zu meinem Blogbeitrag: nach-dem-ende-oder-die-aufgabe-der-scham
Am 24.08.2013 18:33, schrieb andrea.eckert…
Sehr geehrter Herr Aé,
eigentlich wollte ich mit meiner 15-jährigen Tochter am 20.09.2013 das Stück “Nach dem Ende” in Stralsund anschauen. Bisher kannte ich nur die Informationen von der Webseite des Theaters sowie die Kritik der Ostseezeitung.
Beim googlen nach weiteren Informationen bin ich nun auf ihr Blog gestoßen und mir nicht mehr sicher, ob ich das Stück einer 15-Jährigen zumuten kann/soll.
Ich bin sicherlich nicht prüde und mit einem nackten Mann auf der Bühne habe ich im 21. Jahrhundert auch kein Problem. Aber was sie da andeuten, scheint mir doch höchst bedenklich. Vor allem gibt es seitens des Theaters nirgends einen Hinweis auf solch explizite Szenen oder gar eine Altersbeschränkung/-empfehlung.
Da Sie nun das Stück schon gesehen haben:
- ist der männliche Darsteller komplett nackt?
- onaniert er tatsächlich sichtbar für die Zuschauer oder schiebt er vielleicht nur seine Hand in die Unterhose und deutet es mit rhythmische Bewegungen an oder steht dabei mit dem Rücken zum Publikum?
- ist eine (beginnende) Erektion zu sehen?
Falls Sie die letzten beiden Fragen mit ja beantworten, werde ich meine Karten definitiv zurückgeben. Vor allem muss das Theater im Vorfeld auf solche explizite Szenen hinweisen!
Vielen Dank für eine offene und ehrliche Antwort und viele Grüße
Andrea Eckert
Von: “Jost Aé” [jost-ae@gmx.de]
Gesendet: Sa. 24.08.2013 20:59
Liebe Frau Eckert – es ist leider so, wie ich es beschrieben habe. Ob er komplett nackt war, kann ich nicht mehr sagen, wahrscheinlich nicht. Er onaniert auch nicht tatsächlich. Seine entsprechenden Körperpartien sind aber nackt und zu sehen. Das Onanieren wird sehr naturalistisch dargestellt, wenn auch weder echtes noch künstliches Sperma fließt. Z. B. wischt er sich seinen Schwanz hinterher an Papierfetzen ab. Immer dem Publikum zugewandt. Eine Erektion ist nicht zu erkennen – wie auch, bei dem Stress, den die Szene für den Schauspieler bedeutet. Ich kann allerdings nur für die Greifswalder Premiere sprechen. In einer anderen Szene zwingt ihn seine “Kontrahentin” die Hose runter zu lassen, und dann packt sie sein bestes Stück, leibhaftig zu sehen, und droht, es abzuschneiden. Wenn Sie mich fragen, auch ich bin keineswegs prüde, es ist einfach nur peinlich – es bereitete mir Pein, mich in den Schauspieler als Mensch zu versetzen – wozu man bei einiger Sensibilität gezwungen ist. Aber dazu ausführlicher im BLOG-Beitrag.
Ich würde Ihnen als Mutter nicht empfehlen wollen, Ihre Tochter dem auszusetzen – egal was für Erfahrungen sie schon gemacht hat. Es könnte sein, dass Ihre Tochter es nicht toll findet, sich das in Ihrer Gegenwart (und auf Ihre Initiative hin) ansehen zu müssen. Das Internet bietet ja dies alles ohne Hülle und in Fülle an, in echt, und man wird seine Kinder kaum davor schützen können, wenn sie sich dergestalt “bilden” wollen – aber mit Kunst hat diese Machart meiner Meinung nach nichts zu tun und auf dem Theater nichts zu suchen.
…
Was hielten Sie davon, wenn ich Ihren Text mit meiner Antwort in das BLOG einstelle? – ich tue es nicht, ohne Ihre Erlaubnis (Sie könnten auch anonym bleiben)!
Herzlichen Dank für Ihre Zuschrift und beste Grüße
Jost Aé
Am 25.08.2013 11:22, schrieb andrea.eckert…
Sehr geehrter Herr Aé,
vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort. Noch mehr muss ich Ihnen aber dafür danken, dass sie Ihre Kritik so deutlich ins Internet gestellt haben und mich so vor einem desaströsen Theaterbesuch bewahrt haben!Ich sehe das genau so wie Sie: es ist eine Zumutung dem Schauspieler gegenüber, zumal man die Szene ja dramaturgisch auch hätte dezenter darstellen können (z. B. Hand in die Unterhose). Auch dass seine Schauspielkollegin seinen Penis in die Hand nimmt, muss ja absolut erniedrigend sein. Vor allem passiert das Ganze ja vor Publikum.
Gerne können Sie unsere Kommunikation in Ihrem Blog ergänzen, gerne auch mit meinem Namen, denn zu meiner ablehnenden Haltung stehe ich auch öffentlich.
Vielen Dank nochmals für Ihre Offenheit!
Herzliche Grüße
Andrea Eckert