“Love This Giant” (4AD)
Klar steht da jetzt dick drüber: Jazzy! Funky! Artiness! Fusion! Kreuzüber! Und klar will man vor dem Mann einerseits in Hochachtung versinken, sich aber gleichzeitig auch gleich ängstlich wegducken, denkt man an seine künstlerisch hoch anspruchsvollen Alterswerke mit Brian Eno und Caetano Veloso oder diverse Bühnen- und Filmarbeiten. Die gute Nachricht ist: Man muss vor dieser Platte keine Angst haben! Ja, sie ist intelligent und klug gemacht, und nein, man kann sie nicht einfach so im Vorbeigehen weghören. Aber Letzteres wäre schon bei den Talking Heads einem Verbrechen gleichgekommen und so ist “Love This Giant” im guten Sinne eine Platte, die sich etwas Mühe redlich verdient hat.
Wer bitte traut sich denn auch, eine größere Anzahl klassischer Waldhörner mit einem pluckernden Beat zu unterlegen? Eben. Nur ein Mann, dessen Ego groß genug ist, der eine komplette Brassband – hier Mitglieder der Dap Kings und des Brooklyner Ensembles Antibalas – scheinbar mühelos und angstfrei über die Länge einer CD mit elektronischem Gefrickel, schräger Gitarre und wechselnden Gesangsparts mischt. Dabei sieht der Herr Byrne, nimmt man sich das Video zum ersten Track “Who” – fürwahr ein Hammer – so selbstsicher gar nicht aus, wie er da andauernd seinen grauen Zweiteiler nervös glattzustreichen versucht, eher gleicht er einer Kreuzung aus John Cleese, Rudi Carell und Loriot. Aber hey, er ist der “Psycho Killer”!
Den Schmackes, mit dem besagte Single aufwarten kann, geben die anderen Songs zwar nicht her, zumal Annie Clark alias St. Vincent, Byrnes Partnerin in crime, nicht ganz das Format des Meisters hat. Ihr “Ice Age” gefällt und funktioniert trotzdem, auch die verzwickten “Weekend In The Dust” oder das hektische Stottern bei “One Who Broke Your Heart” gehen in Ordnung. Über die Lyrics darf man zuweilen herzlich lachen, “I used to think that I should watch TV, I used to think that it was good for me, wanted to know what folks were thinking, to understand the land I live in, and I would lose myself and it would set me free“ heißt es etwa zum Midtempobeat von „I Should Watch TV“. Drei Jahre Arbeit, die den beiden ganz offensichtlich viel Spaß bereitet haben – Spaß, den man beim Hören deutlich spürt. Ein guter Rat deshalb: Man hört das Album am Besten in ansprechender Laustärke und im Stehen, denn es dauert nicht lange, bis einem der Brassbeat in Arme und Beine fährt. Funky, in der Tat. http://lovethisgiant.com/
Der Komplettstream des Albums steht zur Zeit bei npr.