Peter und Nadine - Ein deutscher Liebesfilm Teil II

Erstellt am 10. April 2011 von Ppq @ppqblog

Ein große, eine aber im ganz kleinen Detail bis ins Tiefste bewegende Liebesgeschichte aus dem kalten, neoliberal-sozialistischen Deutschland dieser Tage ist es, die RTL2
in seinem vielbeachteten Sozialdrama "Peter und Nadine - Eine Liebe in Deutschland" gezeigt hat. Ungeschminkt, in zotteligen Wollpullovern, mit Watschelgang und Urgeschrei, so spulten die beiden Laiendarsteller Peter und Nadine ihre Rollen vor den Augen eines staunenden Publikums ab: Dass soetwas mitten in Mitteleuropa möglich ist, eine himmelsstürmende Romanze zwischen einem selbstbewussten Migranten und einer ausgebildeten Beiköchin, die seit Jahren nach Arbeit sucht, das hätte niemand gedacht.
Und doch ist es wahr, die Darsteller sind echt, die Geschichte spielt im wahren Leben, sogar die sexy Blicke, die die vollschlanke Nadine gelegentlich in die Kamera wirft, sind ihrem Starprofil beim sozialen Netzwerk Facebook entnommen. Grund für Selbstbewusstsein hat die dralle Dern: Mit 24 ist sie bereits zum vierten Mal schwanger und überdies schon seit Jahren fest eingebunden in die halleschen Sozialhilfestrukturen. Ein Leben, ganz der eigenen Innerlichkeit gewidmet: Nadine ist ständig dabei, sich zu finden, alles zu ordnen und klar im Kopf zu werden.
Halle, die ehemalige Kulturstadt am Saalestrand, ist ein guter Ort dafür. Nein, Ostdeutschland ist schon längst nicht mehr der dunkle Landstrich rechts und links der "Straße der Gewalt", die sich von Sebnitz über Mittweida und Dessau sowie Lichtenhagen bis nach Passau zieht. Hier wachsen die Romanzen im Stillen, hier kommt es vor, dass einen die Geliebte zum Nächtigen in den feuchten Keller schickt, der einem früher zum Vernaschen der Nachbarsfrauen diente, oder dass leichte Schwindelgefühle am Morgen einen daran erinnern, dass man die Pille schon seit Monaten nicht mehr genommen hat.
Eine ehrliche Geschichte, die ihre Kanten und Scharten nicht vor ihrem Publikum versteckt. Ja, die füllige Nadine, mit der Peter intim wurde, als sie 14 war, ist ein Mädchen, das unser im Pisa-Weltmaßstab zusehends zulegendes Bildungssystem hinter sich gebracht hat. Sie weiß genau, den Schwangerschaftstest gibt es in der Apotheke, um ihn zu benutzen, reicht es, in eine Kaffeetasse der besten Freundin zu pinkeln. Und dann ist es auch schon wieder soweit: Wie ein Drittel aller Monate, seit sie volljährig wurde, ist Nadine wieder schwanger, neues Leben wird sie schenken und ihren Peter, der noch nichts davon weiß, glücklich machen.
Von wegen, Deutschland schaffe sich ab, wie es der inzwischen längst vergessene Ex-SPD-Bundesbanker Thilo Sarrazin behauptet hatte, ehe man nie mehr etwas davon hörte, dass seine Partei ein Ausschlußverfahren gegen ihn angestrengt hat. Hier, bei Nadine und Peter, der Alica Keys mag und das Buch "Looking for Sex" recht gern gelesen hat, wächst Zukunft. Er sei "now in matine luther universit halle saale Germany", verrät Peter zu spät gekommenen Fans auf seiner vor Mitteilungsdrang sonst nicht eben überschießenden Facebook-Seite. Eingeweihten zufolge forscht er dort zur friedlichen Nutzung der Kernenergie. Seine Frau, sie wartet daheim auf die Rückkehr des Geliebten und bekennt auf der ihren dagegen freimütig "bin eigentlich ne ganz liebe, bin offen un ehrlich" und außerdem auch "interessiert an Männern".
Da kitzelts etwas, da wird es eng, denn eben erst ist ja die wilde Affäre mit dem beinahe noch minderjährigen Baseballkappenträger Marcel beendet worden, der wohl der Vater von Nadines viertem Sprößling werden wird. Romeo und Julia in der Südvorstadt, die locker und laut miteinander klarkommen, obwohl keine Behörde je nach ihnen, ihren namenlosen Kindern und dem flotten Flachfernseher schauen, den sich die junge Familie vom kargen Hartz4-Gehalt abgespart hat.
Zum ersten Teil des Dramoletts: Peter und Nadine - Ein deutscher Liebesfilm