„Why Love Now“
(Sub Pop)
Es sind ja immer die Brüche, die eine Sache spannend machen und nicht so sehr das Erwartbare, Stereotype. Metalheads, die zum Fürchten aussehen und zu gruseligen Texten verfilzte Mähnen schütteln – naja. Weinerliche Rundstrickfolkies, deren Lieder zwar Steine erweichen können, aber sonst nur als Schlafmittel taugen – zum Wegrennen. Steroidgestopfte Bankdrücker, die vom krassen Leben in der Hood reimen, aber für den Schritt nach draußen nicht den Arsch in der Hose haben – traurige Sache. So gesehen kann einem gar nichts Besseres passieren als eine Hardcore-Kapelle wie Pissed Jeans, die sich selbst nicht so wahnsinnig ernst nehmen, obgleich sie wissen, daß die Welt da draußen im Moment alles andere als lustig ist. Rosafarbene Plattenhülle, erwachsene Männer, die auf buntem Tüll herumkauen und auch in der Muckibude nur Nonsens im Kopf haben (siehe „The Bar Is Low“), alles ein Riesenklamauk? Mitnichten, natürlich steckt hinter dem ganzen Spaß eine ordentlich bissige Message: Tradiertes Männerbild, Genderdiskussion, Karrierekasper, Sexchats und sonstige Netzverirrungen – von all dem gibt es bei Pissed Jeans viel zuhören. Die Riffs sind dazu mächtig und der Sound mehr als hart, der Nachfolger von „Honey“ aus dem Jahr 2013 beginnt mit einer großen Portion Selbstekel („Waiting For My Horrible Warning“), kruder Männlichkeit und liebloser Liebe, bevor dann Lindsay Hunter, Sängerin der Band Ugly Girls zum gradiosen Monolog eines einzigartigen Kotzbrockens ansetzt („I’m A Man“). Obwohl, ganz so einzigartig wird die widerliche Tirade nicht sein, nennen wir es also lieber Büroalltag. Von solchen giftige Wortmeldungen kann man sich hier, während einem die Gitarren um die Ohren gehauen werden, einige abholen – „Have You Ever Been Furniture“ zum Beispiel oder das alberne Gegockel des „Worldwide Marine Asset Financial Analyst“. An den Pegeln stand im Übrigen keine Geringere als Lydia Lunch, was insofern interessant ist, als daß sie zwar reichlich Erfahrung als Musikerin, aber kaum als Produzentin vorweisen kann. Den vieren war’s egal, sie vertrauten ihrer Aura und Energie und das Ergebnis gibt am Ende beiden Recht. Eine hilfreiche Anregung für die Anhängerschaft hat Sänger Matt Korvette dann schließlich auch noch, die man wegen ihrer Allgemeingültigkeit jederzeit verbreiten darf: „A crucial thing , I think, for beeing a PJ-Fan is just stemming from what I would take away from punk, which is ‘Question things and think about things‘. Don’t just go to the office and get the same coffee. Don’t just wear a leather jacket and get a 40 oz. Just question yourself a little bit if you can.“ Das jedenfalls kann mal sicher nicht schaden …