Pilgerstatistiken 2019 & Ausblick auf 2020 & 2021

Von Christoph @ChrisErkens

Warum der Jakobsweg 2019 einen neuen Pilgerrekord aufgestellt hat und dies trotzdem nur die „Ruhe vor dem Sturm“ sein könnte – Rückblick 2019 & Ausblick auf 2020 & 2021

Liebe Pilgerin, lieber Pilger,

ich wünsche dir ein erfüllendes und gesundes neues Jahr 2020, und möchte an dieser Stelle gemeinsam mit dir auf die Pilgerzahlen vom Vorjahr blicken und auch einen kleinen Blick voraus wagen:

  • Was war 2019 auf den Jakobswegen los?
  • Was bedeutet das für die nächsten Jahre 2020 und 2021?

Denn auch wenn die Tage noch kalt und kurz sind und es gerade noch weit weg scheint; ein neuer Frühling und ein neuer Sommer wird kommen mit viel Sonne und langen Tagen und und lauen Abenden, mit Gelegenheiten zum Pilgern und Wandern und Sein in der Natur, mit sich selbst und mit anderen Menschen.

Also, starten wir!


3 Dinge, die auffallen

Beim Studium der Pilgerzahlen, die das Pilgerbüro in Santiago de Compostela veröffentlicht, und beim Vergleich mit den Statistiken aus den Vorjahren sind mir diesmal drei Dinge besonders aufgefallen.


1) Trends bestätigen sich bzw. setzen sich fort

Erstens: Es gibt keine riesigen Überraschungen. Das lässt sich anhand einiger Zahlen verdeutlichen:

Es wurde schon wieder ein neuer Pilgerrekord aufgestellt

347.538 Menschen erreichten im Jahr 2019 über sämtliche Jakobswege die Kathedrale von Santiago de Compostela und holten sich ihre verdiente Pilgerurkunde ab. Damit ist die Gesamtpilgerzahl ähnlich wie im Vorjahr erneut um rund 20.000 Pilger gewachsen.

(Beachte: Die Dunkelziffer wird um einiges höher sein. Denn bei der offiziellen Zahl werden nur diejenigen Pilger berücksichtigt, die nach mindestens 100 Kilometern Santiago erreichen und im Pilgerbüro ihren Pilgerausweis vorzeigen. Sämtliche Pilger, die nur ein Stück des Weges weiter am Anfang absolviert haben, fallen hier raus.)

Der beliebteste Jakobsweg bleibt der Camino Francés mit 55% Pilgeranteil, wenngleich seine Beliebtheit weiterhin leicht rückläufig bleibt

Auch dieser Trend spiegelt sich bereits seit einigen Jahren ab. Jährlich nimmt der Pilgeranteil des klassischsten aller Jakobswege, des Camino Francés, leicht ab.

Über die letzten 4 Jahre gesehen kann man sogar einen Rückgang von 11% feststellen (danke an Peter von Jakobsweg-Lebensweg an dieser Stelle für den Gedanken) – ein deutlicher Wert für den von Hape Kerkeling einst gehypten Weg, den nun offenbar immer mehr Menschen aufgrund der Furcht vor Überfüllung meiden.

Welcher andere Weg dafür weiter an Beliebtheit gewinnt, erfährst du gleich. Das Bild hier verrät diesen Weg übrigens ;).

Erneut mehr Frauen als Männer unterwegs

Wie schon 2018, so lag auch 2019 der Frauenanteil auf den Wegen (ca. 51%) leicht über dem der Männer (ca. 49%).

Ich glaube zwar nicht, dass alleine unser 2019 veröffentlichtes Interview-Buch „Alleine als Frau auf den Jakobsweg – 15 Frauen erzählen“ dafür verantwortlich ist, doch ich möchte es an dieser Stelle gerne noch einmal erwähnen, da es voller schöner, bewegender und inspirierender Geschichten von Frauen ist, die das Abenteuer Pilgern alleine gemeistert haben.

Deutschland weiterhin das Land mit dem drittgrößten Pilgeranteil

Die mit Abstand meisten Pilger sind nach wie vor Spanier. Danach kommt Italien vor Deutschland, welches das Land mit dem drittgrößten Pilgeranteil bleibt. 26.167 Pilgerinnen und Pilger aus Deutschland wurden 2019 in Santiago registriert.

Der Camino del Norte / Küstenweg bleibt eine Konstante

Mein persönlicher Lieblingsweg der Camino del Norte bzw. der nordspanische Küstenweg bleibt bei 4% Pilgeranteil und ca. 19.000 registrierten Pilgern verblüffend konstant. Das ist auch gut so, denn die Auslastung auf diesem wunderschönen Weg kommt in den warmen Monaten des Jahres inzwischen schon deutlich an ihre Grenzen.

Warum, wenn der Küstenweg mit nur 4% doch deutlich weniger frequentiert ist als der Francés mit 55%?, magst du nun vielleicht fragend einwenden. Nun, ganz einfach: Weil der Küstenweg halt auch eine viel niedrigere Herbergsdichte hat.

Übrigens hab ich es im vergangenen Jahr auch endlich geschafft, meinen Reisebericht und meine erlebten Abenteuer von unterwegs auf dem Küstenweg in Buchform niederzuschreiben.

Der kaum beachtete Camino Inglés ist der kleine Gewinner

Der Trend, weg vom Camino Francés hin zu noch unbekannteren Nebenwegen spiegelt sich auch in diesem Fakt: Der kleine und gerade einmal 120 Kilometer lange Camino Inglés im Nordwesten Spaniens konnte an Beliebtheit gewinnen, und liegt nun bei 3% Prozent.

Ich stelle dir den Camino Inglés hier in einem neuen Porträt ausführlicher vor, denn dieser Weg ist für Kurz-Pilger und Anfänger durchaus eine Option wert.


2) Der Camino Portugues mit seinem Küstenweg ist der Gewinner schlechthin

Die Pilgerstatistiken 2019 zeigen einen ganz deutlichen „Gewinner“: Der portugiesische Jakobsweg konnte erneut in der Beliebtheit klettern. Allen voran der vor wenigen Jahren infrastrukturell quasi neu-geschaffene Küstenweg des portugiesischen Jakobswegs punktete stark.

Mit einem nicht zu anspruchsvollen Wegprofil, der geographisch schönen Lage, der kurzen Geh-Dauer von maximal 2 Wochen und der schönen Landschaft schafft dieser Jakobsweg ideale Bedingungen. Der „neue“ Küstenabschnitt ist zudem ein dicker Bonus-Punkt.

Mit 22.000 Pilgern hat sich Zahl der Pilger auf dem Camino Portugues de la Costa im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt (2018: 13.000)!

Hoffen wir, dass die Zahlen annähernd konstant bleiben, sodass nicht bald noch ein Weg unter der Belastung der großen Pilgerströme „ächzt“.

(Empfehlung zur Vorbereitung: eBook „Camino Portugues für Anfänger“ inkl. Infos zum Küstenweg.)

Hier noch ein kleiner Video-Einblick auf den schönen Küstenweg des Camino Portugues:


3) 2021 droht dem Jakobsweg ein Mega-Rekord durch das „heilige Jahr“

Wer glaubt, die Spitze der Rekord-Kletterei der Pilgerzahlen sei nun erreicht, der wird sich irren. Spätestens 2021. Denn dann folgt das nächste sogenannte „heilige Jahr“ auf dem Jakobsweg.

In den heiligen Jahren verzeichnet der Jakobsweg statistisch einen immensen Zulauf an Pilgern. Bis zu 100.000 Menschen mehr strömen in diesen selten vorkommenden und besonderen Jahren auf den Pilgerweg zur Kathedrale nach Santiago.

Spätestens ab Ostern 2021 und im Sommer 2021 wird es sehr voll werden auf den beliebten Wegen, insbesondere ab Sarria, rund 100 Kilometer vor dem Ziel.

Das heilige Jahr und der Jakobsweg

Was ist das „heilige Jahr“? Das heilige Compostelanische Jahr findet immer dann statt, wenn der Festtag des heiligen Jakobus – der 25. Juli – auf einen Sonntag fällt.

In diesem sogenannten „Gnadenjahr“ haben Christen Gelegenheit, u.a. durch einen Besuch der Kathedrale in Santiago „vollkommenen Ablass zeitlicher Sündenstrafen zu erwerben„, um Wikipedia an dieser Stelle zu zitieren.

Einen sehr ausführlichen und schön geschriebenen Ausflug in diese Thematik findest du hier. In meinem Artikel würde das den Rahmen komplett sprengen. Nur noch soviel sei dazu gesagt:

  • Das letzte heilige Jahr war 2010
  • Das nächste heilige Jahr wird 2021 sein
  • Erst 2027 wird es dann wieder ein heiliges Jahr geben

Für alle Interessierten: Abschließend noch ein kleiner Einblick in die Öffnung der „heiligen Pforte“ in der Kathedrale in Santiago, welche jeweils am 31. Dezember des Vorjahres das neue „heilige Jahr“ einläutet. So könnt ihr auch schon mal einen kurzen Blick auf die Kathedrale werfen, ehe ihr vielleicht demnächst selbst davor steht…

Also doch vielleicht dieses Jahr gehen..

Mein Tipp wäre daher: Falls du mit einem Camino im Sommer 2021 liebäugelst – wie wäre es mit diesem Jahr?

Es wird nicht nur schneller soweit sein, dass deine Reise beginnt, sondern mit aller Wahrscheinlichkeit auch leerer sein unterwegs. Selbst wenn der Jakobsweg 2020 erneut einen kleinen Rekord aufstellen sollte – so voll wie 2021 wird es 2020 nicht werden.

Was du brauchst? Deine Packliste, deinen Pilgerführer und ein Flug– oder Zugticket zum Startort – und los geht’s! Buen Camino!

Welcher Weg wird deiner? Schreib es gerne in die Kommentare.