Planierraupe zerstört Gelege der unechten Karett-Schildkröten

Von Jacqueline Jane Bartels @by_JJ_Bartels
Serie, 1. Folge: Alanya, Kızılot – östlich von Manavgat

Beherzt startet Wolfgang Achterberg eine Hilfsaktion auf Facebook

Wolfgang Achterberg, der gerade mit seiner Frau Cornelia Urlaub in Kızılot östlich von Manavgat macht, mussten gestern  traurige und empörende Beobachtungen an einem Strandabschnitt in Kızılot, östlich von Manavgat machen. Ein Pension-Beteiber liess einen rund ein Hektar grossen Strandabschnitt von einer Raupe grossflächig planieren, obwohl hier aktuell die artgeschützten Caretta Caretta Schildkröten ihre Eier ablegen.

In der geschlossenen Facebook-Gruppe „Rund um Side und noch mehr“ berichtet er:

«Hallo zusammen! Wir sind gerade in Kızılot, östlich von Manavgat. In den letzten Tagen sind hier regelmäßig unechte Karettschildkröten, auch Caretta Caretta Schildkröten genannt, an den Strand gekommen und haben ihre Eier vergraben. Ganz in der Nähe konnte ich beobachten, wie diese Gelege bewusst von einer Planierraupe zerstört wurden. Ich war empört und wütend und habe Fotos davon gemacht. Die Arbeiter riefen die Polizei, wollten mir das Handy abnehmen. Ein Platzverbot / Hausverbot habe ich mir eingehandelt. Die Polizei zeigte sich nicht besonders interessiert. Ohne Stellungnahme wurde ich verjagt. Ein Hotelier bestätigte das Ärgernis, weil es seit Jahren an der Stelle schon so gehandhabt wird. Ein Blick auf Google-maps liefert die Erklärung. Für die Saison wird ein Volleyball-Feld, Tennis und Kinderschwimmbecken direkt im Sand hergerichtet. Die sieht man dort bei Google, sind zur Zeit aber noch nicht vorhanden. Da stören die Unebenheiten der Schildkröten und dann später auch die schlüpfenden Karett-Schildkröten. Also wartet man bewusst die Eiablage ab. Man könnte diese Arbeiten ja auch Anfang Mai machen. Rund 500 Meter Strandabschnitt wurden geplättet. Das Hauptgebäude Mavi Cennet Camping Pansiyon und die dazugehörigen Ferienhäuser rechts und links davon sind bei Google-Maps gut zu erkennen. Wer hat die richtigen Verbindungen, um diese Schweinerei für die Zukunft zu stoppen. Ich zeige hier einige Fotos dazu. Wer kann helfen?»

Warum ist die Caretta Caretta Schildkröte so gefährdet?

Die Meereschildkröte Caretta Caretta ist vom Aussterben bedroht. Die einst im gesamten Mittelmeerraum heimischen Arten nutzten bis vor kurzem noch 17 unberührte Strände an der türkischen Küste als Brutstätten. Durch den zunehmenden Tourismus sind diese Strände als Niststätten zum Teil verloren. Aus diesem Grund wurde schon vor Jahren ein Hotelprojekt am Niststrand von Dalyan durch Umweltorganisationen gestoppt.

Die Meeresschildkrötte Caretta Caretta – die unechte Karettschildkröte wird bis zu 100 Jahre. Die Weibchen sind erst nach 25 – 35 Jahren geschlechtsreif. Die Meeres-Schwimmer und -Taucher sind rotbraun und haben einen gelbbraunen Bauchpanzer. 
Man findet sie in allen tropischen und subtropischen Meeren und im Mittelmeer. Aufgrund ihres Brutverhalten sind die Karettschildkröten leicht angreifbar: Das Weibchen robbt zum Legen der Eier an den Strand, an dem es vor Jahr und Tag selbst aus dem Ei geschlüpft ist. Sie buddelt eine Grube in den Sand, in die sie etwa 28 bis 178 weiße, pingpongballgroße Eier legt. Die Jungen schlüpfen nach 60 bis 80 Tagen je nach Umgebungstemperatur. Und jetzt kommt es darauf an: sie müssen alle zur gleichen Zeit bereit sein, sich aus dem Nest zu graben, was Tage dauern kann. Danach machen sie sich auf den Weg zum nahen Meer. Unter der heißen Sonne und den Augen der wartenden Raubvögel schaffen es nur ein bis zwei Prozent. An der türkischen Küste sind die Strände bei Kap Anamur und an der Mündung des Dalyanflusses beliebte Schlupforte.

Kehren sie nach bis zu drei Jahrzehnten später an ihren Geburtsstrand zurück erkennen sie unter Umständen “ihren” inzwischen hotelumsäumten Strand nicht mehr und legen die Eier im Wasser ab, oder irgendwo anders hin. Dort hat die Brut wenig Chancen. Schlüpfen dennoch Junge, werden diese durch falsche Lichtquellen wie Scheinwerfer und Laternen irritiert und strampeln in die falsche Richtung.

Aufgrund ihres Fleisches, ihrer Eier, ihres Fettes (für Kosmetika oder als potentielles Heilmittel) und des Schildpatts wurden die Unechten Caretta Caretta-Schildkröten intensiv bejagt, bis ihre Populationen zusammenbrachen. Heute sind beide Unterarten vom Aussterben bedroht und stehen durch das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen unter internationalem Schutz. Derzeit geht die Hauptgefahr für die Tiere von den Schleppnetzen der Krabbenfischer aus, denen jährlich viele zum Opfer fallen. International bemühen sich Tierschützer und Organisationen um das Überleben der Art, unter anderem durch die Bewachung von Eiablagestränden wie in der Türkei, auf Zakynthos (Griechenland) oder in Costa Rica. Im Jahr 2006 fand zum ersten Mal an der 18 Kilometer langen Küste des Ortes Anamur in der Südtürkei ein derartiges Programm statt und zur Überraschung aller Beteiligten konnten über 600 Gelege geschützt werden. Auf den Kapverdischen Inseln sind die Schildkröten ebenfalls durch Jäger bedroht. Die «Turtle Foundation» patrouilliert die Niststrände, um den Erhalt des Bestandes zu sichern. In der Messara-Bucht im Süden Kretas droht seit 2000 ein Großcontainerhafen, der Griechenland auf dem Weg zum Verkehrsknoten voranbringen soll, und so die Bestände von Caretta Caretta Schildkröten bedroht. WWF und Schildkrötenschutzbund verfolgen die Entwicklungen auf politischer Ebene. Jedes Jahr sterben weltweit allein 250.000 Schildkröten qualvoll als unnützer Beifang in der industriellen Fischerei. Unzählige andere Schildkröten ersticken an Plastiktüten, die sie mit ihrer Lieblingsspeise Quallen verwechseln. Und: ihre kostbaren Niststrände werden zubetoniert.

Ein ähnliches Drama ereignete sich in Dalyan in den 80ern Jahren

Kaptan June‘s ganze Sorge galt den Caretta Caretta Schildkröten, als sie im Sommer 1985 von einem Bauprojekt erfuhr. Direkt am Strand planten türkische und deutsche Investoren eine Hotelburg samt Bungalowsiedlung und Feriendorf mit insgesamt 2020 Betten. Mehrere hundert Unterschriften sammelte June Haimoff dagegen, tippte ein zwölfseitiges Konzept für einen Nationalpark Dalyan-Delta, und schickte es an den WWF, Greenpeace und Brigitte Bardot, mit der sie nicht nur die Liebe zu Tieren gemein hatte, sondern auch den einst gelernten Beruf der Schauspielerin. Im November 1986 fuhr Kaptan June nach Ankara, trank Tee mit den Ministern und ließ sich vom Berater des Ministerpräsidenten Özal versichern, dass die Tiere wichtiger seien als die Touristen. Die Presse hob die “Schildkröten-Lady” auf die Titelseiten ihrer Zeitungen. Und im Bonner Bundestag wurde hitzig debattiert, ob die für das Hotelprojekt aus dem Fonds der Entwicklungshilfe bereitgestellten elf Millionen Mark tatsächlich so klug investiert sind.

Es geht eben auch anders!

Mit der Bettenburg in der bezaubernden Bucht würde die Region den Anschluss an die Urlaubsparadiese in Italien und Spanien schaffen, argumentierte die Bundesregierung – sogar noch, als TUI und Neckermann schon angekündigt hatten, den Schildkrötenstrand nicht in ihre Kataloge aufzunehmen. Erst nachdem Ankara den Bau 1988 stoppte, überlegten die Politiker in Bonn, ob sie der Region mit den Millionen vielleicht auch anders helfen könnten. Vor wenigen Jahren wurde in Dalyan die von den Deutschen finanzierte Kläranlage in Betrieb genommen. Kaptan June und ihre inzwischen zahlreichen Helfer hatten erreicht, was sie wollten. Dalyan wurde zum Naturschutzgebiet erklärt und der Strand jede Nacht zur Sperrzone. Nur Umweltschützer und Biologiestudenten dürfen ihn nach Sonnenuntergang betreten, um verirrte Schildkrötenbabys, kaum größer als Streichholzschachteln, ins Meer zu tragen. Das Fundament des geplanten fünfstöckigen Hotels begrub bald der helle Sand unter sich, Caretta zog weiter ihre Spuren. Die Schlagzeilen über das kleine Fischerdorf haben zwar das Hotel verhindert, den Tourismus jedoch nicht.

Den ganzen Bericht hierzu findet ihr im Merian-Magazin: Schildkröten im Dalyan Delta

Ich habe gestern Abend das Greenpeace Magazin angeschrieben und über den Vorfall in Kizilot aufmerksam gemacht. Ihre prompte Antwort heute Mittag:

„Hallo Jacqueline! Vielen Dank für deine Zusendung. Wenn das so stimmt, dann ist das wirklich ungeheuerlich. Ich habe diese Message mal an unsere Themenplanung weitergeleitet und wir werden die Infos mal überprüfen. Danke nochmal und bleibe so aufmerksam! Ich werde in jedem Fall alle Infos an die Entscheidenen weiterleiten. Danke für deinen Einsatz! Liebe Grüße! Das Greenpeace Magazin.”

Dialog zwischen JJ’s Allaroundturkey Magazin und Greenpeace Magazin

Ich werde diesen Beitrag nun auch an den WWF per Email schicken und in allen relevanten Facebook-Gruppen teilen, um so viel Aufmerksamkeit wie möglich zu erreichen, damit diese Schweinerei in Kizilot/Manavgat ein schnelles Ende gesetzt werden kann. Bitte teilt den Beitrag!

Fortsetzung folgt: Achtung! Hier legen Schildkröten ihre Eier ab!

Schreibt uns, wenn Ihr ähnliche Vorfälle in Eurer Region beobachtet.

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