der neuen Reihe „Markencheck“ unter die Lupe. Die Dokumentation will aufdecken, ob der ARD-Konzern die Erwartungen der Kunden erfüllt – und hält, was er selbst verspricht. Es geht um die Preise, die Qualität, den Trendfaktor und darum, wie die ARD mit Mitarbeitern umgeht.
Argument Nummer eins: der Preis. Die im Vergleich zur Konkurrenz etwa bei Sky oder den mit Werbung überladenen Privaten billigen Sendungen locken Zuschauer hierzulande offenbar besonders an. Gerade bei Sport, Unterhaltung und Nachrichten gelten deutsche Zuschauer im Vergleich mit anderen europäischen Ländern als besonders preisbewusst. Doch hält die ARD ihr „Immer günstig“-Versprechen? Das „Markencheck“-Team vergleicht ARD-Sendungen mit ähnlichen Produkten von der Konkurrenz: von Sat1, Prosieben0, n-tv und der Discountkette Tele5. Die ARD schneidet dabei gut ab, bei vielen Sendungen sind die GEZ-Sender sogar am billigsten.
Stellt sich die Frage, was die Kunden für das verhältnismäßig wenige Gebühren-Geld bekommen. Stimmt die Qualität? Viele Zuschauer sind skeptisch. Meinungen, die „Markencheck“-Reporter eingefangen haben, reichen von „mäßig“ bis „hält vielleicht sechs Monate, dann wiederholt sich alles“. Doch ganz so hart müssten die Urteile gar nicht ausfallen. Das Fernsehforschungszentrum Warin beim Blogampelamt in Mecklenburg gibt den ARD-Sendungen im PPQ-Test immerhin eine ausreichende Note. Allerdings: Beim Thema Kritikbelastung gibt es eine unangenehme Überraschung.
Doch Qualität hin, Preis her: Ohne die passende Werbestrategie ist in der modernen Konsumwelt kein Blumentopf zu gewinnen. Als eines der Erfolgsgeheimnisse der ARD hat der „Markencheck“ den „Trendfaktor“ identifiziert. Denn auch wenn die ARD günstig ist und damit konsequent auf allen ihren eigenen Sendern wirbt, so dass beinahe jede Nachrichtensendung auf eine später folgende Sendung hinweist: Die Marke verfügt dennoch über einen gewissen GEZ-Glamour. Und das liegt vor allem an der Werbung. Die ARD investiert viel Geld in Prominente und bereits eingeführte Produkte – Jauch und Gottschalk, Plasberg, Will und Hape Kerkeling kosten viel Geld. Hans Hasenbeck, Markenforscher und Psychologe, sagt mit Blick auf einen ARD-Spot: „Diese Namen könnten auch bei anderen Sendern auftauchen. Das mit der ARD zu assoziieren, ist eine sehr kluge Strategie.“
Bleibt ein Punkt, der für viele Zuschauer ebenfalls eine Rolle spielt – zumindest, wenn man sie darauf anspricht: die Arbeitsbedingungen in den Zulieferbetrieben. Bei der ARD heißt es dazu: „Wenn man in die kleinen, unabhängigen Drehfabriken schaut, mit denen wir zusammen arbeiten, sieht man dort viele Verbesserungen und Fortschritte.“ Das Unternehmen halte sich an die gesetzlichen Vorschriften in den jeweiligen Bundesländern, an Überstundenregelungen und Mindestlöhne. Um das zu überprüfen, ist das „Markencheck“-Team nach Sachsen gereist, wo viele ARD-Filme hergestellt werden. In einem Slum in Leipzig treffen die Reporter eine Cutterin einer freien Produktionsfimra. Sie lebt mit Mutter und Tochter auf wenigen Quadratmetern in einer Neubauwohnung. Ihr Lohn: 35 Euro die Stunde, aber nur, wenn wirklich Arbeit da ist. Das ist keineswegs immer der Fall, das Geld reicht so gerade so für Essen und Miete. Ein Ausbildung in Amerika für die kleine Tochter: unmöglich.
Kritisch ist die Lage auch bei den Sublieferanten, die ARD-Sender mit O-Tönen und Unterhaltungskünstlern versorgen. Die ARD versichert zwar, die Sublieferanten regelmäßig zu überprüfen, doch eben erst hatte der frühere MDR-Spitzenmanager Udo Foht in einem Gerichtsverfahren eingeräumt, dass das „erfolgreiche“ MDR-Unterhaltungsprogramm nur habe gestaltet werden können, weil er „unkonvetionelle Wege“ gegangen sei. „Es gäbe heute keinen Florian Silbereisen, wenn ich mich korrekt an irgendwelche Dienstanweisungen gehalten hätte“, sagte er.
Nach Fohts Darstellung waren die Abläufe bei dem öffentlich-rechtlichen Sender zu schwerfällig, um langfristig aufwendige TV-Produktionen anschieben zu können. Die Firmen hätten Vorauszahlungen benötigt – die so vom MDR nicht zu erhalten waren. Deswegen habe er dritte Firmen veranlasst, mit fünfstelligen Summen einzuspringen. Die Rückzahlungen sicherte er auf MDR-Briefbögen zu. Außerdem ist das Netz der Zulieferer so groß, dass eine effektive Kontrolle kaum möglich erscheint. Auch die Beschäftigung von Kinderdarstellern etwa beim Ki.Ka sind deshalb laut „Markencheck“ nicht auszuschließen – sie sind sogar wahrscheinlich.
So bleibt nach der PPQ-Doku insgesamt ein durchwachsenes Urteil: Zwar bekommen die Zuschauer bei der ARD Sendungen von akzeptabler Qualität zu niedrigen Preisen. Doch diese Preise haben eine hässliche Kehrseite: Die Lebensbedingungen der für die Cutterinnen in Riesa, Gera und anderswo.