Portugal senkt im Handstreich die Löhne aller Bürger des Landes

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Den Portugiesen geht es schlecht. Seit einem Jahr richtig schlecht. Vielleicht haben Sie u.a. unsere Geschichte “Der Verrückte mit dem Fahrrad” gelesen. Und jetzt, weil alle vorherigen Streichungen und Kürzungen, die das Volk bereits ins Elend trieben, “überraschenderweise” versagt haben, wird nachgelegt: Der konservative Regierungschef Pedro Passos Coelho hat am Freitagabend im TV angekündigt, dass alle Löhne des Landes gekürzt werden, ausnahmslos alle. Der Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung steigt von 11 auf 18 Prozent. Oder im Klartext: Sieben Prozent weniger Lohn und Gehalt landesweit.

Damit sollen die Staatseinnahmen erhöht, das Defizit vermindert werden … und der ganze Rattenschwanz an Begründungen, die sie schon kennen. Alternativlos, was sonst. Diese Massnahme hat einen gerichtlichen Hintergrund. Das Verfassungsgericht in Lissabon hatte es im Juni für illegal erklärt, Beamten und Rentnern die Sonderzahlungen im Sommerund zu Weihnachten zu streichen, wenn sie mehr als 1.000 Euro pro Monat verdienen. Das sei diskriminierend, so das Gericht. Jetzt will es Passos Coelho nach eigenen Aussagen “gerechter” gestalten: weniger Geld für alle.

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Am Freitagabend zur besten Sendezeit, kurz vor der Live-Übertragung des Spiels der portugiesischen Fussball-Nationalmannschaft, verkündete der konservative Regierungschef Pedro Passos Coelho die landesweite Lohnkürzung.

Der portugiesische Regierungschef ist ein ebenso eifriger Troika- und Merkel-Schüler wie sein Kollege Rajoy in Spanien. Lissabon hatte im Mai 2011 die EU um eine Finanzhilfe von 78 Milliarden Euro ersucht, um die Pleite zu vermeiden. Seitdem geht es den Portugiesen jeden Tag schlechter, die staatlichen Leistungen schwinden und die öffentlichen Leistungen verschwinden im Nebel. Beamte und Rentner, die mehr als 1.000 Euro verdienen, verloren ihre Extra-Zahlungen; die Mehrwertsteuer sogar für Produkte wie Joghurts und Babywindeln stieg auf 23 Prozent; jeder Arztbesuch kostet fünf Euro; wer zur Notaufnahme des Krankenhauses muss, zahlt 20 Euro. Der öffentliche Nahverkehr wurde teurer, zusammengestrichen und immer unpünktlicher. Die Regierung verkaufte ihre Aktien des Stromkonzerns EDP, wird vor Ende des Jahres einen der beiden öffentlichen TV-Kanäle privatisieren und will auch die Staats-Airline TAP zu Geld machen.

Ein Jahr später stellt sich heraus, dass diese Batterie von Massnahmen nichts genützt hat. Das Defizitziel von 4,5% in 2012 und drei Prozent in 2013 kann nicht erreicht werden. Alle Daten, Schätzungen und Voraussagen der Regierung besagen, dass es dieses Jahr 5,5% werden. Das sei “die Folge der gesunkenen Staatseinnahmen”, betont Finanzminister Vitor Gaspar. Welche Überraschung, Herr Minister, damit konnte nun wirklich niemand rechnen, nicht wahr? Mit den Kürzungen und Streichungen stürzte der Inlandskonsum komplett ab. DasBruttoinalndsprodukt verringerte sich im vergangenen Trimester um 3,3 Prozent. Die Arbeitslosigkeit stieg auf den portugiesischen Rekordwert von 15,6 Prozent. Finanzminister Gaspar hatte vor einem Jahr versichert, 2012 werde “der Anfang vom Ende der Agonie des Landes” sein. Portugal ist weiter denn je weg davon!

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Eine portugiesische Familie zündet ihren Wohnwagen aus Protest an, in dem sie lebte, als die Polizei sie zum wiederholten Mal von ihrem Platz verscheuchen will.

Ob Griechenland, Spanien oder Portugal - überall greifen dieselben Handlungsweisen und Rezepte. Erst wird das Land im Auftrag der Troika und unter Federführung der deutschen Regierung kaputtgespart. Dann stellt man “plötzlich” fest, dass dadurch der Konsum abschmiert und die Staatseinnahmen sinken. Daraus zieht man den cleveren Schluss, dass jetzt deswegen noch mehr Kürzungen und Streichungen her müssen, auch die letzten staatlichen Leistungen und Betriebe müssen verhökert – perdón, privatisiert – werden. Damit wird das Volk dann endgültig ins Elend getrieben, ausgeblutet und jede Chance auf Wachstum und Besserung endgültig beseitigt, weil die Staatseinnahmen auf den Tiefstpunkt fallen (müssen!).

Spätestens dann - und so weit ist es bereits in Griechenland und Portugal, bald auch in Spanien und Italien – kann man das Land übernehmen. EU, IWF und EZB übernehmen die Entscheidungsgewalt über das “Sorgenkind”. Eine Diktatur von aussen, die das nationale Parlament komplett entmachtet. In Europa entsteht gerade eine zentralistische Diktatur. Überlegen Sie selbst, ob Ihnen das Sorgen macht. Entscheiden Sie selbst, ob sie glauben, dass Sie das nicht betrifft sondern nur die anderen. Entscheiden Sie selbst, ob sie glauben, dass diese Finanzdiktatur, die demokratische Strukturen einfach auswischt, ausgerechnet vor Ihnen Halt machen wird, wenn Ihr Land erst an der Reihe ist. Am Ende, wenn Sie das alles für sich selbst entschieden haben, müssen Sie nur noch entscheiden, ob Sie dagegen aktiv kämpfen und auf die Strasse gehen wollen. Denn nichts anderes wird diese Walze mehr aufhalten können, als die – zugegeben unwahrscheinliche – Solidarität der Völker Europas.

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