Der Berliner Architekt und Verleger Philipp Meuser hat einen zweiteiligen Architekturführer herausgegeben, der erstmals die Architektur der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang zeigt. Im ersten Teil werden die Bauwerke nach Sprachregelung der Machthaber und mit offiziellem Bildmaterial dargestellt, im zweiten Teil wird die propagandistische Sichtweise von den Autoren in einen architekturtheoretischen und baugeschichtlichen Kontext gestellt.
Da sich das Land Nordkorea nahezu hermetisch abriegelt und Einblicke in den Lebensalltag kaum möglich sind hat der Architekturführer über die Fachöffentlichkeit hinaus großes Interesse geweckt. In einem Text in der Rubrik einestages auf Spiegel Online beschreibt Philipp Meuser, wie es zu dem Projekt gekommen ist und welche Schwierigkeiten bei der Arbeit in dem “Open-Air-Museum sozialistischer Baukunst” zu überwinden waren.Der Artikel enthält einige Bildbeispiele.
Ein Interview im Deutschlandradio hinterfragt ebenfalls die Motivation Meusers, sich mit Pjöngjang und der sozialistischen Architektur auseinanderzusetzen. Philipp Meuser beschreibt die Faszination dieser Architektur und erläutert, wie schwierig es war, einen unabhängign Blick auf die Stadt werfen zu können und an Informationen zu kommen, die nicht propagandistisch gefärbt sind.
BauNetz-Meldung
Am 8. Juni 2011 wurde der Architekturführer im BauNetz vorgestellt, daraus ein Auszug:
„Das Ziel dieses Reiseführers ist es, Normalität zu suggerieren und sich damit selbst ad absurdum zu führen“. Dies sagt Verleger und Herausgeber Philipp Meuser zu einem Buchprojekt, das es eigentlich gar nicht geben dürfte.
Wer Pjöngjang, die Hauptstadt des kommunistischen Nordkorea, besuchen möchte, bekommt staatlicherseits einen Begleiter, einen Übersetzer und einen Fahrer zugeteilt, die den Reisenden von morgens bis abends überwachen. Das kann auf die Dauer „nervtötend“ werden, seufzt Meuser. Aber damit nicht genug: Wer darüber auch noch einen Architekturführer herausgeben will, ist auf staatliches Propagandamaterial angewiesen und verpflichtet sich, nahezu jedes Wort der nordkoreanischen Zensur vorzulegen. Dass dabei stets sämtliche Operetten-Ehrentitel des Staatschefs mitaufgezählt werden müssen, wenn nur dessen Name fällt, versteht sich von selbst.
Um das Projekt also überhaupt angehen zu können, ist Meuser zum Schein auf die Bedingungen der koranischen Gastgeber eingegangen. So entstand der erste Band „Fotos und Beschreibungen“. Um jedoch auf eine „objektive und kritische Architekturgeschichtsschreibung“ nicht zu verzichten, hat Meuser ohne Wissen der Koreaner parallel den Band 2 gestaltet – und damit den Versuch einer „kritischen Annäherung aus europäischer und koreanischer Sicht“.
Über den Herausgeber und Autor
Philipp Meuser, Jahrgang 1969, studierte von 1991 bis 1995 Architektur an der TU Berlin, anschließend war er Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung (Journalistische Nachwuchsförderung). 1995 bis 1996 folgten redaktionelle Tätigkeiten im Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung und ein begleitendes Nachdiplomstudium in Geschichte und Theorie der Architektur an der ETH Zürich (Abschluss 1997). Philipp Meuser gründete 1996 mit Natascha Meuser in Berlin ein eigenes Architektenbüro. Schwerpunkte seiner Arbeit als Architekt sind internationale Planungs- und Bauprojekte in Osteuropa und Asien. 2005 gründete Meuser zudem den Verlag DOM Publishers mit Veröffentlichungen zu architektonischen Themen.
- Architekturbüro Meuser
- DOM Publishers
Der Architekturführer
Philipp Meuser (Hg.)
Architekturführer Pjöngjang
Mit weiteren Beiträgen von Ahn Chang-mo und Christian Posthofen
368 S., über 300 Abb., 135 × 240 mm, 2 Bände im Schuber
ISBN 978-3-86922-126-7
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Inhalt Band 1:
Städtebau
Wohnungsbau
Kulturbauten
Bildung und Sport
Hotels und Warenhäuser
Verkehrsbauten
Denkmäler
Inhalt Band 2:
Philipp Meuser: Ein Führer, der keiner sein darf
Blick über Pjöngjang: Panoramen
Philipp Meuser: Architektonisches Kuriositätenkabinett
Ahn Chang-mo: Koreanische Baukultur
Massengymnastik als Volkssport
Christian Posthofen: Lernen von Pjöngjang
Christian Posthofen: Kim Jong-il: Über die Baukunst. Auszug und Kommentar
Philipp Meuser: Agitation im Stadtraum