Politik als Geschäft - Die republikanischen Präsidentschaftskandidaten

Von Stefan Sasse

Politik als Geschäft - Die republikanischen Präsidentschaftskandidaten

Hermann Cain

Nur wenige Politiker müssen derzeit so viel Hähme und Spott ertragen wie die Kandidaten der Republikaner auf das höchste Staatsamt der USA. Der eine befürchtet, dass China nukleare Waffen entwickeln könnte (erster erfolgreicher Test 1964), die andere will die iranische Botschaft schließen (seit 1980 geschlossen), der dritte erinnert sich nicht daran, welche Ministerien er eigentlich schließen will (wissen wir bis heute nicht). Wer sich fragt, warum diese Parade der Peinlichkeiten überhaupt in den Wahlkampf eingestiegen ist, wo sie doch so offensichtlich ungeeignet sind, der hat schlicht nicht verstanden, wie der Präsidentschaftswahlkampf im Allgemeinen und der aktuelle im Speziellen funktionieren. Zuerst allgemein: schon immer bewarben sich im Vorwahlkampf auch Kandidaten, die objektiv wegen Außenseiterpositionen oder mangelnden Netzwerken keine Chance hatten. Das könnte sein, weil sie etwa (für Amerikaner) linke oder rechte Positionen vertreten oder weil sie zu unbekannt und zu wenig im Establishment verankert sind. Für solche Personen geht es im Vorwahlkampf überhaupt nicht darum, ernsthaft zu gewinnen. Ihr Ziel ist entweder der Aufbau von Beziehungsnetzen und einem Bekanntheitsgrad, oder aber - häufiger - Agenda-Setting. Ein sehr liberaler Demokrat beispielsweise wird das gesamte Bewerberfeld der Demokraten nach links ziehen, weil die anderen ein Interesse haben müssen, seine Wähler nach seinem unvermeidlichen Ausscheiden auf sich selbst zu verankern. Andersherum ziehen Kandidaten wie Michelle Bachmann das republikanische Bewerberfeld nach rechts. Auf diese Art und Weise werden die Positionen eines zukünftigen Präsidenten stark mit beeinflusst. 

Politik als Geschäft - Die republikanischen Präsidentschaftskandidaten

Michelle Bachmann

Das ist bei den aktuellen Präsidentschaftsbewerbern ebenfalls der Fall. Ron Paul beispielsweise ist ein solcher Kandidat; er will seine Herzensthemen auf die republikanische Agenda drücken. Rick Santorum und Jon Huntsman dürfte es dagegen eher um den Aufbau einer Basis gehen. Rick Perry hatte sich vermutlich echte Chancen ausgemalt; mit George W. Bush hatten die Amerikaner aber erst einen Präsidenten, der mit seinem Unwissen kokettierte. Einen zweiten Cowboy-Texaner braucht es so schnell nicht wieder, und offensichtlich hat Perry nicht das gewisse Etwas von Bush. Gänzlich anders gelagert aber ist der Fall bei den drei Kandidaten, die in so schneller Folge die "Frontrunner" der Republikaner wurden: Newt Gingrich, Hermann Cain und Michelle Bachmann. Sie alle haben von Sarah Palin gelernt: ein Hoffnungsträger der Tea-Party-Bewegung zu sein bringt eine Unmenge Kohle. Seit ihrer Vizepräsidentschaftskandidatur 2008 hat Sarah Palin mehr als 12 Millionen Dollar allein durch ihre politischen Aktivitäten und deren Vermarktung verdient. Das ist ein Kuchen, an dem auch andere gerne teilhaben würden. Sowohl Cain als auch Gingrich sind als Verkäufer bereits vorher erfolgreich gewesen; Bachmann will wohl vor allem Palins Masche kopieren. Ihnen geht es weder um das Durchdrücken einer bestimmten Agenda, noch um den Aufbau von Beziehungsnetzwerken. Beides vernachlässigen sie auffällig. Stattdessen inszenieren sie sich ganz im Sinne der Tea Party und lassen sich von ihr tragen. 

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Newt Gingrich

Es ist das große Geld,  das diese Leute lockt. Deswegen polarisieren sie auch so. Es ist ihnen egal, dass sie mit ihrem plakativ zur Schau getragenenen Radikalismus niemals die Präsidentschaft gegen einen zentristisch auftretenden Obama gewinnen könnten. Darum geht es ihnen gar nicht. Wenn die 20 bis 30% überzeugten Tea-Party-Extremisten in den USA sie auf Händen tragen reicht ihnen das völlig und garantiert volle Hallen und dicke Honorare. Es ist die Politik als Geschäft, die diese Leute treibt. Es geht ihnen keinesfalls um das tatsächliche Erringen der Kandidatur. Das ist auch der Grund für die guten Chancen von Mitt Romney, der zwar bei den Republikanern auch unbeliebt ist, aber von jedem, der die Tea Party nicht mag, als kleineres Übel gewählt werden muss. Ob das gegen Obama 2012 ausreichen wird ist zweifelhaft. Das Einzige, das irgendeinen dieser Kandidaten ins Weiße Haus befördern kann, ist die ökonomische Lage oder irgendeine außenpolitische Katastrophe, sprich: externe Faktoren, die außerhalb von Obamas Macht liegen. Letzten Endes wetten die Republikaner bei dieser Wahl alles auf das große Roulette des Lebens. Während einige von ihnen persönlich stark bereichert aus dem Prozess herausgehen, können sich die ernsthaften Kandidaten nur dann Chancen ausmalen, wenn es der Mehrheit der Amerikaner besonders schlecht geht. Diese Wette ist unglaublich pervers, und egal, wie man zu Obama steht muss man sich wünschen, dass sie nicht aufgeht.
Bildnachweise: 
Cain - Gage Skidmore (CC-BY-SA 3.0)
Bachmann - Office of Congresswomen Michelle Bachmann (gemeinfrei)
Gingrich - Gage Skidmore (CC-BY-SA 3.0)

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