Jetzt hatte ich ja vor einiger Zeit einen Text zum Thema. ‚Unangenehme Situationen in der Pflege‘ geschrieben, durch die ich als Jugendliche gegangen bin und wie unangenehm es mir war, dass Männer mich zur Toilette begleitet haben, mich umziehen wollten, etc. Wenn ich nun diese beiden Situationen miteinander vergleiche, könnte man meinen, in der einen bin ich zu locker und in der anderen bin ich zu streng. Finde ich nicht. Denn es kommt auf die Dauer des Moments an, auch auf den Rahmen und die dazwischen liegenden Textilien. Mal ganz zuschweigen von der Situation, bzw dem Gefühl, dem Anderen ausgeliefert zu sein. Jetzt könnte man auch wiederum meinen, dass das schon zwanzig Jahre her ist mit meiner Jugend und das sich ja seitdem einiges gewandelt hat in der Pflege. Auch hier möchte ich einlenken. Den Eindruck hatte ich nicht, als ich den Bericht über den Heimaufenthalt von Raul Krauthausen bei SternTv gesehen habe. Zumal habe ich auch letztens jemanden im Krankenhaus besucht, der sich nicht selbst versorgen konnte. Ein erwachsener Mann, der dann von Krankenschwestern versorgt wurde. Krankenpfleger waren auch vorhanden, aber es war eine Selbstverständlichkeit, dass auch Männer von Frauen versorgt wurden. Die Krankenschwestern waren den Krankenpflegern numerisch weit überlegen.
Erschreckend für mich war für mich zu sehen, dass sich niemand daran gestört hat, nach dem Motto: Jetzt bin ich schon auf Hilfe angewiesen. Jetzt muss ich auch annehmen, was mir angeboten wird, ohne selbst Ansprüche zu stellen. Tatsache ist, dass das Personal so gut aufgestellt war, dass man sich nicht hätte erlauben können, als Patient zu sagen, als Frau möchte ich nur von Frauen versorgt werden, was sicherlich nur das kleinere Übel war, und als Mann möchte ich nur von Männern versorgt werden. Das wäre nicht machbar gewesen. Dann hätte auch Pflege teilweise über mehrere Stunden aussetzen müssen. Aber wie gesagt, es schien niemanden zu stören. Erst bei genauer Betrachtung merkte man, dass es dem Patienten unangenehm war.
Jetzt könnte man meinen so ein Krankenhausaufenthalt ist nicht von Dauer. Und man ist vor allem durch Schmerzen von solchen Kleinigkeiten abgelenkt. Und auch ich damals im Krankenhaus nach der Entbindung, konnte an vieles denken bis auf Sex, aber das ist eine andere Geschichte. Vielleicht erträgt man das stillschweigend in Erwartung der Heimkehr. In der Behindertenpflege sieht das bei Weitem anders aus. Das ist dann von Dauer und es ist erschreckend wie sehr sich die Behindertenpflege und ein Krankenhausaufenthalt gleichen. Bei dem einen ist es nur kurzweilig und plötzlich. Und bei dem anderen ist es langwierig. Man kriegt seine Sexualität abgesprochen. Auch wenn man mir sicher nicht von vornherein zustimmen würde, so findet sie keine Beachtung. Das alte Thema halt. Behinderte haben keine Sexualität zu haben. Und ich frage mich auch wie das ist als weibliche Pflegekraft, ob es nicht unangenehm sein würde, wenn sich mir etwas entgegen regt. Aber erst mal müsste man sich der Gefahr bewusst sein, dass sich etwas regen könnte. Und wo nichts ist, kann sich auch nichts regen.
Schon witzig sich zu überlegen woher diese Art der Doppelmoral kommt. Weniger witzig ist es sich zu überlegen wie man sie wegkriegt.
(Foto: Rainer Sturm / pixelio.de)