Eingebettet zwischen den Sechstausendern Machhapuchhare, Himchuli und Lamjung, den Siebentausendern Annapurna South, Annapurna II, III und IV und dem Achttausendern Annapurna I am See Fewa, wird Pokhara auch die „Perle“ Nepals genannt. Dort gibt es nicht „nur“ Berge, sondern viel viel mehr.
Weitestgehend von den vergangenen Erdbeben verschont geblieben, ist es Pokhara gelungen, einen recht florierenden Tourismus aufzubauen. Wir haben uns im Mai 2016 dort umgeschaut und waren wieder einmal begeistert. Zwar fehlt es auch heute noch an für den Tourismus wichtigen Infrastrukturen wie etwa durchgehenden Strom und dauerhaftes Internet, doch immerhin ist man gerade dabei einen weiteren Flughafen zu bauen, um direkte Anbindungen nach Indien und Thailand zu ermöglichen. Die Nepalesische Regierung will neben den Touristen aus Europa und den USA vermehrt Indische und Thailändische Gäste ins Land holen, weil sich dort ein großes Potential bietet und diese Länder nun Nepal zudem als Reiseziel für sich entdeckt haben.
Pokhara von oben
Anfahrt nach Pokhara
So soll ein Flug nach Pokhara in Zukunft für jeden erschwinglich werden. Zum heutigen Zeitpunkt kostet derselbe ab Kathmandu rund 80 bis 100 US Dollar und somit nehmen viele noch die beschwerliche Busfahrt für die rund 220 Km lange Strecke ab Kathmandu in Kauf. Auch wir haben das getan und sind in Kathmandu am Micro-Bus-Station eingestiegen. Weil es bereits Mittag war, haben wir „nur“ noch den Minivan für 500 NPR erwischt, der aber sehr OK war.
Zwar etwas eingequetscht mit weiteren acht bis neun Touristen und Einheimischen ging die Fahrt über atemberaubende Pässe mit steilen Schluchten, die sicher bis zu 200 Meter tief waren und mir als nicht Schwindelfreie drehte sich mehrmals der Magen um, wenn ich einen Blick in die Tiefe wagte. Doch das war längst nicht alles: Sehr viel schlimmer erging es mir dann bei der Rückfahrt über Lumbini, weil wir dann tatsächlich einen Touristbus ergattern konnten, der sehr viel höher und größer ist. Dort oben wurde mir wieder einmal mehr das Ausmaß von Nepals Straßen bewusst.
Dieses Mal indes waren wir dann nach rund neun Stunden in Pokhara wohlbehalten angekommen. Summiert hatte sich die Zeit nur deshalb, weil wir irgendwann stundenlang im Stau gestanden hatten. Das ist eben in Nepal „normal“. Ein Unfall hatte sich ereignet und zudem waren Tausende Pilger gerade nach Lumbini unterwegs, denn die Abzweigung dorthin befand sich just auf derselben Strecke. Sie alle wollten zum jahreswichtigsten Buddhaday an diesem heiligen Ort sein. Lumbini ist die Geburtsstätte Siddhartas, dem späteren Buddha, der 556 Jahre vor Christi am 21. Mai in Lumbini geboren wurde. Davon dann später und in einer eigenen Berichterstattung.
Angekommen in Pokhara
In Pokhara wurden wir an der Haltestelle von einem findigen Hotelbetreiber abgeschleppt, was in Ordnung ist, doch leider gefiel uns seine Unterkunft ganz und gar nicht und so suchten wir uns ein paar Straßen weiter eine andere Bleibe. „Lakeside“, wird das Viertel Pokharas genannt, das direkt am See liegt.
Es zeigt sich sehr idyllisch und etwas touristisch. Alles was das Gästeherz höher schlagen lässt, findet der Reisende dort. Die Preise sind deshalb auch etwas höher als in Kathmandu.
Unser Hotel „City Annapurna“ im Zentrum war nicht gerade der große Luxus, doch aber irgendwie sauberer und der Preis war mit 1000 NPR (ca 9€) sehr ok. „Wifi is working oh yes and we have electric, maybe“, so der sehr nette Betreiber. Fakt war, dass wir uns in den nächsten vier Tagen auf das „maybe“ verlassen konnten, den Strom gab es sehr selten und Wifi noch seltener.
Wir haben uns deshalb immer wieder vermehrt gefragt, wie es Nepal schaffen will, seinen Tourismus nach den vielen Erdbeben wieder anzukurbeln, wenn es nicht möglich ist, seinen Gästen ganztägig Strom zu bieten? Leider ist es Fakt, dass Nepal sich in gar einigen Dingen von seinen Nachbarländern China und Indien abhängig gemacht hat und diese im wahrsten Sinne des Wortes „den Strom abdrehen“, wann es ihnen passt.
Nepal ist somit in seiner empfindlichsten Seite erpressbar. Auch sonst gibt es einige Waren einfach nicht, „wenn es denen nicht passt“, erzählt uns ein Einheimischer in Sarangkot, eines der Ausflugsziele für Pokharafans. Gerade aktuell gibt es wieder einmal ein Embargo aus Indien, und so sind Dinge wie Sprit, Strom und einige Lebensmittel für mehrere Wochen oder Monate schlicht und ergreifend nicht kaufbar.
Sarangkot: Pokheras Hausberg
Sarangkot haben wir ganz easy mit dem Motorrad erreicht, das wir für 1000 NPR pro Tag geliehen haben „plus 1000 Deposit sofern euch die Polizei erwischt“, meinte der Verleiher. Eine höchst spannende Story. Wer einen Internationalen Führerschein hat, darf in Pokhara mit dem Motorrad oder Auto fahren. Manuel hat keinen, also müssten wir 1000 NPR beim Vermieter deponieren. Und tatsächlich wurden wir am dritten Tag angehalten.
Manuel zeigte dem freundlichen Polizisten (die meisten Polizisten in Nepal sind sehr freundlich) seinen Plastikführerschein und fing gar nicht erst an zu palavern, dass er keinen Internationalen besitzen würde. Damit war die Sache erledigt, wir konnten weiter düsen, ohne irgendwelche Diskussionen oder Strafen. Sehr sicher konnte der junge Polizist Manuels Führerschein gar nicht lesen. Lediglich das Plastikteil hatte ihn fasziniert. Und vielleicht kannte er sogar die Europäische Flagge. Was nicht ganz sicher ist. Denn die Schulbildung in Nepal dürfte aktuell etwa bei 50 Prozent liegen. Und immer noch gehört das Land zu den ärmsten der Welt.
Wir reisen seit mehr als 25 Jahren immer wieder nach Nepal und fragen uns: Warum? Zehntausende Bergsteiger, die dort die höchsten Gipfel der Welt erklimmen, bezahlen Millionen von Dollars jährlich, auch für die Trekkingtouren werden stolze Eintrittspreise kassiert. Warum um alles in der Welt erholt sich dieses Land niemals von seinen Wunden, von seiner unbarmherzigen Armut. Es kann nur an der unglaublich korrupten Politik und den noch unglaublicheren korrupten Politikern liegen. Eine andere Erklärung will uns beim besten Willen nicht einfallen.
In Sarangkot gibt es mehrere kleine Tempel und wenn das Wetter mitspielt, jenen atemberaubenden Ausblick auf die Bergwelt des mächtigen Annapurnamassivs. Unser Nepalesischer Freund Bahari unterhielt uns dort eine Stunde in recht gutem Englisch, das er sich als Träger einst selber beigebracht hatte. Das ist bemerkenswert. Bahari betonte auch, dass die untere Kaste Nepals sehr viel besser Englisch spreche als die höhere, die es schlicht und ergreifend als nicht nötig befände, diese Sprache zu erlernen.
Das erinnert mich wiederum an Thailand, wo zur Zeit auch eine arrogante Politik herrscht, die eine etwas dämliche Gesellschaft heranwachsen lässt. Nur wer sein Volk klein hält, kann es auch beherrschen. Unser neuer Freund indes erzählt uns viel von seinem Land, den korrupten Politikern, der neuen Verfassung, die auch nicht besser als die alte sei und dass er nun in zweiter Ehe mit einer halb so jungen Frau verheiratet sei.
Die erste Frau sei mit den Söhnen weggegangen, mit denen er aber einen guten Kontakt habe. Er selber sei nun 46 und noch nie außerhalb seines Landes gewesen, er liebe Nepal und wolle gar nicht in die Welt, „denn die Welt kommt ja zu mir“, sagt er, lacht und zeigt seine großen Zahnlücken. Außerdem möge er die Tiere sehr gerne und respektiere jedes Wesen. Tiere seien öfter sehr viel besser als die Menschen. Da bin ich ganz seiner Meinung.
Paragliden am Sarangkot
Sarangkot hat sich in den vergangenen Jahren als Eldorado für Paraglider herausgeputzt. Täglich starten dort Hunderte von ihnen und lassen sich von den günstigen Aufwinden treiben, um dann langsam ins Tal zu gleiten. Unter den Augen unzähliger Neugieriger, die sich zu Scharen an den Startplätzen einfinden, schweben die großen Doppelgleitschirme gemeinsam mit unzähligen Adlern, die sich an die „Konkurrenz“ gewöhnt haben, zu Tal. Zahllose Paraglidingschulen in Pokhara leben heute von diesem Ansturm.
Auch Mountainbiken ist seit einiger Zeit der große Renner in Pokhara. Überall gibt es Mountainbikes und Fahrräder zu vermieten, mit denen man die zahlreichen Hügel rund um Pokhara erklimmen oder einfach nur eine Runde um den See Phewa drehen kann.
Pokhara: Der See Phewa
Der See ist das wahre Juwel von Pokhara. Es ist den Menschen gelungen, ihren „Fewa“ wie er unter den Einheimischen genannt wird, großteils vor Verbauung zu schützen und ihn fast so zu erhalten, wie wir ihn vor mehr als 25 Jahren zum ersten Mal erlebt haben.
Auch heute schwimmen noch die Wasserbüffel dort gemächlich ihre Runden und es gibt einen einzigen Uferabschnitt, wo sich ein paar Restaurants und Bars befinden, die den Touristen wunderbare Frühstücks und auch sonstiges Nepali-Essen anbieten.
Pokhara liegt rund 742 Metern über dem Meeresspiegel, der See ist 17 Kilometern lang und breitet sich bis zu neun Kilometern aus. Als natürliches Süßwasserreservat besitzt der Phewa See eine große wirtschaftliche Bedeutung für die Region. Bei gutem Wetter sorgen die Spiegelungen der schneebedeckten Berge für ein faszinierendes Naturschauspiel am See.
Es können Boote ausgeliehen werden und auch die Boote der einheimischen Fischer liegen am Seeufer. Zu den kulturellen Attraktionen im Phewa See gehört der hinduistische Barahi Tempel, der sich auf einer kleinen Insel mittendrin befindet. Die Anlage wurde im Stil einer zweistöckigen Pagode erbaut und ist der Göttin Shakti gewidmet. Die Gottheit nimmt im hinduistischen Glauben eine bedeutende Position als Quelle von Kreativität und Macht ein.
Einmal sind wir bis ans obere Ende des Sees gefahren, wo wir eine traumhafte Landschaft vorfanden, die von Bauern bearbeitet und bewohnt wird. Gab es anfangs noch wenige Hotels und „Bed and Breakfasts“, so breiteten sich nur einige Hundert Meter weiter nichts weiter als Reisfelder aus, in denen die Menschen in ihren typischen bunten Gewändern arbeiteten. Eine geruhsame Stille breitete sich aus und uns erschien dies alles wie eine sich immer wiederkehrende Meditation.
Die Friedenspagode
Wir haben diesen wunderschönen Tempel sofort nach unserer Ankunft auf einem Hügel bei Pokhara gesichtet und wussten, dass wir genau da rauf wollten. Mit dem Motorrad sind wir dann in den folgenden Tagen „hochgeklettert“ und die letzten paar Meter zu Fuß weitermarschiert.
Diese Friedenspagode strahlt eine atemberaubende Stille und Faszination aus. Alles ist sehr gepflegt dort oben, sehr ruhig, sehr sauber. Der Blick auf Pokhara, die umliegenden Berge, den See, es war eine mystische Erfahrung für uns. Wir haben den ganzen Nachmittag im Areal der strahlend weißen Pagode und in einem der herrlichen Terrassenrestaurants ganz in der Nähe verbracht Eine Friedenspagode ist ein buddhistischer Stupa und soll dazu beitragen, dass alle Menschen gemeinschaftlich nach Frieden auf der Welt streben – ungeachtet ihrer Herkunft und Glaubensrichtung.
Die meisten Friedenspagoden wurden unter der Leitung von Nichidatsu Fujii (1885–1985) gebaut, einem Mönch aus Japan und Gründer des buddhistischen Ordens Nipponzan-Myōhōji. Durch sein Treffen mit Mahatma Gandhi 1931 inspiriert, entschied sich Fujii, sein Leben einer gewaltfreie Zukunft der Menschen zu widmen.
1947 begann er mit dem Bau von Friedenspagoden als heilige Stätten für den Weltfrieden. So wurden Die ersten Friedenspagoden als Symbole für den Frieden in den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki gebaut, in denen durch die Atombomben am Ende des Zweiten Weltkrieges 150.000 Menschen, meist Zivilisten, ums Leben kamen. Bis 2000 wurden weltweit 80 Friedenspagoden gebaut – in Europa, Asien und den USA.
Das Klima in Pokhara
Im Mai war es in Pokhara sehr angenehm. Die kühlsten Temperaturen im Dezember und Januar liegen um 7°C, wobei wir es im Mai untertage bis zu 30 Grad warm hatten. In der Nacht kühlte es aber etwas ab und wir fanden es angenehm und wunderbar erträglich.
Ein kurzer Regenschauer einmal kühlte indes empfindlich ab und ich holte mir eine Erkältung, die sich gewaschen hatte. Neben Goa war Pokhara eines der zweitgrössten Hippie Ziele seiner Zeit. Rund und um Pokhara gibt es noch zwei weitere sehr schöne Seen: Der Begnas Lake und der Rupakot Lake. Die beiden Seen liegen etwa 10 Km östlich vom Zentrum im gleichnamigen Tal und sind nur durch den bewaldeten Hügel (Panchabhaiya Danda) voneinander getrennt.
In Begnas wie in Rupakot wird im grösseren Umfang Fischzucht getrieben. Beide Seen bieten sehr gute Möglichkeiten zum Fischfang. Wer Ruhe und Erholung sucht wird sie hier finden.
Yoga und Entschleunigung
Wer die absolute Ruhe und Entschleunigung sucht, ist in Pokhara ebenfalls gut aufgehoben. Gar einige Yogazentren sind in den vergangene Jahren gegründet worden und sie alle bieten neben dem bekannten Hatha Yoga, einige weitere Formen dieser Entspannungs- und Gesundheitsübungen inmitten einer traumhaften Bergkulisse und wunderbaren Landschaft an.
Entlang des Fewa- oder Phewa-Sees gibt es heute rund ein Dutzend Yogazentren oder Bed and Breakfasts, die Yoga anbieten. Wir hatten leider nicht genügend Zeit, uns diese wunderbaren Entspannungen zu vergönnen, denn wir wollten weiter nach Lumbini. Dem größten buddhisten Heiligtum überhaupt. Dem Geburtsort Buddha Siddhartas.
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Christine losso
Hallo, ich bin Christine Losso, Journalstin. Buchautorin und Bloggerin... Es kann einem nichts Besseres passieren als das Glück zu haben, um die Welt zu ziehen, um neue Kulturen, neue Perspektiven und neue Menschen kennen zu lernen: Für sich selber und für die Allgemeinheit. Ich möchte euch mit unseren mehr oder weniger verrückten Geschichten rund um den Globus etwas unterhalten und erheitern...