Plastikmuschel gefühlt

Von Kuechenschabe
Ja, richtig gelesen: Plastikmuschel gefühlt. Das findet man unter anderem im Internet, wenn man sich auf die Suche nach Sfogliatelle ricce macht. Ein ordentliches Übersetzungsprogramm wäre manchmal schon was wert - obwohl, es macht oft auch viel Spaß, die von Google angebotenen Übersetzungen zu lesen.
Jedenfalls: Ein Gebäck, das richtig kracht und knistert beim Reinbeißen - mit unendlich vielen knusprigen Schichten, mit einer Füllung, bei der man viel Selbstherrschung braucht, um sie nicht schon bei der Zubereitung zu vernaschen - wie klingt das?
Möchte man sofort und auf der Stelle auch haben! Das war auch mein Gedanke, als ich es zum ersten Mal bei Peppinella las. Dann ausdruckte. Noch mal durchlas. Und dann ... in einer Schublade versenkte. Die Anleitung zur Zubereitung klingt nämlich - vorsichtig formuliert - ziemlich aufwändig.
Trotzdem ließ es mir einfach keine Ruhe. Schwierige Sachen reizen mich. Der Mitkoch - eher Verfechter der schnell gemachten Mehlspeise für den Nachmittagskaffee - verdrehte jedesmal die Augen, wenn ich das Gespräch auf Sfogliatelle ricce brachte. Am Wochenende habe ich mich dann endlich überwunden, außerdem den Mitkoch überredet und wir machten uns an die Arbeit.

Sfogliatelle ricce
Wikipedia definiert dieses Gebäck übrigens als neapolitanische Blätterteigtaschen, was ich nicht ganz nachvollziehen kann. Der Teig ist, auch nach seinen Zutaten, viel eher ein Strudelteig als ein Blätterteig:
500 g Weizenmehl, Typ 00
200 ml lauwarmes Wasser
20 g Honig
1 TL Salz
150 g flüssiges Butterschmalz zum Bestreichen
Füllung:
200 g Ricotta
125 g Weichweizengrieß (in 400 ml Milch gekocht)
Mark einer Vanilleschote
125 g Zucker
1 Ei
Die Zutaten für den Teig mit der Küchenmaschine zu einem glatten, geschmeidigen Teig verkneten. In Frischhaltefolie wickeln und drei Stunden rasten lassen. Anschließend wird der große Esstisch komplett abgeräumt. Darauf kommt das praktische Strudeltuch aus Leinen. Der Teig wird gedrittelt. Mit der Nudelmaschine macht man aus diesen Teigdritteln unglaublich lange Bahnen (man kann sie natürlich auch mit dem Nudelholz ausrollen, wenn man keine Nudelmaschine hat), die man zu zweit zum Esstisch trägt.
Bei meinem Esstisch war eine maximale Bahnlänge von einem Meter und achtzig Zentimetern möglich. Runterhängen sollte man den Teig nicht lassen - erstens wegen der Katze und zweitens deshalb, weil sich die Bahnen dann durch ihr Eigengewicht in die Länge ziehen und zu schmal werden!
Diese Teigbahnen streicht man mit flüssigem Butterschmalz ein und zieht sie vorsichtig etwas in die Breite, sie sollten in etwa so dünn wie Strudelteig werden. Jetzt rollt man die Bahnen auf (Pepinella sagt: "Wie Klopapier, nur ohne Pappe in der Mitte"). Wenn eine Bahn fertig ist, schließt man die nächste einfach an (Hilfreich ist es, wenn man vorher die Enden gerade geschnitten hat). Meine Teigrolle wurde nicht so breit wie die von Peppinella, darum habe ich zwei Rollen gemacht (und eine eingefroren, das heißt: Dieses fantatstische Gebäck gibt' noch mal, mit viel weniger Arbeitsaufwand!).
Die Rollen werden an den Rändern gerade geschnitten, in Frischhaltefolie gewickelt und kommen jetzt für 20 Stunden in den Kühlschrank.
Am nächsten Tag wird die Füllung zubereitet: Den gekochten Weizengrieß mischt man mit den übrigen Zutaten zu einer glatten Creme und lässt sie abkühlen. Dann holt man den Teig aus dem Kühlschrank. Man schneidet zentimeterbreite Scheiben davon ab und beginnt mit viel Geduld, von innen nach außen kleine Täschen zu formen. Man sieht nun ganz deutlich die vielen Schichten, aus denen der Teig besteht. Das Video dazu gibt es hier.
Keine Sorge, wenn das Täschchen nicht überall ganz dicht ist, die Füllung ist kompakt und läuft nicht aus! Wenn man dann ein dünnes Täschen fertig hat, gibt man einen gehäuften Teelöffel der Füllung hinein. Man drückt es mit der Hand zu - ein Bestreichen mit Wasser oder Ei ist nicht nötig - es hält! Die Täschchen formt man auf dem Backblech zu Kegeln.
Man gibt sie ins vorgeheizte Backrohr, bei 180 Grad für ungefähr 30 Minuten. Nach dem Abkühlen bestreut man sie mit Staubzucker und gibt das erste, noch lauwarme Täschchen dem Mitkoch zum kosten. Der sagt "Die Arbeit hat sich wirklich gelohnt", und isst dann auch gleich das nächste.