Potemkinsche Dörfer: Openchannel-SSDs ohne alles

Von Klaus Ahrens

Normalerweise bringen die modernen und superschnellen Halbleiter-Festplatten (SSDs) durchaus viele Software-Algorithmen mit, die sich um alle nötigen Aufgaben wie zum Beispiel die Verwaltung des Flash-Speichers, die Zuordnung der einzelnen Speicherzellen zu logischen Adressen oder auch die Garbage-Collection (autom. Speicherbereinigung) kümmern.

Openchannel-SSDs sind dumm wie Brot

Jetzt kann man bei Heise nachlesen, das der chinesische Hersteller Shannon Systems auf dem Flash Memory Summit die erste kommerzielle Einführung seiner Openchannel-SSDs bekanntgegeben hat. Physikalisch kommen die digitalen Blindfische als U.2- oder PCIe-Steckkarten daher.

Diese Geräte sind aber sozusagen gehirnamputiert, denn sie kommen völlig ohne die dafür notwendige und optimierte Software und stellen im Grunde nur den nackten Flash-Speicher über eine eigene Software-Schnittstelle zur Verfügung – das muss dann alles der NVMe-Treiber des Betriebssystems erledigen.

Unter dem Projektnamen „The Venice“ sind die SSDs nun schon beim chinesischen Onlinehändler Alibaba im Einsatz. Zurzeit hat Shannon Systems zwei dieser Openchannel-SSDs im Programm – eine Steckkarte mit bis zu 7,6 TByte mit PCIe 3.0 x8 und eine U.2-SSD mit der gleichen und der halben Kapazität.

Die Steckkarte soll bis zu 1.000.000 IOPS beim Lesen schaffen, die U.2-Version nur noch 800.000. Beim Schreiben sind die Dummies mit 140.000 und 180.000 IOPS dann aber deutlich langsamer.

Die Rückkehr der SmartMedia-Speicherkarte

Der Hersteller Shannon Systems verspricht sich einige Vorteile. So können etwa die Anwendungen beim Treiber anmelden, welche Performance sie brauchen– der Treiber teilt dann die vorhandenen Ressourcen auf.

Das machen die „richtigen“ SSDs ja auch – nur tun sie es ohne fremde Hilfe und den damit verbundenen Kommunikations-Overhead.

Auch der Speicherplatz kann beliebig auf die Anwendungen verteilt werden. Das erinnert irgendwie an das „Haus, das Verrückte macht“ aus dem Comic „Asterix erobert Rom“.

Shannon-Chef Xueshi Yang sagte dazu aber in seiner Keynote, dass sich das vor allem bei Datenbankanwendungen lohnen soll. Naja, der Glaube unterstützt ja bekanntlich auch Berge. Aber wer weiß, kann Gott sei Dank nicht mehr glauben…

Unterstützung für die hirnlosen SSDs

Die Datenbank MariaDB unterstützt die zum Betrieb der nötigen Funktionen seit seiner Version 10.2, und Linux soll schon seit längerer Zeit Openchannel-SSDs mit dem Projekt LightNVM unterstützen.

Auch Microsoft hat vor ein paar Monaten auch die Unterstützung für diese Art SSDs vorgestellt: In Kooperation mit den CNEX Labs hat Kleinweich das Projekt Denali ins Leben gerufen. Dessen Ergebnisse sind bisher noch nicht kommuniziert, aber nach dem Denali-Projektende sollen sie im Rahmen des Open Compute Projects als Standard veröffentlicht werden.

Viel Spaß mit dem Unsinn!