Sonntagnachmittag Anfang September. Es ist kühl, es regnet immer wieder. Manchmal kommt auch die Sonne kurz raus. Ich sitze auf meiner Couch und genieße einen Cappuccino mit Heumilchschaum und ein Stück selbstgemachten Elsässer Apfelkuchen. Es duftet in der ganzen Wohnung und ich genieße die Ruhe, während ich nach draußen blicke. Stück für Stück gable ich auf und bin ganz verdutzt als ich nach meinem Tagtraum feststelle, dass der Teller schon leer ist. Ich stibitze mir noch ein Stück. Ein kleines. Es ist ja schließlich Sonntag - da darf man das.
Und als ich aufstehe um das zweite Stück abzuschneiden überkommt mich wieder Energie. Waren die Beine gerade noch sehr schwer und selbst die Hand zu müde um die Fernbedienung des Fernsehers zu erheben, so überkommt mich plötzlich eine ungeheuere Motivation heute doch noch das Haus zu verlassen. Die Sonnenstrahlen die das Zimmer auf einmal fluten tun ihr übriges. Nix da mit „Seriennachmittag", raus in die Natur, schreien sie.
Ich esse hastig das Kuchenstück, wechsle Jogginghose gegen Jeans und ehe ich mich versehe sitze ich schon im Auto Richtung Süden. Da soll es ein gutes Waldstück geben wo man Steinpilze sammeln kann. Das klingt nach dem perfekten Plan an diesem regnerischen Sonntag, der einigen warmen Tagen gefolgt ist - die besten Voraussetzungen um Pilze zu finden.
Als ich ankomme regnet es stark. Gut dass ich meine Regenjacke und die roten Gummistiefel eingepackt habe. Ich steige trotz Prasselregen auf dem Dach aus dem Auto und stapfe den Forstweg tiefer in den Wald hinein. Keine 200 Meter und ich entdecke direkt am Weg im Dickicht einen Fichtenreizker. Das dichte Gestrüpp lässt mich zwar schwer vorankommen, aber so werde ich wenigstens nicht ganz so nass.
Fichtenreizker
Ich bahne mir den Weg durch das Unterholz und bin überwältigt welche Pilzvielfalt mich hier erwartet. Wunderschöne Fliegenpilze stehen hier unweit von den Reizgern, die ich alle fleißig einsammle.
Vorsicht giftig - nur schön zum angucken!
Ein Steinpilz ruft meine Begleitung vor Freude und muss leider feststellen, dass dieser schon zu alt und verfallen ist. Das wird uns in den nächsten 2 Stunden noch öfter so gehen. Aber eine Vielzahl von Pfifferlingen stimmt uns sanftmütig. Maronenröhlinge und sogar zwei riesige Parasolpilze und einige kleine finden wir. Die Stofftasche über meiner Schulter hängend wird immer schwerer und färbt sich orange durch die vielen Reizger.
Pfifferlinge - groß und klein!
Parasolpilze
Immer wieder bleibe ich stehen und bewundere die Natur. Mossüberwachsene Felsen und Baumstämme, Farne, Kleeblätter und ein paar wenige Sonnenstrahlen, die sich in regenfreien Momenten durch die Baumstämme kämpfen. Es durftet überall nach Wald. Nassem Waldboden, der von Pilzen übersäht ist. Ich atme tief ein und möchte die Zeit anhalten. Ich bin sehr dankbar, dass ich solche Momente erleben, aufsaugen und für die Ewigkeit in meinem Kopf festhalten kann.
Überaus dankbar bin ich dann ein weiteres Mal, als ich meine Ausbeute zu Hause sortiere und bewundere. Die guten ins Töpfchen ... und fast alles von bester Qualiät. Ich sortiere meine vier Sorten in unterschiedliche Behälter und überlege, wie ich das Gold des Waldes verarbeiten könnte. Die große Portion Pfifferlinge und die Parasolpilze genieße ich dann nur in Butter gebraten mit etwas Salz und Pfeffer, dazu ein getoastetes Schwarzbrot mit gesalzener Butter. Aus den Reizgern und den Maronenröhrlingen bereite ich zwei Soßen zu, die hervorragend zu Papardelle Nudeln schmecken.
Spontan kommt eine liebe Freundin vorbei und wir verkosten mein Ausbeute. „Ich wollte immer schonmal selbstgesammelte Waldpilze essen!". Dazu ein gutes Glas Riesling und das Wochenende könnte nicht schöner enden.