Pfingsttage mit Proust-Beginn: die ersten zwanzig Seiten, unverletzliche Einsamkeit

Wie lange bin ich nicht in der Bibliothek gewesen? Vorbei die Zeiten als ich wöchentlich stundenlang die Bücherhallen frequentierte.

Unsere Kieler Bibliothek ist überschaubarer, kann vom Angebot aber durchaus mithalten.

Die Suhrkamp Ausgabe von der „Suche nach der verlorenen Zeit“ halte ich in den Händen, entscheide mich aber dagegen. Ich habe die Übersetzung von Eva Rechtel Mertens zu Hause.  Proust hatte ich tatsächlich mal bei uns im Keller gefunden, zusammen mit den Buddenbrooks  fristeten die Bücher ein lichtloses Dasein.  Dem Gatten hatte ich sie kopfschüttelnd unter die Nase gehalten. Er behauptete überzeugend, nicht der Eigentümer dieser Schwergewichte zu sein. Es hat sich nie aufgeklärt. Ohne diesen Kellerfund wäre ich vermutlich nicht auf die Idee gekommen,  es zu wagen es mit Proust aufzunehmen.

Zurück zur Bibliothek, mir begegnet das Buch, es liegt gleich vorn neben der Eingangstür : Gefahren des Lesens von Petra Gust-Kazakos ( tolle Buchbesprechung von Sätze und Schätze), das muss natürlich mit! Ich trete den Heimweg an.

Es sollen zwanzig Grad werden. Ein wenig Wind in der Stadt, das Gekreisch der spöttelnden Möwen.

Auf dem Bahnhofsvorplatz sitzt die Trinkerszene. Eine junge Frau, knapp zwanzig muss sie sein, zitternd als sie mich um einen Euro bittet.  Zum Zittern kommt Husten: „Sie brauchen einen Arzt“, sage ich, während ich nach Kleingeld suche. „Geht nicht“, antwortet sie, hab keine Krankenkassekarte. “ Ihr Husten klingt nicht gut.“ Der Husten kommt davon, dass ich zusammengeschlagen wurde. Kein Alkohohldunst, keine sichtbaren Blessuren, sie ist nüchtern, aber es umgibt sie etwas Lebloses. Ich gebe ihr den Euro mit dem Hinweis auf die Notfallambulanz. Es ist ihr egal. „Mir geht es gut“, sagt sie tonlos.

Mit den Hunden gehe ich später lange am Fluss entlang. „Unverletzliche Einsamkeit“, Worte von Proust.

Pappelschnee wickelt sich um maigrüne Blätter, Pusteblumenfelder, ein kleiner Admiral fliegt mir vor die Füße. Die Kastanien stehen in voller Blüte.

Noch später ist Besuch da. Es wird auf Keybord und Schlagzeug musiziert und unter dem blühenden Apfelbaum Kaffee getrunken.

Schönste Szene des Tages: Beim Discounter unseres Vertrauens treffe ich den Gatten.  „Hier bist du“, sagt er und „Wir haben dich überall gesucht, wir sollten wirklich mehr miteinander reden.“ In meinem Wagen: Heidelbeeren, Spargel und Blattspinat, in seinem Chips, Cola und Grillfleisch.

Am Abend bringe ich die „Blumenwiesensaat“ für Bienen aus. Sie sollen den im Vorgarten blühenden Rotklee ablösen. Ein Bienenvolk im Garten, das könnte ich mir auch vorstellen.

Die ersten zwanzig Seiten Proust: Marcel wacht kurz nachdem er eingeschlafen ist wieder auf und ist desorientiert. Die Kerze wird mit einem Zündholz wieder angezündet, in der Ferne das Fauchen eines Eisenbahnzuges, Erinnerungen die ihn mal zur Großmutter nach Combray, mal zu altdeutschen Sagen führen. Mich beschäftigt beim Lesen die Reformation und Karl der Fünfte.

Schönste Beschreibung: Unverletzliche Einsamkeit.

Ich freue mich auf den Sonntag: ich werde endlich  „Andorra“ im Schauspielhaus sehen.

Euch allen wünsche ich wunderbare Pfingsttage.


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