Nach meinem einmonatigen Israelaufenthalt steht nun natürlich noch die wissenschaftliche Aufarbeitung aller, bzw. all meiner Entdeckungen auf dem Programm. Zu diesem Zwecke werde ich u.a. ein Paper verfassen, das sich insbesondere mit der historischen Rekonstruktion der sog. Ladeerzählung (1. Samuel 4-7,1) beschäftigt. Ein weiteres hochspannendes Feld ist aber nach wie vor die Frage nach dem Ursprung und der genauen Herkunft der Philister.
Die Bibel selbst gibt hierauf schon einen der wichtigsten Hinweise: in Jeremia 47,4 sowie Amos 9,7 wird jeweils "Kaphtor" als die ursprüngliche Heimat der Philister genannt. Philologisch betrachtet besteht hierbei eine auffällige Ähnlichkeit mit dem ägyptischen Wort "Kefitu", welches Kreta bezeichnet und somit gut zur genannten Jeremiastelle passen würde, da diese "Kaphtor" ausdrücklich eine "Insel" nennt.
In der Septuaginta hingegen, der griechischen Übersetzung des Alten Testaments (entstanden etwa im 3. Jhdt. v.Chr.), wird jenes hebräische Wort mit "Kappadozien" wiedergegeben. Fraglich ist allerdings wie verlässlich diese Übersetzung im Falle der Samuelbücher überhaupt ist, denn zwischen dem sog. Masoretischen Text (das hebräische Alte Testament) und der Septuaginta bestehen in diesem Fall teils erhebliche Unterschiede; so fehlt etwa die berühmte Geschichte von David und Goliath in der letztgenannten Version völlig.
Archäologisch betrachtet sind allerdings die starken Parallelen zwischen mykenischer und philistäischer Kultur unübersehbar, sodass sich zumindest so viel sagen lässt: die Philister stammten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus dem ägäischen Raum. Und mehr noch: der archäologische sowie historische Befund - bspw. enthalten die Amarna-Briefe Informationen über die sog. Seevölker, zu denen auch die Philister gehörten - lassen den Schluss zu, dass sich die Philister etwa im 12. Jhdt. v. Chr. in der Levante, also der Küste des heutigen Israels, ansiedelten.
Hierbei ergibt sich nun die Frage: warum kamen sie überhaupt?
An der zu jener Zeit stattfindenden, mediterranen Völkerwanderung waren keineswegs nur die Philister, sondern z.B. auch die "Sardana" (evtl. von Sardinien), die "Sekeles" (evtl. von Sizilien) sowie zahlreiche andere Völker beteiligt. Eine solche, den gesamten Mittelmeerraum betreffende Veränderung von geradezu epochaler Bedeutung war also vermutlich nur das Finale einer Entwicklung, die aufgrund irgendwelcher Umstände vermutlich schon viel früher begonnen hatte.
Die Rekonstruktion eben dieser Umstände ist noch immer eines der großen Rätsel der Archäologie. Und hier kommt nun ein zugegebenermaßen unkonventioneller, um nicht zu sagen pseudowissenschaftlicher, aber dennoch kühner Gedanke ins Spiel:
Seit Heinrich Schliemann 1873 Troja entdeckte ist bekannt, dass den homerischen Schriften durchaus eine gewisse, historische Genauigkeit beizumessen ist. Daher wird auch heute noch nach den Überresten des legendären Atlantis gesucht. Der Vorgang hierbei ist relativ simpel: man vergleicht die Beschreibung bei Homer mit den vorgefundenen, archäologischen Überresten. Allerdings sollte hierbei beachtet werden, dass es sich bei Homers Beschreibung um ein Zitat im Zitat handelt, er selbst die Richtigkeit dieser Darstellung also nicht überprüfen konnte, und die frühesten Textfragmente derselben Jahrhunderte jünger sind als das mutmaßliche Original. Eine hundertprozentige Exaktheit ist bei Homer also nicht zu erwarten, aber dennoch träfen einige der Beschreibungen, wie z.B. das im Meer gelegene, ringförmige Stadtbild von Atlantis sowie seine Zerstörung etwa im 16. Jhdt. v. Chr. (vorausgesetzt bei den von Homer erwähnten Jahren handelt es sich eigentlich um Monate), auch auf die ägäische Insel Santorin zu. Dass deren durch einen Vulkanausbruch verursachter Untergang ein Ereignis traumatischen Ausmaßes gewesen sein muss deuten auch archäologische Artefakte völlig anderer Fundorte an, wie z.B. die Himmelsscheibe von Nebra oder auch Stonehenge. Beide wurden nämlich nach jahrhunderterlanger Benutzung plötzlich und ohne erkennbaren, lokalen Grund völlig aufgegeben. Dies könnte eine Auswirkung der durch den Vulkanausbruch hervorgerufenen Klimaveränderung gewesen sein.
Soll das also nun bedeuten, dass die Zerstörung Santorins der Auslöser der erst viele Jahre später stattfindenden Völkerwanderung gewesen und die Philister am Ende gar die Nachfahren der Atlanter waren?
Nun, das wäre doch wohl etwas weit gegriffen. Aber ein reger Austausch zwischen den Vorfahren der Philister und den Minoern bzw. Atlantern (sofern es sich dabei um dasselbe Volk handelt) ist zumindest wahrscheinlich und schlägt sich möglicherweise im technischen Fortschritt der Philister gegenüber den Israeliten nieder, von dem schon die Bibel berichtet (1. Samuel 13,19-22) und der auch durch die diesjährige Entdeckung von Bronze- sowie Eisenschlacke am Tell es-Safi bestätigt wird.
Nun muss ich gestehen, dass diese, meine Hypothese nicht die erste ist, die Atlantis und Philistäa in Verbindung zu bringen versucht. Jürgen Spanuth, ein Altphilologe und evangelischer Theologe, behauptete sogar, bei den Philistern selbst handelte es sich um Atlanter, welche allerdings nicht ursprünglich von Santorin, sondern aus der Nähe von Helgoland stammten. Gegenüber solch abenteuerlichen Theorien ist meine aber wohl zumindest die erste, die eine gewisse, archäologisch-historische Basis hat.
Auf Kommentare bin ich gespannt.