Phänomen Beck: Zu krank für die Politik, aber fit für die Wirtschaft

Unsere Demokratie vergibt Ämter auf Zeit. Es ist legitim, sich nach dem Ende der politischen Karriere beruflich neu zu orientieren. Nicht ohne Grund dürfen sich ehemalige Parlamentarier, Staatssekretäre, Minister oder Regierungschefs allerdings großzügiger Übergangsgelder und Pensionen sicher sein. Dies soll ihr Ausscheiden nicht nur abfedern, sondern auch verhindern, dass sie sich allzu eilig von Unternehmen rekrutieren lassen, die nur eines im Sinn haben: Das Netzwerk des ausgeschiedenen Spitzenpolitikers zu nutzen, solange es noch intakt ist. Und genau deshalb gibt es seit langer Zeit Forderungen, eine Karenzzeit bis zur Aufnahme einer neuen exponierten Tätigkeit festzuschreiben. Dafür hatte sich auch der ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck stark gemacht – da war er allerdings noch im Amt. Nun wurde bekannt, dass er sich seit Juni als Pharmaberater verdingt. Angeblich als “kritischer Begleiter”, aber offenbar wieder topfit, nachdem er sein Ministeramt aus gesundheitlichen Gründen zu Jahresbeginn aufgegeben hatte. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Ich bin ein Schelm, und so erhält Beck den “Klodeckel” als erster Preisträger sowohl vor als auch nach seinem Ausscheiden aus der bezahlten Politik. Wobei das auch nicht wirklich stimmt, denn bezahlt wird er immer noch fürstlich. Da sind einerseits seine Pensionsbezüge in Höhe von fast € 8.500 pro Monat zuzüglich der teilweise darauf angerechneten Altersversorgung als Ex-Abgeordneter. Andererseits erhält Beck von der Friedrich-Ebert-Stiftung eine monatliche Aufwandsentschädigung von weiteren € 1.000 in seiner Rolle als Stiftungsvorstand. Darüber hinaus ist er ja auch noch Verwaltungsratschef des ZDF. Nein, ein armer Mann ist Kurt Beck nicht – und wird es auch nie sein. Unsere Demokratie will es so: Wer einmal in den höchsten Regionen des Staatsdienstes angekommen ist oder auch nur einige Jahre das Parlament mit seiner Anwesenheit bereichert hat, ist lebenslang versorgt und bezieht anschließend eine Pension, die den Lohn der meisten hart arbeitenden Wähler deutlich übersteigt. Doch wo bleiben die Montagsdemonstrationen, Sitzblockaden oder auch nur der mediale Aufschrei? Angesichts der eigenen Machtlosigkeit gegen den Apparat haben die Deutschen resigniert. Sie fordern lieber höhere Steuern und mehr Solidarität von ihren Normal-Mitbürgern, als dafür auf die Straße zu gehen, dass der Clique der Parteisoldaten das Handwerk gelegt wird, um das überall fehlende Geld beizutreiben. Und so wird die Staatskasse weiter fröhlich geplündert. Schon die Höhe der Bundestagsdiäten von monatlich € 8.252 pro Nase ist ein echtes Ärgernis, doch machen erst die Nebenkosten den Braten richtig fett. So werden allein die mittlerweile 631 Bundestagsabgeordneten die Steuerzahler in den kommenden vier Jahren annähernd eine Milliarde Euro kosten. Zudem wird der politische Betrieb mit vielen Hundert Millionen Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung aufgepumpt und werden Parteistiftungen mit fast einer halben Milliarde Euro pro Jahr gefüttert, während die überparteiliche Bundeszentrale für politische Bildung immer weniger Geld für immer mehr Aufgaben bekommt. Und Kurt Beck? Der kassiert nach seinem rasanten Wechsel nun als Lobbyist ab. Die von ihm und seiner SPD geforderte Schamfrist von 18 Monaten kümmert ihn nicht mehr. Gute Besserung, Herr Beck!

Lesen Sie hierzu auch: “Kurt Beck berät Pharmakonzern Boehringer” (RP ONLINE, 11.10.2013)


Tagged: Beck, Boehringer, Lobbyist, Parteienstaat, SPD

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