Pixies
"Beneath The Eyrie"
(BMG)
Wann das angefangen hat? Nun, den Nachgeborenen muß man vielleicht erklären, dass sich die Ära der kalifornischen Indielegenden Pixies in verschiedene Phasen unterteilen läßt, die man der Einfachheit halber „Deal“ und „no-Deal“ nennen könnte, benannt nach der ehemaligen Bassistin Kim Deal, die über einen ebenso großen Dickschädel verfügt wie Gründungsvater Black Francis und, weil das selten gut geht, die Band zwischen 1990 und 1993 (da schwanken die Angaben, weil sie an verschiedenen Alben mitwirkte, aber nicht mehr auf der Bühne stand) verließ. Was, soweit wissen wir das heute, zu ihrem eigenen Schaden nicht war, denn die von ihr initiierten beruflichen Folgeprojekte The Amps und The Breeders waren bzw. sind von ähnlich hoher Qualität. Ihr stimmgewaltiger Sparringspartner hatte nun zwar seine Ruhe, aber offensichtlich für eine Zeit auch nicht mehr ganz so viel Lust, verkündete den Tod seiner Band und spielt eine große Zahl mehr oder weniger spannende Soloplatten ein – die Pixies selbst hatten ganze 23 Jahre Pause.
Ab dem Jahr 2004 also begann (siehe Eingangsfrage) der Abschnitt, den wir jetzt mal die Retro-Ära nennen wollen, denn obwohl Deal noch für einige Live-Shows und Einspielungen mitjobbte, war sie auf keinem der folgenden Studioalben vertreten (wenngleich trotzdem Thema, siehe „All I Think About Now“). Die drei Platten, die auf „Bossanova“ (nun ja) und „Trompe Le Monde“ (schon eher) folgten, waren also allesamt ehrenwerte Versuche, die ganz große Ära der Kapelle wieder aufleben zu lassen, ohne den Verlust der durchaus stilprägenden Persönlichkeit Deals allzusehr zu betonen. Und das schließt das vorliegende Werk mit ein. Da kann der streitbare Chef noch so sehr auf dem sonnenköniglichen Grundsatz „l‘etat c’est moi“ bestehen, was vorbei ist, bleibt es in der Regel auch und je besser es war, um so unwahrscheinlicher ist eine gleichwertige Wiederholung.
Dabei sind „Indie Cindy“ und „Head Carrier“ erstaunlich gelungene, ja eigenständige Arbeiten geworden, hatten Biss, machten Krach und erhielten nicht zu unrecht gehobene Prädikate und die Nachrufe „Hurra, sie leben noch!“ und „Good to have you back!“ Dass der NME in seiner aktuellen Ausgabe die neue Platte zur besten seit 28 Jahren kührt, möchte man dann aber doch vorsichtig anzweifeln, denn „Beneath The Eyrie“ hat sehr wohl einige starke, leider aber auch vermehrt schwache Momente – je nachdem natürlich, wo genau die Erwartungen angesiedelt sind. Liegen die eher beim kompromißlosen Brett und wütendem Geschrei, dann enttäuschen Stücke wie der Einstieg „In The Arms Of Mrs. Mark Of Cain“, das musicalhafte „This Is My Fate“ oder das Schlußpärchen „Daniel Boone“/“Dead Horizon“ etwas. Hingegen werden die Rockfetzen „On Graveyard Hill“, „Long Rider“, der herrliche Nazis-vs-Aliens-Klamauk „St. Nazaire“ und die Rockabilly-Nummer „Bird Of Prey“ verzücken.
Fein raus sind die Genügsamen, denen vor allem wichtig ist, dass die Superhelden früherer Tage endlich wieder gemeinsam auf der Bühne stehen und dort natürlich auch die alten Gassenhauer zelebrieren werden. Zufrieden sind auch jene, die Veränderungen und Abweichungen nicht scheuen und über manchen Durchhänger hinwegblicken können. Und zu guter Letzt, wer hätte es gedacht, freut sich auch die (oder eben auch der) Frauenbewegte, denn die Weiblichkeit in Form von Nachbesetzung Paz Lenchantin macht auf der Platte erfreulich viele Punkte, sei es im Duett „Ready For Love“ oder dem ganz und gar bezaubernden, wenngleich etwas traurigen Surferepos „Los Surfers Muertos“. Soll heißen, es ist ein durchwachsenes, aber recht unterhaltsames und manchmal auch überraschendes Werk geworden. Und nicht unbedingt ein Grund, reflexhaft gleich die alten Sachen rauszukramen. https://www.pixiesmusic.com/
"Beneath The Eyrie"
(BMG)
Wann das angefangen hat? Nun, den Nachgeborenen muß man vielleicht erklären, dass sich die Ära der kalifornischen Indielegenden Pixies in verschiedene Phasen unterteilen läßt, die man der Einfachheit halber „Deal“ und „no-Deal“ nennen könnte, benannt nach der ehemaligen Bassistin Kim Deal, die über einen ebenso großen Dickschädel verfügt wie Gründungsvater Black Francis und, weil das selten gut geht, die Band zwischen 1990 und 1993 (da schwanken die Angaben, weil sie an verschiedenen Alben mitwirkte, aber nicht mehr auf der Bühne stand) verließ. Was, soweit wissen wir das heute, zu ihrem eigenen Schaden nicht war, denn die von ihr initiierten beruflichen Folgeprojekte The Amps und The Breeders waren bzw. sind von ähnlich hoher Qualität. Ihr stimmgewaltiger Sparringspartner hatte nun zwar seine Ruhe, aber offensichtlich für eine Zeit auch nicht mehr ganz so viel Lust, verkündete den Tod seiner Band und spielt eine große Zahl mehr oder weniger spannende Soloplatten ein – die Pixies selbst hatten ganze 23 Jahre Pause.
Ab dem Jahr 2004 also begann (siehe Eingangsfrage) der Abschnitt, den wir jetzt mal die Retro-Ära nennen wollen, denn obwohl Deal noch für einige Live-Shows und Einspielungen mitjobbte, war sie auf keinem der folgenden Studioalben vertreten (wenngleich trotzdem Thema, siehe „All I Think About Now“). Die drei Platten, die auf „Bossanova“ (nun ja) und „Trompe Le Monde“ (schon eher) folgten, waren also allesamt ehrenwerte Versuche, die ganz große Ära der Kapelle wieder aufleben zu lassen, ohne den Verlust der durchaus stilprägenden Persönlichkeit Deals allzusehr zu betonen. Und das schließt das vorliegende Werk mit ein. Da kann der streitbare Chef noch so sehr auf dem sonnenköniglichen Grundsatz „l‘etat c’est moi“ bestehen, was vorbei ist, bleibt es in der Regel auch und je besser es war, um so unwahrscheinlicher ist eine gleichwertige Wiederholung.
Dabei sind „Indie Cindy“ und „Head Carrier“ erstaunlich gelungene, ja eigenständige Arbeiten geworden, hatten Biss, machten Krach und erhielten nicht zu unrecht gehobene Prädikate und die Nachrufe „Hurra, sie leben noch!“ und „Good to have you back!“ Dass der NME in seiner aktuellen Ausgabe die neue Platte zur besten seit 28 Jahren kührt, möchte man dann aber doch vorsichtig anzweifeln, denn „Beneath The Eyrie“ hat sehr wohl einige starke, leider aber auch vermehrt schwache Momente – je nachdem natürlich, wo genau die Erwartungen angesiedelt sind. Liegen die eher beim kompromißlosen Brett und wütendem Geschrei, dann enttäuschen Stücke wie der Einstieg „In The Arms Of Mrs. Mark Of Cain“, das musicalhafte „This Is My Fate“ oder das Schlußpärchen „Daniel Boone“/“Dead Horizon“ etwas. Hingegen werden die Rockfetzen „On Graveyard Hill“, „Long Rider“, der herrliche Nazis-vs-Aliens-Klamauk „St. Nazaire“ und die Rockabilly-Nummer „Bird Of Prey“ verzücken.
Fein raus sind die Genügsamen, denen vor allem wichtig ist, dass die Superhelden früherer Tage endlich wieder gemeinsam auf der Bühne stehen und dort natürlich auch die alten Gassenhauer zelebrieren werden. Zufrieden sind auch jene, die Veränderungen und Abweichungen nicht scheuen und über manchen Durchhänger hinwegblicken können. Und zu guter Letzt, wer hätte es gedacht, freut sich auch die (oder eben auch der) Frauenbewegte, denn die Weiblichkeit in Form von Nachbesetzung Paz Lenchantin macht auf der Platte erfreulich viele Punkte, sei es im Duett „Ready For Love“ oder dem ganz und gar bezaubernden, wenngleich etwas traurigen Surferepos „Los Surfers Muertos“. Soll heißen, es ist ein durchwachsenes, aber recht unterhaltsames und manchmal auch überraschendes Werk geworden. Und nicht unbedingt ein Grund, reflexhaft gleich die alten Sachen rauszukramen. https://www.pixiesmusic.com/