200 bis 300 Pilger übernachten hier in Bellemagny im hintersten Sundgau jedes Jahr auf ihrer langen Wanderung. 2001 hat das Kloster sein 150-jähriges Jubiläum gefeiert, 1851 wurde es von Abbé Alois Faller gegründet. Etwa 15 Personen können die Schwestern unterbringen, bereiten den Pilgern Abendessen und Frühstück. Schwester Mirjam ist Priorin des Klosters. Am Vorabend hat sie uns die Übernachtungsgebühr kassiert. Sie stammt aus Bayern und ist “eine der jüngeren Schwestern”, wie sie selbst sagt.
Thomas startet etwa eine halbe Stunde vor mir. Das Frühstück im Kloster ist recht einfach, wie fast überall in Frankreich. Es ist sonnig – Geburtstagswetter eben! Ich denke an den letzten Geburtstag: Letztes Jahr bin ich an diesem Tag von Navarrenx nach Aroue im Baskenland gewandert.
Gegen 8:50 Uhr genieße ich das Wandern an der frischen, kühlen Luft. Kühle Wälder mit frischen Pilzen und leuchtend roten Nacktschnecken. Hinter Angeot ist ein kleines Tälchen mit einem schönen Weiher. Hier treffe ich Thomas wieder, der hier pausiert hat. Wir gehen ein Stück weit zusammen weiter, sehen verfallende Häuser, um die sich niemand mehr kümmert. In Menoncourt entschließt sich Thomas, mit öffentlichen Verkehrsmitteln einen Hüpfer Richtung Le Puy zu machen. Denn 100 Tage reichen nicht aus für die gut 2.200 km, die von hier aus zurück zu legen sind. So lasse ich ihn an der Bushaltestelle zurück und wünsche ihm viel Glück bei seiner langen Tour!
Ich wandere weiter und erreiche gegen 12:30 Uhr Phaffans. Neben der Kirche und dem Friedhof ist eine Gaststätte. Auberge de Phaffans – depuis 1957. Wie schön, denke ich und will dort zur Feier des Tages etwas trinken. Doch schon sitze ich im Restaurant und brüte über der verlockenden Speisekarte. Der Koch ist spezialisiert auf Froschschenkel. Doch erstmal zwei Panachés bestellt – gegen den Durst!! Mein Birthday-Menü besteht dann jedoch aus einer Paté à l’Ancienne und einem zart angebratenen Kalbfleisch mit frischen Pfifferlingen, Teigwaren und gegrillter Tomate. Dazu ein Viertel Pinot blanc und viel Wasser. Zum Nachtisch eine verführerische Dessertmischung. Im Hintergrund meine ich, die Filmmusik zum “Das große Rennen von Belleville” zu hören – in diesem Film geht es ja auch um Froschschenkel…
Später zieht sich der Weg unter der N83 hindurch und später auf einem schmalen Grat vorwärts. Endlich habe ich wieder Empfang. Freunde rufen mich an und gratulieren zum Geburtstag, wollen wissen, wo ich gerade bin. Archäologiestudenten sitzen in Gräben und ausgehobenen Löchern, graben und sortieren ihre Fundstücke. Geschichtsträchtige Erde hier kurz vor Belfort. Der Bergrücken wir immer dicker ausgebaut, die fetten Mauern lassen nur eines erahnen: Festungsbaumeister Vauban (17. Jh.) war auch hier am Werk.
Schon habe ich den Tour de la Miotte erreicht, der hoch oben als Befestigung die Stadt Belfort bewacht. Die Stadt und ihr Umland liegen mir geradewegs zu Füßen. Ich watschle mit schweren Füßen hinunter, durch die Stadt, am Bahnhof vorbei. In einem Park stehen zwei Deutsche mit vier Pferden und richten diese her. Sie freuen sich, einen Jakobspilger zu sehen. Im Hotel des Capucins nehme ich Quartier. Es ist kurz vor 18 Uhr, ich habe in der Stadt offenbar etwas getrödelt und Zeit verloren.
Gegenüber meines Zimmers haben Sprayer die Wand bemalt. Ich spaziere am Abend durch die Altstadt von Belfort, über den Fluss Savoureuse, der von starken, sich auf und ab bewegenden Wasserdüsen auf beiden Seiten in ein sommerliches Wasserkleid gehüllt wird. In der Vieille Ville finde ich ein nettes Restaurant – Mamma Emilia – wo ich nochmals meinen Geburtstag und die bislang erfolgreiche Wanderung feiere.
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