Beispiele:
1) A (Dritter) beauftragt den Abschleppdienst B (Geschäftsführer), um den falsch geparkten Kfz von C (Geschäftsherr) abzuschleppen.
2) Mieter M (Dritter) beauftragt Handwerker H (Geschäftsführer) mit der Reparatur in der Mietwohnung von Vermieter V (Geschäftsherr).
(P) Problematisch in diesen Konstellationen ist, dass der Geschäftsführer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages mit einen Dritten tätig wird (sog. pflichtgebundener Geschäftsführer) und aufgrund dessen sich die Frage aufdrängt, ob die GoA dann überhaupt noch anwendbar ist. Konkret geht es auch darum, ob ein Geschäftsführer im Doppelinteresse handeln kann.1
- BGH (früher): In solchen Fällen wurde ein auch-fremdes Geschäft angenommen und dementsprechend der Fremdgeschäftsführungswille vermutet.2
- BGH (aktuell): Anwendbarkeit der Vorschriften der GoA wird verneint, wegen Vorrang des Vertrages, wenn der mit dem Dritten geschlossene Vertrag die Rechte und Pflichten, und insbesondere die Vergütung, abschließend geregelt hat.3
- Lit.: Anwendbarkeit der Vorschriften der GoA wird verneint, da es an der Fremdheit des Geschäfts oder dem Fremdgeschäftsführungswillen mangelt.4
Stellungnahme:
Anwendbarkeit (-), denn …
- Der Zweck der GoA liegt nicht darin, einen Vertragspartner eines gegen seitigen Vertrages mit einen Dritten einen weiteren Anspruch gegen den Geschäftsherrn zu verschaffen.5
- Jeder trägt das Insolvenzrisiko seines ausgesuchten Vertragspartners und dieser Grundsatz soll nicht durch die Vorschriften der GoA umgangen werden.6
- Der Geschäftsherr könnte doppelt in Anspruch genommen werden, nämlich vom pflichtgebundenen Geschäftsführer und dem Dritten aus berechtigter GoA nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB, ohne Gesamtgläubiger zu sein nach § 428 BGB.7
Zusätzlich hätte der pflichtgebundene Geschäftsführer gegenüber dem Geschäftsherrn folgende Pflichten zu beachten:
- Sofern mit dem Warten keine Gefahr verbunden ist, müsste der pflichtgebundene Geschäftsführer auf die Entschließung des Geschäftsherrn nach § 681 S. 1 BGB warten.8
- Der pflichtgebundene Geschäftsführer wäre auskunfts- und rechenschaftspflichtig nach §§ 681 S. 2, 666 BGB.9
- Gem. §§ 681 S. 2, 667 BGB müsste der pflichtgebundene Geschäftsführer seinen erlangten Werklohn aus § 631 BGB dem Geschäftsherrn herausgeben.10
Dies würde zu absurden Ergebnissen führen.
1 – Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse – Deliktsrecht, Schadensrecht, Bereicherungsrecht, GoA, 6. Auflage, 2014, §8, Rn. 3.
2 – Wandt, (Fn. 1), §8, Rn. 5.
3 – Supra.
4 – Supra (Fn. 2).
5 – Supra (Fn. 2).
6 – Supra (Fn. 2).
7 –Supra (Fn. 2).
8 – Supra (Fn. 2).
9 – Supra (Fn. 2).
10 –Supra (Fn. 2).