Petra Hartlieb: Meine wundervolle Buchhandlung

Von Buchwolf


„Viel Spaß hinter den Kulissen“ schrieb mir Petra Hartlieb nach ihrer Lesung in der Wiener Städtischen Bücherei am 27. 10. 14 in ihr Buch. Vorgestern begann ich es zu lesen, heute bin ich fertig: und es hat „Spaß“ gemacht, das heißt, es war ein Vergnügen, das Buch zu lesen, manchmal musste ich fast lachen, manchmal war ich vor Rührung fast den Tränen nahe, und von Seite 1 bis 208 war ich mitgerissen. Von einem Buch über eine Buchhandlung!

200 Seiten über 10 Jahre Buchhändlerin

Wie kann man darüber 200 Seiten schreiben, noch dazu lediglich über die Zeit seit 2004, wo Petra und Oliver Hartlieb eine in Konkurs gegangene Buchhandlung in der Wiener Währingerstraße gekauft haben? Doch es ist möglich, denn hinter den oben erwähnten „Kulissen“ einer Buchhandlung tut sich mehr, als der Kunde denkt:

Zunächst muss der Kauf organisiert, das Geld aufgetrieben, der alte Laden in eine neue Buchhandlung (trotzdem mit dem Flair einer alten, mit bis zur Decke reichenden Regalen) verwandelt und der Betrieb aufgenommen werden. Und dann entwickelt sich das Ganze weiter. Die Kunden werden mehr, die Angestellten auch, man führt auf die Buchmesse, installiert ein „Warenwirtschaftssystem“, liest Vorschauen, empfängt Verlagsvertreter, gestaltet ein Kundenmagazin, startet eine Website, natürlich bald inklusive Webshop, usw. usw. usw.

Daneben gilt es, zwei Kinder bei Laune zu halten, mit dem Ehemann und Arbeitspartner gut auszukommen (das funktioniert bei Hartliebs offenbar fast problemlos) und – das Wichtigste! – ausreichend Schlaf zu finden. Denn mit dem Absperren der Ladentür am Abend ist die Arbeit natürlich lange nicht vorbei, sondern sie erstreckt sich nicht selten bis tief in die Nacht.

Begeisterte Helferinnen und Helfer

All das wäre ohne die großzügige Hilfe vieler, vieler Menschen – alter Freunde, spontaner Bekanntschaften, begeisterter Kunden und netter Nachbarn – keine solche Erfolgsgeschichte geworden. Vor allem aber nicht ohne die nie versiegende Begeisterung von Petra Hartlieb für ihre Arbeit.

Lob für die Kundschaft

Natürlich gibt es viele lustige Sachen zu berichten, z. B. Skurriles von Büchertischen bei Lesungen Prominenter, von Begegnungen mit Autoren, manchmal auch von seltsamen Kunden. Hier lauert übrigens die große Gefahr für solche Bücher: dass die Autorin bzw. der Autor der Versuchung erliegt, sich durch genüsslich erzählte Anekdoten über dumme Kunden auf deren Kosten ein paar Lacher zu holen. Petra Hartlieb widersteht dieser Versuchung, fast immer zumindest. Stattdessen lobt sie ihre Kundinnen und Kunden, von denen viele nach und nach zu Freundinnen und Freunden geworden sind.

Kampf gegen den “Riesen”

Wenig Lob, genauer: gar keines, fällt hingegen für den großen Feind kleiner Buchhandlungen ab, für Amazon. Petra Hartlieb ist sogar eine aktive Kämpferin gegen den „Internet-Riesen“. Und gewinnt dadurch Kundschaft jüngeren Alters, die vorher gedanken- und ahnungslos munter bei Amazon eingekauft hat.

Ganz zum Schluss scheint noch einmal alles zu scheitern – an einer nicht funktionierenden hypermodernen Buchhandelssoftware. Im letzten Moment erkennen die Computer-Leute, dass hier wirklich etwas auf dem Spiel steht, tun sich endlich wirksam zusammen und können die Probleme lösen. Allgemeines Aufatmen.

Krimis auch noch!

Wie Petra Hartlieb es schafft, neben dem aufreibenden Buchhandelsbetrieb auch noch Krimis zu schreiben und dieses Buch, weiß sie wohl selbst nicht so recht. Zum Glück hat sie es trotzdem geschrieben!

Wer dieses Buch gelesen hat, wird seine Buchhandlung(en) mit anderen Augen sehen, und vor allem die Menschen drin, jene vor und vor allem hinter den „Kulissen“.

Petra Hartlieb: Meine wundervolle Buchhandlung. DuMont Buchverlag, Köln, 2014. 208 Seiten.

Bild: Wolfgang Krisai: Librairie Alcyon im Bücherdorf Montolieu, Südfrankreich. Zeichnung aus dem Reisetagebuch von 2010.