Lassen wir sie sich doch selbst ´befreien´
Es gibt da so ein weibliches Kleidungsstück über das sich scheinbar jedermann Gedanken machen muss. Dieser Hype um ein dunkles und Gewand kommt ja fast schon an die Hysterie und den Tabubruch heran, den der Minirock zu früheren Zeiten einmal auslösen konnte. Was haben sich prüde Geister damals den Mund fusselig geredet und gegen dieses Lendentuch gewettert. Überhaupt ist die Kleidung der Frau fast immer eine Diskussion wert. Die ersten Hosen an den Beinen einer Frau. Der von der Korsage befreite Oberkörper. Der weggeworfene BH. Der Minirock. Der Maxirock. Die Plateausohle usw. In unserer Gesellschaft darf eine Frau heutzutage alles tragen. Die einzige Beschränkung ist der eigene Geschmack. Da gibt es nicht mehr viel zu diskutieren. Die Burka der muslimischen Frau bietet sich nun an, um westliche Werte daran abzuarbeiten.
Warum wird eine ´Burka´ ein ´muslimisches´ Kleidungsstück genannt? 4 Meter Stoff, ein bestimmter Schnitt, eine bestimmte Formgebung. Was bitte schön ist daran Religion? Derlei Mode trugen vor zweitausend Jahren auch andere soziale und religiöse Gruppen und manche eben noch heute. Die Amischen laufen ja auch nicht gerade mit Haute Couture herum. Weiße Hauben für den Kopf tragen Frauen dort so selbstverständlich, wie die Trümmerfrauen der Nachkriegszeit ihre bunten Kopftücher. Ach, und es soll tatsächlich auch Leute geben, die von Kleidung rein gar nichts halten und am liebsten ´nackert´ rumlaufen. Es ist ja noch nicht allzu lange her, dass auch hierzulande Frauen einer Kleiderordnung unterworfen waren. Überhaupt, warum dominiert in dieser Diskussion mal wieder der weibliche Aspekt? So schließt man doch aus, dass Bekleidungsregeln einen Mann nicht minder einzwängen und unterdrücken können. Wenn man für einen kleinen Jungen einkauft, dann kommt man mit eher dunkel gefärbten Bekleidungsstücken in der Tüte nach Haus, die eher formale oder monströse Aufdrucke und die aktuellen Fernsehhelden zieren. Bunt und schön ist für Mädchen.
Die Diskussion um die Burka verläuft angemessen der Diskussionsordnung unseres Landes. Muslimische Frauenkleidung unterdrückt die Frau heißt es, sie zwängt schon Mädchen in patriarchale Strukturen. Hier sei dringend die Befreiung der Frau erforderlich. Und schon hat man wieder ein tolles ´Frauenthema´, an dem man sich frauenrechtlich-feministisch abarbeiten kann.
Muslimische Männerkleidung bekommt mal eben einen terroristischen Anstrich und der lange Bart wird zum Stigma. Simple ist that! Es fällt den meisten Diskutanten hierzulande sehr schwer ausgewogen vorzugehen. Ein ´allgemeines´ Thema, das Menschen betrifft, wird aus dem Stand zu einem ´Frauenthema´ stilisiert, indem man behauptet davon seien nur Frauen oder Frauen stärker betroffen. Kann man Benachteiligung, Unterdrückung und Diskriminierung ´messen´? Wiegt sie mehr, wenn sie eine Frau betrifft?
Wenn es um Damenmode geht, geben die einen Frauen mit Hingabe tiefe Einblicke in den Dirndlausschnitt oder auf den Slip, während die anderen mit Hingabe ihre Verhüllung zelebrieren. So ist das hierzulande und das nennt man dann wohl persönliche Freiheit. Und wenn eine Frau ihre devote Neigung ausleben möchte, dann sei es ihr vergönnt. Übrigens ist es strafrechtlich nicht relevant, wenn Frauen Einblick in ihre intimsten Geschlechtsmerkmale geben. Das Strafrecht greift nur beim Penis. Klingt wie ein Witz, ist aber wahr. Was bitte schön ist an einem Penis so besonderes, das eine Frau sich bei diesem Anblick erschrecken muss, den Penis abstoßend findet und sie per Gesetz vor diesem Anblick geschützt werden muss? Man könnte einen Penis auch schön finden und den Anblick reizvoll. Per Gesetz werden jedoch andere Wahrheiten vorangestellt und man glaubt kein Mann könnte sich bei dem Anblick eines weiblichen Geschlechtsteiles erschrecken, es abstoßend finden und den Wunsch haben sich davor schützen zu können. Mach klar, welch hohen und positiv aufgeladenen Stellenwert ein Frauenkörper hat.
Übrigens kann man über jahrtausendealte Damen- oder Herrenmode, die man bis heute konserviert keine Zuordnungen oder Urteile über deren Träger machen. Es soll hierzulande auch Liebhaber mittelalterlicher Mode geben. Ob sie mittelalterliche Ansichten haben, kann man nur mutmaßen.
Diese dunklen Stofffetzen, um die derzeit teilweise hitzig, ideologisch und mit religiöses Eifer gerungen wird, sind es eigentlich nicht wert ihnen so große Beachtung zu schenken. Wer ist einem Nonnengewand oder einem Priesterornat gegenüber schon so achtsam und interessiert? Über ´christliche´ Kleidungsstücke darf man sich hier und heute getrost lustig machen, sie am Karneval ausführen oder mit Hilfe einer Domina zur Steigerung der sexuellen Lust einsetzen. Darf man Menschen, die mit christlichen Symbol so derbe umgehen, eine ´Christianophobie´ unterstellen? Menschen, die sich über so manches Islamische amüsieren, wird Islamophobie, religiöse Intoleranz oder sonst was vor die Füße geworfen.
Die dunkle Vollverschleierung, die einen Frauenkörper nur noch erahnen lässt, wird durch eine über Gebühr aufgeblasene mediale Aufmerksamkeit aufgewertet und dabei auch noch zu einem angeblich frauenrechtlichen Thema gemacht. Das könnte der falsche Weg sein.
Wenn man immer wieder über die Verschleierung von Frauen redet, könnte man sich nach und nach mehr daran gewöhnen, Vollverschleierung in der Öffentlichkeit zu sehen. Man fühlt sich gedrungen über diese Bekleidung, den Menschen darunter und seine Religion nachzudenken und mit anderen darüber zu reden. Auch eine Form der Missionierung, oder? So viel Aufmerksamkeit für ein Kleidungsstück könnte einer jungen Frau den Schritt zur Verschleierung sogar erleichtern. Welches junge Mädchen würde dieser schnell errungenen Besonderheit und der öffentlichen und interkulturellen Aufmerksamkeit, die damit einhergeht, widerstehen können. Auch so wächst Selbstbewusstsein.
Kein Mensch der mich auf der Straße sieht, wird großartig über meine Bekleidung, mich als Person oder meine Religion nachdenken. Ich hebe mich von der Masse nicht wesentlich ab. Da muss man heutzutage schon einiges aufbieten, um ´gesehen´ zu werden. Ein vollverschleierter Mensch ist nicht zu übersehen.
Ist ja auch irgendwie praktisch. Endlich keine Sorgen mehr wegen der etwas eng gewordenen Hose und der Fettschwarte, die über dem Gürtel wabert. Man braucht sich nicht mehr schminken, wenn man das Haus verlässt. Nun gut. Die Augen vielleicht. Die Frisur? Egal! Flecke auf der Bluse? Kein Problem. Man kann essen was man will. Dieses Kleidungsstück passt immer.
Vielleicht werden wir es bald leid sein und uns nicht mehr kontrovers mit der Vollverschleierung auseinander setzen wollen. So ergeht es vielen Themen. Die öffentliche Aufmerksamkeit ermüdet leicht. Es ist auf Dauer auch anstrengend ständig zu wiederholen, dass eine solche Uniform ein Ausdruck der Unterdrückung sein könnte. Mancher behauptet ja sogar, die Burka sei islamistische Kampfkleidung. Was auch immer. Ich mag sie nicht.
Sogenannte ´Haremshosen´, die einen tiefen Schritt und Gummibündchen haben, sind ja auch schon ´en vogue´. Modeschauen, die sich an religiöse muslimische Frauen wenden und deren Bekleidungsregeln berücksichtigen, gibt es längst. Bekleidungsregeln. Da haben wir es. Regeln! War doch so schön, Regeln zu brechen und den Muff unter den Talaren zu vertreiben. Da kommen sie durch die globale und zur Toleranz verdammte Hintertür wieder herein.
Ich kenne Männer, die es durchaus geheimnisvoll finden, in die Augen einer Frau zu schauen, die ihn durch einen kleinen Sehschlitz anschauen und deren Körper weiträumig mit Stoff umhüllt ist. Da funktioniert das männliche Kopf – Kino ohne Probleme. Alles ist jetzt vorstellbar. Sie könnte sehr hübsch sein. Sie könnte seinem Beuteschema entsprechen. Was trägt sie wohl darunter? Es könnte reizvoll sein, dieses ´Überraschungsei´ auszupacken. Allerdings kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sie unansehnlich ist. Vielleicht verbirgt sich unter dem Gewand sogar ein Mann? Soll es ja geben, dass Männer Frauenkleider tragen. So was ist auch in Ländern in denen Menschen des islamischen Glaubens leben denkbar.
Überhaupt. Glaube? Immer wieder höre ich Islam sei kein Glaube, sondern eine politische Strategie, die mit Mittelalterlichen Mitteln ihre Ideen durchsetzen will. Um sich eine eigene Meinung über den Islam, die Inhalte des Korans usw. bilden zu können, müsste man sich intensiver mit dem Islam auseinander setzen. Das wiederum birgt das Risiko, am Ende daran zu glauben und zu konvertieren, zumal es mit dem christlichen Glaube in unserer ´Gesellschaft mit christlicher Leidkultur´ oft nicht weit her ist. Wer kann heute noch das Vater Unser, die Zehn Gebote oder sein Glaubensbekenntnis spontan aufsagen? Einmal Muslim – immer Muslim, so erzählte mir eine Konvertierte-Konvertierte. Es dürfe nicht bekannt werden, dass sie sich rückbesonnen, sich vom moslemischen Glauben abgewandt und sich ihrem christlichen Glauben wieder zugewandt hätte.
Ich stelle mir dieses wallende Gewand ´Burka´ in den Händen eines Modedesigners vor, nach dem Motto „Pimp my Burka“. Dann käme das wallende Mäntelchen vielleicht in himmelblau daher. Der Saum hätte Rüschen und Borten. Der Stoff wäre verziert mit Stickmustern, ein kleiner Kragen hier, etwas Plissee dort. Ein paar Nähte hier und etwas Schere dort. Man könnte aus der tristen Verhüllung um Gottes willen ein echtes Prachtstück gestalten, das einer Frau Zierde wäre und den Geschmack der Zeit träfe. In Leder oder Lack, in Samt oder Seide.
Auf jeden Fall mit Aufdruck. Vielleicht jenen, den ich neulich auf dem T Shirt eines Kindes sah, dass mir mit seiner großen Familie auf dem Bürgersteig entgegen kam:
“I am not a terrorist. I am a muslim“.