Plötzlich Expat 10

Von Frauenblog @frauenblog

Liebesgrüsse aus Hong Kong: wöchentliche Episoden / gekürzte Erfahrungsberichte über meine Zeit als Expat in der momentan drittgrössten Metropole China‘s. 

Taifune als Reinigungsinstitut. Smog ist ganz klar ein Thema in Hong Kong. Zwar ist es nicht so prekär wie in anderen Gebieten China’s, aber an gewissen Monaten geht es ziemlich gespenstig zu. An windstillen Tagen wie so oft im Januar, setzt sich unten beim Hafen Smog an. Da wir an erhöhter Lage wohnen, können wir es gut beobachten; bei uns oben ist der Himmel noch hellblau, unten am Wasser jedoch gräulich-verschleiert.

Am folgenden Tag kam dann auch prompt ein Zeitungsbericht, dass selten so hohe Werte gemessen wurden, hauptsächlich in dichtbesiedelten und sehr verkehrsreichen Orten wie „Causeway Bay“ und „Mongkok“, Kowloon. Für Personen mit Herz-Kreislauf-Krankheiten und Atemleiden besteht erhöhte Gefahr, die Betroffenen sollten nicht mehr auf die Strasse. Symptome: Keuchender Atem, brennende Augen, Husten. Wenn der Luftverschmutzungs- Index einen Wert „über 100“ anzeigt, kann das unter Umständen lebensbedrohliche Ausmasse haben. Deshalb sollte man in dieser Zeit regelmässig die Tabellen checken, wie die Luftverschmutzungs-Werte stehen.

Taifun im Anmarsch: Die Regierung warnt einem per Medien ab Taifun Nr. 1 vor, d.h. wenn der Sturm noch etwa 500 Km entfernt ist. Je näher der Sturm kommt, desto schneller steigt die Warnung auf Nr. 3, da darf man das Haus noch verlassen, muss jedoch vorsichtig sein, und das Handy checken, für den Fall, dass der Sturm unterdessen schnell näher kommt. Wenn man Glück hat, geht der Taifun an der Stadt vorbei, ohne Schäden anzurichten. Nr. 8 ist der zweitstärkste Taifun, da bleibt man zu Hause, der Sturm ist nicht mehr weit. Nr. 10 bedeutet „Alarmstufe rot“, da der Taifun dann direkt über die Stadt hinwegfegt. Wer da noch aus dem Haus geht, ist selber schuld.

Mein Mann ist natürlich gerade im Ausland, als ich meinen ersten heftigen Taifun erlebe. Blondie, alone at home…

Ich hatte alle Nachtvorhänge zugezogen und ging mutig und auf alles gewappnet ins Bett. Dabei rutschte ich auf die andere Bettseite hinüber, seine Seite, weg vom Fenster. Um Mitternacht sollte der Sturm am nächsten an die Stadt herankommen, ca. 200 Km entfernt. Um zwei Uhr früh bin ich dann auch aufgewacht, es war ziemlich furcht-einflössend, zum Glück wohnen wir nicht im 40. Stock. Da wir direkt am Waldrand wohnen, war ich beunruhigt, dass ein Ast ein Fenster einschlagen könnte.

Morgens um 9.00 Uhr war es dann vorbei, die Sturmwarnung ging von Nr. 8 auf Nr. 3 zurück. Pech für alle Arbeitenden, die gehofft hatten, sie dürften zu Hause bleiben und ein wenig relaxen. In der Nacht zuvor war anscheinend alles geschlossen, auch alle Restaurants, die Untergrundbahn etc., das hatte ich bis anhin noch nie erlebt. Die Flüge wurden natürlich auch gestrichen. Im Zentrum des Taifuns war eine Geschwindigkeit von 165/Km die Stunde gemessen worden, einer der stärksten Taifune seit langem. Die Medien berichteten, dass es mehrere Verletzte gab, Gegenstände seien durch die Luft geflogen, ein Segelteam von sechzehn Männern musste gerettet werden, die auf hoher See gefangen waren. Die Wellen seien bis zu zehn Meter hoch gewesen.

Die Belohnung folgte am nächsten Morgen: Herrlich reine Luft und strahlend blauer Himmel. Wie der erste Frühlingstag nach einem kalten Winter. Fast so, als ob jemand den Besen hervorgeholt hätte, um den ganzen Dreck endlich wegzuwischen.

© B. Isliker

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