Polizeiruf 110: Krimi im Koma

Seht ihr, Verbrecher, so wird das gemacht. Wenn Kriminalhauptkommissar Herbert Schmücke und sein Kollege Herbert Schneider gemeinsam mit Kriminaloberkommissarin Nora Lindner auf Gangsterjagd gehen, dann wird Halle an der Saale, die ehemalige Kultur- und Sportstadt, zum Schauplatz betulicher Ermittlungsarbeit.
Es gilt stets, leicht trottelige Schufte zu fangen, dabei aber weniger Sozialarbeit zu leisten als die gesellschaftspolitisch viel engagierteren Kommissarsdarsteller vom "Tatort" jede Woche nebenbei erledigen müssen. Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler könnten, wäre die Mauer nie gefallen, in denselben Anzügen mit denselben Mienen dieselben Schufte verfolgen, ihre ironiefreien Dialoge dürften so gesagt werden und das Halle, das im Hintergrund als Schauplatz vorbeigefahren wird, sähe von Profis beleuchtet nicht anders aus.
Denn wo die US-Konkurrenz von CIS und CSI sich auf absurde Fälle, grausame Details und überraschende Wendungen konzentriert und skandinavische Ermittler spannende Fersehunterhaltung zu liefern bemüht sind, präsentieren die mitteldeutschen Chefermittler seit 15 Jahren unendlich scheinenden Jahren das Graubrot der zum Gähnen langweiligen Kleinbürgerkriminalität. Das zieht sich, das streckt sich, dazwischen erhebt Schwarz als Schmücke, der aber auch Winkler als Schneider spielen könnte, als Reinkarnation des an seiner Erdenschwere leidenden Gerichtsmediziners Quincy das Haupt, ehe Winkler als Schneider, der keine Probleme hätte, Schwarzens Schmücke zu geben, ein paar Widerworte vom Stapel lässt.
Schon in der Herstellung sind diese Filme so schusselig wie das Ermittlerduo altes Ehepaar. Pistolen werden hier vor jedem Einsatz ratschend durchgeladen, nie aber entsichert. Rufen sich die Kollegen gegenseitig an, und das tun sie pro Film wenigstens ein Dutzend Mal, dann immer durch Eingabe der kompletten Nummer per Fingertipp - Kurzwahltasten haben Polizeihandys in Mitteldeutschland bis heute nicht.
Die Erben Peter Borgelts, dessen Oberleutnant Fuchs es auf sagenhafte 84 rasante Einsätze im schnittigen Ermittler-Wartburg brachte, müssen sich laut Drehbuch weder Logik noch um Realitätsnähe scheren. Führen sie eine Vernehmung, dann heißt die "Verhör", doch sie führen kein Protokoll. Und führen sie dann doch mal eins, wie in der letzten Folge "Ein todsicherer Plan", dann elektrisch. Die Regie blendet, sichtlich stolz über den Einfall, das Diktiergerät ein, das zeigen soll, wie jedes verräterische Wort des Zeugen hochmodern mitgeschnitten wird. Eine Lampe blinkt rot und wichtig. Es ist die, die Aufnahmebreitschaft anzeigt. Noch einmal drücken, dann würde das Gerät wirklich aufzeichnen.
So arbeitet es wie die ganze Mannschaft am Set: Hinter der Kamera tun sie so, als ob sie einen Krimi drehen. Vor der Kamera tun sie so, als ob sie schauspielern. Der Zuschauer tut so, als ob er zuschaut.
So nah am Leben, so nah am Wahnsinn. Schmücke wurde in der Folge übrigens angeschossen. Komatös im Krankenbett liegend, löst er den Fall. Also alles wie immer.


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