Experten haben schon seit Jahren prognostiziert, dass die Erneuerbaren Energien für sinkende Strompreise sorgen – die Strombörse Leipzig bestätigt dies jetzt mit einem Ereignis, das in die Geschichte der Solarwirtschaft eingehen wird: Am 16. Juli 2011 ist der Strompreis am Spotmarkt der Strombörse EEX auf das niedrige Preisniveau von Nachtstrom gesunken.
Am hellen Mittag zwischen 14 und 15 Uhr musste ein Käufer für eine Stromlieferung nur 2,5 Cent je Kilowattstunde zahlen. Üblich sind am Wochenende zu dieser Tageszeit Strompreise, die etwa doppelt so hoch sind wie der (billige) Nachttarif.
Bei einem weiteren Ausbau der Photovoltaik erwarten Fachleute, dass die Börsenpreise in den Sommermonaten tagsüber immer häufiger und für immer längere Zeiträume unter das Nachtstromniveau fallen. So wird es in der Zukunft auch für Verbraucher Nachtstrom-ähnliche Tarife geben, die auch tagsüber zu bestimmten Zeiten sehr billig sind.
Immer wieder wird von den großen Energieversorgern versucht, Angst zu schüren vor drastischen Strompreissteigerungen durch die Energiewende. Doch die Energiewende ist nicht nur ein Umstieg von endlichen und schädlichen Energieträgern auf erneuerbare, umweltfreundliche Technologien. Die Energiewende ist auch das Ende einer monopolistisch ausgerichteten Energiewirtschaft, die ihre Verkaufspreise nahezu frei festlegen kann. Ein stärkerer Markt mit einer größeren Anzahl von Anbietern wird dafür sorgen, dass die Stromkunden nicht mehr die exorbitanten Gewinne der Energieversorger finanzieren müssen.
Nach den Regeln der Strombörse erhalten die Kraftwerksbetreiber nicht den Preis, der ihrem ursprünglichen Angebot entspricht, sondern alle Anbieter die zum Zuge kommen, erhalten den Preis, den der jeweils teuerste benötigte Anbieter verlangt hat. So konnten die vier großen Kraftwerksbetreiber EnBW, Eon, RWE und Vattenfall jahrelang hohe Gewinne realisieren, indem sie insbesondere zur Mittagszeit – traditionell die Zeit der höchsten Nachfrage – billigen Grundlaststrom sehr teuer verkauften. Philippe Welter vom Magazin Photon prognostiziert: “Der hohe Photovoltaik-Zubau wird dazu führen, dass künftig zur Mittagszeit an den meisten Wochentagen von April bis September an der Börse keine übermäßigen Gewinne zu Lasten der Verbraucher mehr erzielt werden können.”
Damit dürfte sich auch die „Marktprämie“, die auf Forderung von Umweltminister Röttgen in die EEG-Novelle mit aufgenommen wurde, als Flop erweisen. „Ich sehe keinen vernünftigen Grund, warum ein anständiger Photovoltaikanlagen-Betreiber auf die Einspeisevergütung verzichten sollte, um auf höhere Preise an der Strombörse zu spekulieren“, sagt Frank Rothacher, Geschäftsführer beim Photovoltaik-Systemhaus relatio in Balingen. „Die Einspeisevergütung gemäß EEG ist kostenorientiert und fair.“