Portugal: Zweite Notlandung in zwei Tagen!

Von Alexander Kroll
Am Montag, 12. November, hat es im Luftverkehr Portugals die zweite Notlandung innerhalb von zwei Tagen gegeben. Ein Transavia-Flug von Madeira nach Amsterdam musste an die Algarve nach Faro ausweichen (unser Beitragsbild). Gestern war ein außer Kontrolle geratenes Air Astana-Flugzeug nach einem zweistündigen Irrflug auf dem Alentjeo-Airport in Beja notgelandet. Hier alle bekannten Einzelheiten.

Notlandung wegen Druckabfall in Transavia-Kabine

Es war Portugals Verteidigungsminister João Cravinho, der auf Twitter die sichere außerplanmäßige Landung einer Boeing 737-800 der niederländischen Fluggesellschaft Transavia auf dem Algarve-Flughafen Faro meldete. 149 Passagiere waren an Bord des Flugzeugs mit dem Kennzeichen PH-HZD, das gegen 10:30 Uhr zu Flug HV6630 auf dem Cristiano Ronaldo-Flughafen in Funchal abgehoben hatte.

Kurz nach dem Start meldete die Crew Druckprobleme in der Kabine. Laut Minister entsandte die alarmierte Luftwaffe ein F-16-Kampfflugzeug, um die Passagiermaschine zur Landung in Faro zu begleiten. Diese setzte dort um 12:51 Uhr auf. Statt wie geplant um 15:30 Uhr kamen die Transavia-Fluggäste dann um 17:18 Uhr auf dem Flughafen Schiphol bei Amsterdam an, so die Webseite der Airline.

Im Sommer war Transavia in den Schlagzeilen gewesen, nachdem ein 59-jähriger Russe, dessen offensichtlich krankheitsbedingten Körperausdünstungen am 29. Mai die außerplanmäßige Landung eines Transavia-Fluges in Faro zur Folge hatten, in einem Krankenhaus der Algarve starb. Wir berichteten in unseren Artikeln "Nach Notlandung in Faro: Russischer Rockmusiker tot" und "Algarve-Notlandung: Solche Artikel 'stinken!'".

"Es ist sehr selten, dass es zwei Notfälle in zwei Tagen gibt, aber die Luftwaffe war vorbereitet", sagte das Regierungsmitglied in seiner Kurznachricht vom 12. November. Er spielte damit auf einen Vorfall vom Sonntagnachmittag an.

Notlandung wegen Instrumenten-Ausfall in Air Astana-Maschine

Ein außer Kontrolle geratener Embraer 190-Jet der nationalen Fluggesellschaft Kasachstans, Air Astana, absolvierte bei schlechtem Wetter einen gut zweistündigen Irrflug in Zentral-Portugal. Zur Notlandung auf dem Alentejo-Flughafen Beja eskortierten zwei F16-Kampfflugzeuge der portugiesischen Luftwaffe. Hier die wichtigsten Antworten, die jetzt schon zum Flug KZR 1388 (KC 1388) gegeben werden können.

Wann war der Air Astana-Flug wo gestartet?

Am Sonntag, 11. November, um 13:30 Uhr im portugiesischen Alverca do Ribatejo. Der Ort liegt knapp 30 Kilometer nordöstlich von Lissabon entfernt. Am Flughafen dort arbeitet das vor 100 Jahren gegründete Luft- und Raumfahrtunternehmen OGMA - Indústria Aeronáutica de Portugal, SA. Es bietet unter anderem Wartungsdienstleistungen und die Herstellung von Flugzeugkomponenten an. Knapp zwei Drittel der Aktien hält ein Konsortium unter Führung des brasilianischen Flugzeugherstellers Embraer. Er gilt nach Boeing, Airbus und Bombardier Aerospace als weltweit viertgrößter Hersteller im Zivil- und Militärflugzeugbau. Der Rest der OGMA-Aktien liegt bei der im portugiesischen Staatsbesitz befindlichen Holding EMPORDEF. Sie verwaltet direkt oder indirekt mit dem Verteidigungssektor verbundene Unternehmen aus den Bereichen Telekommunikation, Informationstechnologie, Maschinenbau, Flugzeugbau und Schiffbau.

Was war bei dem Flugzeug repariert worden?

Air Astana hatte die Embraer E190 LR am 2. Oktober zur Wartung nach Portugal geflogen. Laut Webseite der Zeitung Observador soll die Elektronik schon einige Male für Probleme gesorgt haben. Bei der Wartung durch OGMA in Alverca sollten die Fehlfunktionen beseitigt werden.

Wohin sollte der Rückführungsflug gehen?

Flug KZR 1388 mit zwei Piloten und vier Technikern an Bord war für die weißrussische Hauptstadt Minsk bestimmt.

Wann meldete der Pilot Probleme?

Bereits kurz nach dem Start funkte der Pilot des Jets mit dem Kennzeichen P4-KCJ „Mayday, mayday, mayday" und erklärte, in einer Luftnotlage zu sein. Dem in portugiesischen Medien veröffentlichten Mitschnitt des Sprechfunkverkehrs zwischen Cockpit und Kontrollturm in Lissabon ist zu entnehmen, dass Instrumente ausgefallen waren, die für die Kontrolle und Stabilität der Flugachsen verantwortlich sind.

In der Kommunikation mit der Flugsicherung in Lissabon sagte der Pilot, das Flugzeug sei "völlig unkontrollierbar" und "die Flugsteuerung in Schwierigkeiten". Luftfahrtkreise erklärten der Nachrichtenagentur Lusa gegenüber, es habe sich um einen "kritischen Fehler in den Navigations- und Flugsteuerungssystemen" gehandelt.

Welche Wetterbedingungen herrschten zu dieser Zeit?

Es handelte sich um ein Wochenende mit viel Regen und zahlreichen kleineren Überschwemmungen am Boden. Das schlechte Wetter führte laut nationaler Zivilschutz-Behörde Portugals zu 790 gemeldeten Ereignissen. Der am stärksten betroffene Bezirk war Lissabon mit 373 Vorkommnissen, davon 340 Überschwemmungen. Der am zweithäufigsten betroffene Bezirk war Setúbal mit mehr als 133 Vorkommnissen. Das schlechte Wetter verursachte auch das Umstürzen von Bäumen (55) und Mauern (20) sowie Erdrutsche (35). Im ganzen Land mussten 53 Straßen geräumt werden.

Wie unkontrollierbar war das Flugzeug?

Offenbar konnte der Pilot den Embraer-Jet nur noch so schlecht kontrollieren, dass er sogar eine Notwasserung auf dem nahe gelegenen Fluss Tejo oder in Küstengewässern erwog und um Anweisungen dafür bat. Wegen des schlechten Wetters im Großraum Lissabon wurde diese Idee aber letztlich verworfen, wie Verteidigungsminister João Cravinho auf Twitter bestätigte. Die portugiesische Marine hatte sich bereits auf einen Notfall-Einsatz vorbereitet. Aufzeichnungen der Internetplattform Flight Radar zeigen, wie ungewöhnlich und verworren die Flugroute des kasachischen Maschine nach dem Start in Alverca verlief.

Dreimal zur Notlandung angesetzt

Wie kam es zu den Vorbereitungen für eine Notlandung im Alentejo?

Die beiden Air Astana-Piloten, ein 54-jähriger Brite und ein 37-jähriger Kasache, konnten im Flugverlauf ihre fünf Jahre alte Embraer-Maschine dann doch wieder etwas stabilisieren. Einige Instrumente konnten wieder genutzt werden. Daraufhin entschloss sich der in Lissabon gebildete Krisenstab, das Flugzeug in ein Gebiet mit besserer Sicht und weniger dichtem Flugverkehr zu lotsen. Eskortiert von zwei F16-Jägern der portugiesischen Luftwaffe, die in Monte Real in der Nähe von Lissabon stationiert sind, steuerte die Air Astana-Crew ihre Embraer 190 in den Alentejo, zum Flughafen Beja.

Wie schwierig war die Notlandung auf dem Flughafen Beja?

Die gestressten Air Astana-Piloten mussten für die Notlandung dreimal ansetzen, so Flugsicherungskreise. Beim ersten Versuch sah zunächst alles relativ gut aus. Dann aber kippte nach Fernseh-Angaben die Embraer nach rechts und startete durch. Beim zweiten Anflug verlor die Embraer 190 stark an Höhe und drehte nun nach links ab. Erst beim dritten Mal klappte die Landung auf der Bahn 19R des Luftwaffenstützpunkts Nr. 11 in Beja - um 15:18 Uhr. Schäden wurden an dem Flugzeug nicht festgestellt.

Was geschah mit der Crew nach der Notlandung?

Zwei der sechs Crew-Mitglieder der Air Astana mussten sich wegen Stresssymptomen im Krankenhaus von Beja behandeln lassen. Sie konnten die Klinik inzwischen schon wieder verlassen. Die Ausländer- und Grenzsicherungsbehörde befragte die Air Astana-Angestellten.

Was passiert jetzt mit der Embraer E190?

Laut Luftwaffen-Oberst Fernando Costa, dem Kommandanten der Beja Air Base, wird das notgelandete Flugzeug zur Reparatur zunächst in Beja bleiben. Es werde aber nicht vom portugiesischen Militär repariert, betonte Costa. Derzeit befindet sich bereits ein Team des portugiesischen Amtes für Prävention und Untersuchung von Flugzeug-Unfällen (GPIAAF) dort.

Wie reagierten Air Astana und OGMA bisher auf den Vorfall?

Air Astana geht auf seiner Webseite bislang überhaupt nicht auf den Vorfall ein. Letzte Nachrichte dort ist eine Meldung vom 7. November, wonach die nationale Airline Kasachstans eine Billigfluggesellschaft mit den Namen „FlyArystan" gründen wird. Das Air Astana-Management bestätigte laut portugiesischer Nachrichtenagentur Lusa in einer Erklärung, dass sein Flugzeug "technische Probleme" hatte. Vorläufige Informationen wiesen auf Probleme mit der Kontrolle der Flugachsen hin. Das Unternehmen will eng sowohl mit den Ermittlern von GPIAAF zusammenarbeiten, als auch mit Experten des Herstellers Embraer. Eine Stellungnahme zur Verantwortung für den Vorfall lehnte ein Sprecher des Unternehmens als zum jetzigen Zeitpunkt unangemessen ab.

Auch das Wartungsunternehmen OGMA hat bereits versichert, dass es mit den Luftfahrtbehörden bei der Untersuchung der Ursachen des Vorfalls zusammenarbeitet. Es bestätigte, dass sich das Embraer-Flugzeug zu Wartungsarbeiten in Alverca befunden hatte.