Ed Harris war von Jackson Pollock, diesem so unnahbaren wie unerhörten Action-Painting-Maler des Abstrakten Expressionismus, aufs Tiefste fasziniert. Diese Faszination verarbeitete er in einem dem Künstler gerecht werdenden, warmherzig entspannten Film: in einem impulshaft strukturierten Biopic, dessen (Lebens-)Linien Pollock-Linien ähneln. Ausgerichtet auf den Zufall, ihn aber gleichzeitig leugnend. Pollock als exaltierte Persönlichkeit – ein neurotischer, verletzlicher und immerzu rebellierender Geist – abstrahierte aus dem Nichts, aus seinem Inneren. Und erschuf Farb- und Formreisen zum Leben aus der Quelle des Selbst. Harris trifft ihn meisterlich, verleiht ihm eine undefinierbare Körperlichkeit beinah: die asketische Rast, gepaart mit hyperventilierender Hast. Der gemächliche Inszenierungsduktus, ausgiebig in das Pollock-Bild zu zoomen (in doppelter Hinsicht), lässt leise erahnen, wie Pollock arbeitete, indem er sich treiben ließ, matschte, panschte, spritzte, reich an assoziativen Empfindungen und miteinander verketteten Eingebungen. Seine Arbeits-, aber auch Liebesbeziehung mit Lee Krasner (nicht minder komplex gespielt: Marcia Gay Harden) bildet den zwischenmenschlichen Siedepunkt, an dem sich "Pollock" in die eine oder andere Richtung bewegt, in eine Parabel über gescheiterten Stolz, in die Biografie eines kindlichen Genies, in die Konsequenzen der Selbstzerstörung. So intensiv, wie Pollock gelebt hat, durchdringt ihn Harris, ohne je ein moralisches Urteil zu erwägen, als ihn vielmehr beim "Machen" ehrfurchtsvoll zu bewundern.
6 | 10