Pommes und Pharmazeuten

Pommes und PharmazeutenDie Kartoffel gehört heute zu unserem Speiseplan einfach dazu, aber das war nicht immer so. Sie kam erst um 1570 aus der Neuen Welt nach Europa. Hier hatte sie erst mal ein ganz schlechtes Ansehen. Der spanische König Philipp II schickte dem gichtkranken Papst Pius IV eine Kiste schöner Kartoffeln als Medizin. Der Papst misstraute jedoch den Knollen und pflanzte sie lieber als Zierpflanze im Garten und verfütterte sie an die Schweine.
So wie er verhielten sich die meisten Leute. Als Nachtschattengewächs „wusste“ man, dass die Pflanze giftig war. Die Knollen standen im Verdacht Lepra zu verursachen. Es war Essen für die Schweine, oder für die niederen Klassen, oder ganz einfach ungeniessbar.
Es brauchte fast 3 Jahrhunderte, bis die Kartoffel von Spanien aus im restlichen Europa Fuss fasste.

Dann wurde erkannt, wie wertvoll die Kartoffel war im Kampf gegen Hungersnöte– sie bietet enorm viele Nährstoffe, ist einfach anzubauen, hat reichlichen Ertrag, nicht wie der bisher übliche Weizen. Die Regierenden in Europa griffen zu ungewöhnlichen Mitteln, um dem Volk die Knolle schmackhaft zu machen. Friedrich der Grosse von Preussen ordnete den Verzehr der Knolle unter Androhung von Stockhieben an, sein Nachfolger Friedrich II drohte gar Ohren und Nase abzuschneiden. Zar Nikolaus befahl den Bauern: entweder Kartoffeln pflanzen oder Deportation nach Sibirien. Nur in Frankreich wurde sie immer noch schlicht missachtet.

Frankreich war abhängig vom Brot und ständig im Krieg.

Pommes und PharmazeutenAm 17. August 1737 wurde Antoine Parmentier in Frankreich geboren, seine Eltern starben früh. Zu arm für die Schule, wurde er Gehilfe in einer Apotheke in Paris, ging dann aber zur Armee und wurde im 7 jährigen Krieg nach Deutschland geschickt. Dort landete er in Kriegsgefangenschaft der Preussen – Fünf Mal – wo ihm täglich und fast ausschliesslich Kartoffeln serviert wurden. Zu seiner Überraschung wurde er von der Diät nicht krank, nahm nicht ab und erfreute sich überhaupt guter Gesundheit – weshalb er anfing über Lebensmittel und Nährstoffe nachzudenken.

Nach Kriegsende kehrte er nach Paris zurück, wo er studierte und schliesslich Apotheker wurde im „Hôtel des Invalides“ dem Schaustück des Königs für alte Soldaten Militärische Ehren.

Frankreichs Weizenernte fiel wieder einmal schlecht aus und Brot verschwand aus den Regalen. Panik brach aus, was schliesslich die l’Académie de Besançon 1769 veranlasste einen Preis für die beste Studie auszustellen für „Lebensmittel und Nahrungssubstanzen, die fähig sind das Unglück der Hungersnot zu mildern“

Parmentier, der seine Erfahrungen mit Kartoffeln in Deutschland nicht vergessen hatte nahm am Wettbewerb teil. 3 Jahre später brachte ihm seine Abhandlung „Examen Chymique des Pommes de terre“ den Preis und die Aufmerksamkeit von Buffon, Voltaire und … dem König, Louis XVI, der eben den Thron zusammen mit seiner Frau Marie Antoinette bestiegen hatte.

Aber mit einem Schriftstück war es nicht getan damit, die Franzosen umzustimmen. Dafür bedurfte es einer durchdachten Kampagne – die Parmentier durchführte.

Pommes und PharmazeutenAls erstes sicherte er sich die Gunst des Hofes. Er schickte Kartoffelblüten an den Hof: „Hätten Ihre Majestät die Güte, die Schönheit der blühenden Kartoffel zu bemerken?“ Sie hatte. Louis XVI trug eine Blüte im Knopfloch und Marie Antoinette ein kleines Bouquet an ihrem Busen. Es folgte ein kleiner Boom, an dem der Trend um sich griff – und eine Zeitland sah man die violetten Blüten an vielen Adeligen.

Als nächstes schickte er Kartoffeln an vornehme Familien und inszenierte ausgiebige Essen mit dem Thema Kartoffeln. An diesen Essen wurden Kartoffeln serviert als Suppe, Zwischengericht, Kartoffel Salat, Kartoffelbrot, Kartoffelkuchen, Kartoffelkekse und abgerundet mit Kartoffel Digestiv. Noch heute deuten Rezepte mit der Bezeichnung «Parmentier» immer auf ein Gericht hin, das in irgend einer Form Kartoffeln enthält

Pommes und PharmazeutenAn einer dieser Essen nahm auch Thomas Jefferson teil, ein Diplomat aus Amerika – der die Idee von Pommes frites (bezeichnenderweise in Amerika French Fries genannt) zurück in sein Land nahm.

Nachdem er so die oberen Schichten auf die Seite der Kartoffel gebracht hatte, nahm er sich das einfache Volk vor – mit einem Trick. Louis XVI gab ihm 2 Hektar Land in der Nähe von Paris, auf dem er Kartoffeln anbauen liess. Als die Ernte nahe war, liess er das Land von Soldaten bewachen – aber nur tagsüber. Nachts nicht. Das zog unwiderstehlich das Interesse und die Neugierde der Bevölkerung auf sich, die Nachts heimlich die verbotenen Früchte ernteten um sie zuhause zu essen.

Parmentier war ein grossherziger Mensch und gründete in Paris eine Menge Suppenküchen (Kartoffelsuppe natürlich) für die hungernden Massen.

Er überlebte Louis und Antoinette deren Köpfe in der Revolution rollten – und seine Kartoffeln wurden „Revolutions-essen“ und ihre Konsumation praktisch vorgeschrieben.

Napoleon machte Parmentier zu seinem Gesundheitsberater … und Parmentier wurde Mitglied der Wissenschaftacademie, Apotheker der Armee, Generalinspektor des Nationalen Gesundheitsservice …

Parmentier starb 1813 glücklich und alt, er hatte viel erreicht: aufgestiegen aus der Armut durch Ausbildung und Wissenschaft, Gefährte von Königen, Überlebender der Revolution. Heute liegt er auf dem Friedhof Pere Lachaise, Division 39, Platz 56 – in der Nähe von Jim Morrison.

Quellen: http://www.smithsonianmag.com/history-archaeology/How-the-Potato-Changed-the-World.html?c=y&page=1, http://www.indepthinfo.com/potato/history.shtml, Wikipedia


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