Pestärzte der Volkswirtschaftslehre in der Target2-Debatte.


 
Bevor Sie mit dem Lesen des nächsten Absatz beginnen, beantworten Sie bitte für sich im stillen Kämmerlein eine Frage (selbst wenn sie sie für befremdlich halten sollten): Kann man einem Land Geld leihen, wenn man unter „Land“ nicht den Staat bzw. die Regierung versteht (und natürlich auch kein Bundesland, sondern ein „richtiges“ Land)?Wenn ich mir als Laie die wirtschaftswissenschaftliche Debatte über die Natur und die Risiken der Debatte um die Salden aus dem Zahlungssystem „Target2“ in der Eurozone anschaue, fühle ich mich in einen Gelehrtenkongress von Pestärzten der frühen Neuzeit (vgl. Abbildung; andere) versetzt. Da kloppen sich die Wissenschaftler wie die mittelalterlichen Scholastiker sozusagen um die Anzahl der Engel, die auf eine Nadelspitze passen. Und oft geht es noch nicht einmal darum, sondern nur um die Debattenbeiträge der Kollegen: Was wer gesagt habe, wieviele draufpassen.
Einfach die Realität zu beobachten ist freilich nicht gar so einfach, wie man glauben sollte. Das muss ich leider schon bei Ihnen, liebe(r) Leser(in), feststellen. Sie haben nämlich mit 99,9% Wahrscheinlichkeit meine Eingangsfrage falsch beantwortet.
Wenn Sie die Frage bejaht haben, haben Sie Recht. Schließlich wird ein Land nur durch seine Regierung rechtswirksam vertreten. Falls ich den USA einen Kredit geben will, muss ich einen entsprechenden Vertrag abschließen, der vom US-Präsidenten unterzeichnet wird. Oder Staatsanleihen kaufen, was letztendlich auf dasselbe hinausläuft: So oder so schuldet mir dann der amerikanische Staat, vertreten durch die amerikanische Regierung, XXX US-Dollar. Gebe ich dagegen irgendeinem „John Doe“ einen Kredit, haftet nur der persönlich, nicht „die USA“.
Wenn Sie „nein“ gesagt haben, liegen Sie ebenfalls richtig. Schließlich kann ich (um den faktischen Weg eines Geldumtausches hier gedanklich abzukürzen) zur Fed in New York gehen, 10.000 € dort einzahlen und die entsprechende Menge Dollar (beispielsweise 12.000 USD) entgegennehmen. Dann habe ich (auch wenn das manchen spanisch vorkommen mag) tatsächlich „den USA“ einen Kredit i. H. v. 10.000,- € gegeben. Denn mit diesem Geld kann jetzt irgendein US-Amerikaner (wer genau, müssen die unter sich ausmachen) lustig bei uns einkaufen gehen, z. B. Kuckucksuhren. „Amerika“ zahlt mir diesen Kredit zurück, indem ich mit meinen US-Dollar in der Tasche dort rumreise, und lustig „Lobster“ (Hummer) verspeise – bis die 12.000 Dollar verbraucht sind. (Im Ergebnis wurden also deutsche Kuckucksuhren gegen amerikanische Hummer eingetauscht. Damit hat „Amerika“ seinen von mir erhaltenen Kredit wieder zurückgezahlt; die USA und ich sind „quitt“.) In gleicher Weise gibt natürlich aus volkswirtschaftlicher Sicht auch eine deutsche Geschäftsbank „den USA“ einen Kredit, wenn sie einer amerikanischen Geschäftsbank Geld leiht. Die US-Bank kann es an irgendeinen Kunden in den USA weiterverleihen; an welchen, ist der deutschen Bank egal.
Jede Antwort ist also richtig – und zugleich sollen beide falsch sein? Bimmeln bei dem Verfasser dieses Artikels vielleicht zu viele Kuckucksuhren im Geiste? (Übrigens: Soweit nicht anders erwähnt, ist nachfolgend mit „Verfasser“ immer der Artikelschreiber gemeint, also ich.) Nun, die Sache ist letztlich ein reines Kommunikationsproblem. Wir sind allzu sehr darauf gedrillt, Fragen mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten. Dadurch versäumen wir es häufig, die notwendige Vorprüfung anzustellen: „Ist die Frage überhaupt eindeutig, oder lässt sie in der vorliegenden Form vielleicht mehrere, ggf. sogar scheinbar widersprüchliche Antworten zu? Muss erst präzisiert werden, welcher Aspekt gemeint ist, bevor ich sie einfach bejahen oder verneinen kann?“ So kloppen sich selbst Wissenschaftler nicht selten darum, wer „Recht“ hat, obwohl sie etwas völlig anderes meinen bzw. von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen. Nur teilen sie ihrem Diskussionspartner das nicht mit, und sind sich in diesen Fällen vor allem auch selbst nicht darüber im Klaren. Und auch Sie haben, ob Sie die Eingangsfrage nun so oder so beantwortet haben, dabei unbewusst stillschweigende Voraussetzungen gemacht, die nicht selbstverständlich sind. Nur so lässt es sich erklären, dass sowohl Ihre Antwort als auch das genaue Gegenteil zutreffend. (Und mit dem Wissen um die Hintergründe lassen sich die Schein-Widersprüche auflösen.)
Vorliegend wäre also die eigentlich richtige Reaktion gewesen, die Eingangsfrage in der vorliegenden Form zurückzuweisen, dem Verfasser also zu entgegnen: „Erklären Sie gefälligst erst einmal, was genau Sie meinen: die juristische oder die volkswirtschaftliche Seite?“. Oder aber, zwar die Frage zu beantworten, dabei jedoch beideKomponenten einzubeziehen: „Das kommt darauf an, wie Sie das meinen. Im juristischen Sinne kann ich nur einem Staat Geld leihen, nicht einem Land. Im volkswirtschaftlichenSinne kann es, je nach Zusammenhang, durchaus Sinn machen zu sagen: ‚Deutschland hat Spanien (usw.) Geld geliehen‘, auch wenn keine Kredite an den spanischen Staat geflossen sind“.
Dem amerikanischen Kuckucksuhren-Käufer kann es gleichgültig sein, woher sein Geld kommt. Ob er ein Staatsbediensteter ist, dessen Gehalt vom Staat aus ausländischen Krediten bezahlt wird (denken wir an Griechenland!), ob er bei seiner Bank einen Kredit aufnimmt, den die ihm nur deshalb geben kann, weil sie sich ihrerseits bei einer deutschen Bank Geld geliehen hat, oder ob er sein Geld nur dadurch überhaupt in Euro umtauschen (und damit in Deutschland Kuckucksuhren einkaufen) kann, dass ich zuvor bei der Fed einen entsprechenden Euro-Betrag eingezahlt habe.
Und dem Kreditgeber kann es im Prinzip gleichgültig sein, ob sein Geld letztlich bei John Doe oder Lisa Miller landet, und wer von den beiden sich Kuckucksuhren dafür kauft. Haftungsrechtlich ist für den Kreditgeber lediglich die Bonität seines Vertragspartners von Belang, es kommt also nur darauf an, mit welcher Person bzw. Institution er rechtlich den Kreditvertrag abgeschlossen hat. Insoweit gibt es drei Möglichkeiten:
1.   Kreditvertrag mit dem Staat (in einfacher Form durch Kauf von Staatsanleihen). Geht der Staat pleite, ist das Geld futsch. Eventuelle sonstige Forderungen, die der Kreditgeber gegen eine private Bank (Ziff. 2) oder gegen die amerikanische Zentralbank, die Fed, hat (Ziff. 3; faktisch: gegen die US-Volkswirtschaft als sozusagen „Gesamtschuldnerin“!) werden davon nicht unmittelbar berührt.
2.   Kreditvertrag mit einer Geschäftsbank innerhalb des ausländischen Staates (deutsche Bank leiht US-Bank Geld). (Die Möglichkeit, Geld ins Ausland von Privat zu Privat zu verleihen, bei Banken anzulegen oder in Anleihen ausländischer Wirtschaftssubjekte, ist hier gedanklich eingeschlossen. In der Praxis dürfte sie allerdings weniger relevant sein.) Geht die ausländische Bank pleite, hat die deutsche Kreditgeberin gelitten (von Sicherungssystemen oder einem evtl. Eintreten des Staates mal abgesehen). Geht dagegen der Staat pleite, besteht die Forderung gegen die Bank (z. B. gegen eine hypothetische Firma namens „Godman Sucks“) selbstverständlich weiter. Nur wenn die Godman-Sucks-Bank so viele US-Staatsanleihen hält, dass sie vom Staatskonkurs selbst in die Insolvenz gezogen wird, ist – auf diesem indirekten Weg - ihre deutsche Kreditgeberin letztlich dann doch von der US-Staatsinsolvenz mitbetroffen.
3.   Hm: Wer ist denn eigentlich mein Vertragspartner (d. h. wer haftet für den von mir vergebenen Kredit), wenn ich „den USA“ Geld in der Form leihe, dass ich einfach nur meine Euronen bei der Fed in Dollar umtausche? In diesem Falle ist mein „Vertragspartner“ im engeren Sinne die Fed. Früher, als Banknoten noch als Anspruch auf Gold galten, hätte ich einen Anspruch auf eine bestimmte Menge Gold gehabt (das stand seinerzeit wohl auch auf den Banknoten drauf). Aber schon damals war eine Banknote auch und vor allem, und heute ist sie ausschließlich, ein Leistungsanspruch gegen die ausländische Volkswirtschaft als Ganzes. Die US-Volkswirtschaft – von Microsoft bis zum Starbucks-Café - ist es also, die gewissermaßen als Gesamtschuldnerin für die Einlösung meiner Dollar“schuldscheine“ haftet. Dieses Haftungsversprechen löst sie ein, indem sie auf meiner Amerikareise meine Dollars z. B. in Hummer umtauscht, in kalifornischen Wein, Übernachtungen, Canyontouren usw. Diese Dollars sind als sozusagen „Fremdwährungsscheine“ für mich „Kreditbriefe“ (mit „Reiseschecks“ unter dieser Bezeichnung konnten übrigens schon vor Jahrhunderten Leute wie Goethe etwa durch Italien reisen!), welche mir die amerikanische Volkswirtschaft, vertreten durch die Fed, ausgestellt hat. Die kann ich auf meiner Fahrt auf der berühmten Route 66 nach und nach einlösen, indem ich meine Dollars ausgebe, d. h. gegen Güter und Dienstleistungen „eintausche“. (Nicht anders ist es übrigens im Inland mit meinen Euros, aber darum geht es hier nicht.)
·   Daneben gibt es freilich noch einen Aspekt, der zwar nicht die unmittelbaren (haftungs-)rechtlichen Kreditbeziehungen betrifft, der aber speziell in der Target2-Debatte außerordentlich bedeutsam ist. Indirekt ist es für den Kreditgeber in wirtschaftlicher Hinsicht nämlich letztlich doch nicht unwichtig, ob John Doe oder Lisa Miller der/die Kreditnehmer(in) ist. Denn der/die eine kann vielleicht später den Kredit nicht tilgen. Wenn daraufhin seine/ihre Bank (also beispielsweise die griechische „Kretenkrötenkreditbank“) zusammenbricht, hat deren Kreditgeberin (also z. B. die deutsche „Gollmurks-Finanz-AG“) den Schaden.
Wenn man sich diese Zusammenhänge in einem solchen Modell anschaulich vorstellt, mögen sie vielen selbstverständlich oder gar banal erscheinen. Und doch muss man sich solche Hintergründe erst einmal völlig bewusst machen, bevor man in die Target2-Debatte einsteigt. Bzw. man muss sie (wie der Verfasser) langsam verstehen, je tiefer man in diese Diskussion einsteigt. Erstaunlicher Weise scheinen ausgerechnet Wirtschaftswissenschaftler damit nicht selten ihre Schwierigkeiten zu haben. Die zaubern irgendwelche Abstrakta (wie z. B. Leistungsbilanz, Kapitalbilanz, Zahlungsbilanz) aus ihrem Lernfundus hervor und glauben, man müsse nur die Begriffe richtig kombinieren, dann hätte man alles korrekt und umfassend beschrieben. Nur: Diese Begriffe können zwar zum Verständnis der Hintergründe nützlich sein. Wenn man sich aber zu ihrem Sklaven macht kann es passieren, dass man unmerklich auf eine schiefe Bahn gerät, die immer weiter wegführt von der Wirklichkeit. Anders gesagt: Man sollte immer wieder einen Realitätscheck (durch Prüfung der empirischen Daten und/oder durch eine modellhafte Darstellung wie z. B. oben) zwischenschalten. Da wird man sich gelegentlich wundern, wie das jeweilige begriffliche Begriffsbesteck, das wir so bedenkenlos aus unserer Wissenskiste hervorgeholt haben, den jeweiligen Sachverhalt mitnichten richtig, vollständig oder in seinem wesentlichen Aspekt beschreibt.  
Dass das speziell in den Wirtschaftswissenschaften (und vermutlich in den Geisteswissenschaften allgemein) nicht selten der Fall ist, demonstriert eine einfache Überlegung. Wenn mit dem jeweils Gesagten wirklich alles klar wäre, würden sich die Wissenschaftler nicht häufig wie die Kesselflicker um die richtige Deutung streiten. Vor allem wären sie aber dann in der Lage, zunächst einmal überhaupt eine klare Darstellung zu liefern, was (im vorliegenden Falle) das „Target2-Risiko“ für Deutschland bedeutet. Indes habe ich in jenen zahlreichen Debattenbeiträgen im Internet, von Wissenschaftlern wie von Laien, noch nicht einen einzigen gelesen, der diese Risikodimension eindeutig und einleuchtend beleuchtet hätte. Das schafft noch nicht einmal der führende Experte zur Target2-Problematik, der Münchener Professor Dr. Hans-Werner Sinn. Der hat vor Kurzem ein ganzes Buch über das Thema veröffentlicht („Die Target-Falle“). Und vorher hatte er sich bereits in zahlreichen populären wie wissenschaftlichen Beiträgen mit dem Thema auseinandergesetzt. Zum Beispiel in den Aufsätzen: „Target-Kredite, Leistungsbilanzsalden und Kapitalverkehr: Der Rettungsschirm der EZB“ vom 24.06.11 (hier; zusammen mit Timo Wollmershäuser) oder brandaktuell (22.10.2012) auf dem wirtschaftswissenschaftlichen Internetportal „Vox“ unter dem Titel „TARGET losses in case of a euro breakup“ („Targetverluste bei Zerfall der Eurozone“ 22.10.2012; hier). Das von Prof. Sinn geleitete Münchener Ifo-Institut hatte sogar (am 31.08.2011) einen umfangreichen Sammelband mit Aufsätzen zahlreicher Wissenschaftler und Notenbankexperten herausgebracht („Die europäische Zahlungsbilanzkrise“; hier).
Obwohl der Man also mit Sicherheit alles weiß, was man über dieses Zahlungssystem sagen kann, schreibt er z. B. in seinem o. a. Buch (S. 276): „Hört das Eurosystem auf zu existieren, … [sind] die deutschen Forderungen vermutlich nicht mehr einzutreiben“. (Warum das vermutlich falsch ist, zeigt der Verfasser unten.) Und in seinem o. a. Aufsatz „TARGET losses …“ setzt er sich gegen den Schluss zu in 4 Punkten großenteils mit den (in der Tat abstrusen) Vorstellungen der Wirtschaftswissenschaftler Paul De Grauwe und Yuemei Ji auseinander, welche diese in einem Aufsatz u. d. T. “What Germany should fear most is its own fear“ („Das größte Risiko für Deutschland ist seine eigene Furcht“; 18.09.2012; hier) vorgetragen hatten. (Ursprünglicher Aufsatztitel war anscheinend“How Germany can avoid wealth losses if the Eurozone breaks up: Limit conversion to German residents“ – „Wie Deutschland Verluste vermeiden kann, wenn die Eurozone zerbricht: Geldumtausch auf die Einwohner Deutschlands beschränken“). Eine solche Auseinandersetzung kann natürlich keine transparente Risikodarstellung liefern.
 Eine solche kann man freilich nicht in Form eines „Preisschildes“ erstellen, etwa „Wenn es kracht, kostet uns das 1 Billion €“. Die richtige Antwort besteht vielmehr darin, dass man Szenarien aufstellt: „Wenn das und das passiert, hat Deutschland die und die Risiken“. Diese Risiken müssen zunächst in ihrer Art abgeschätzt werden. Erst wenn man sich volle Klarheit über die Natur des jeweiligen potentiellen „Wenn-Dann-Risikos“ verschafft hat kann man versuchen, die Betragsdimension zu bestimmen (und das nur sehr grob, nicht etwa in Heller und Pfennig).
Leser(innen), die mit der Debatte nicht vertraut sind, werden bisher eine Erläuterung vermisst haben, was „Target2“ denn überhaupt sei. Wer das ganz genau wissen will, kann sich z. B. den einschlägigen Wikipedia-Artikel anschauen (hier). Target2 ist ein elektronisches Zahlungssystem, mit dem in der Eurozone oder, wie sie offiziell heißt, der „Europäische[n] Wirtschafts- und Währungsunion“ (EWWU, verkürzt auch Europäische Währungsunion, EWU) grenzüberschreitende Zahlungen innerhalb des Bankensystems abgewickelt werden. (Ob das Target-System auch für Transaktionen innerhalb der einzelnen Länder verwendet wird, ist dem Vf. unbekannt, aber hier auch unerheblich). Über dieses System laufen Transaktionen (Zahlungen)
a) zwischen Geschäftsbanken* untereinander,
b) zwischen Geschäftsbanken und Zentralbanken (auch „Notenbanken“ genannt; und zwar sowohl der einzelnen Länder – für Deutschland also der Bundesbank – wie auch der Europäischen Zentralbank – EZB - als sozusagen „zentralster Zentralbank“), und
c) natürlich auch der Notenbanken (der nationalen und der EZB) untereinander.
*(Der Zusatz „Geschäfts-“ dient lediglich zur Unterscheidung von Zentralbanken/Notenbanken. „Geschäftsbank“ kann also die Deutsche Krakenbank ebenso meinen wie die Klein-Kummerower Sparkasse.)
Innerhalb dieses Zahlungssystems sind zwischen den einzelnen Ländern (bzw. konkret, und das ist wichtig: zwischen deren Notenbanken!) Ungleichgewichte entstanden. Manche nationalen Zentralbanken (speziell die von Prof. Sinn so benannten „GIPS“-Länder: Griechenland, Irland, Portugal und Spanien) haben hohe Schulden. Dem entsprechend halten andere (insbesondere Deutschland, Luxemburg, die Niederlande und Finnland) hohe Forderungen. Schulden und Forderungen bestehen formalrechtlich jeweils gegenüber der EZB. Ökonomisch betrachtet (und das dürfte bei einem Zusammenbruch der Eurozone entscheidend sein) sind es aber eigentlich Forderungen der nationalen Notenbank untereinander. Um das zu verstehen muss man wissen, wie derartige Forderungen entstehen können (und tatsächlich auch entstanden sind). Insoweit sind zwei bzw. drei alternative Möglichkeiten zu unterscheiden. 
A) „Leistungsbilanzdefizit“, im Beispielfalle in Irland. (Wo es ein Defizit gibt muss es in der Buchhaltung notwendig einen Ausgleichsposten geben; im konkreten Beispiel ist das ein Leistungsbilanzüberschuss in Deutschland.)
Ein irischer Bauer kauft einen Traktor in Deutschland. (Dieses später auch von anderen Debattenteilnehmern verwendete Beispiel hatte ursprünglich der FAZ-Journalist Stefan Ruhkamp in die Diskussion eingeführt; vgl. hier.) Für den Traktorkauf muss er einen Kredit bei seiner irischen Bank aufnehmen (unterstellt: in voller Höhe des Kaufpreises). (Theoretisch ginge das natürlich auch in Deutschland, praktisch ist das freilich extrem unwahrscheinlich.) Seine Bank hat aber leider sämtliche bei ihr eingelegten Kundengelder verliehen (Kassenbestände und Mindestreserven, die die Geschäftsbanken bei den Notenbanken halten müssen, können wir in diesem Modell außen vor lassen). Folglich muss sich die Bank erst selber irgendwo Geld leihen, bevor sie dem Bauern einen Kredit geben kann.  
In der Zeit vor der Finanzkrise (d. h. vor dem August 2007; damals begann die von den USA ausgehende Krise, also nicht etwa erst mit dem Lehman-Kollaps im September 2008!) hätte sie sich den Kredit vielleicht bei der Deutschen Krakenbank geholt. Die traut aber jetzt der Guinnnassbank nicht mehr und rückt keinen sog. Interbanken-Kredit für die Iren raus. Glücklicherweise (für „Irland“ – für Deutschland evtl. weniger) hat die EZB mittlerweile ihre Sicherheitenstandards abgesenkt. Jetzt darf die im Auftrag der EZB handelnde irische Notenbank auch so etwas wie den Kreditvertrag mit dem Bauern als Sicherheit akzeptieren und gibt gegen dessen Hinterlegung der irischen Bank einen Kredit. Den „bezahlt“ die irische Nationalbank, indem sie Euros „druckt“ – bildlich gesprochen. Real schreibt sie den Betrag auf dem Konto der Guinnassbank gut. Jedenfalls: Die irische Nationalbank holt sich das Geld nicht irgendwo, sondern „schöpft“ es, wie man sagt, selber („Geldschöpfung“). Intern bucht die Notenbank natürlich eine Forderung gegen die irische Geschäftsbank ein.  
Die Zentralbank-Forderung gegen die irische Geschäftsbank ist nun doppelt gesichert (was aber keineswegs heißt, dass sie wirklich sicher ist). Zum einen haftet natürlich die Guinnassbank. Mit dieser, nicht mit dem Bauern, hat schließlich die „IZB“ (wie wir die irische Zentralbank nennen wollen) ihren Kreditvergabevertrag abgeschlossen. Geht die Guinnassbank pleite, hat die IZB immerhin noch deren sozusagen „Ursprungskreditvertrag“ mit dem Bauern in der Hand. Sie kann also den Bauern anschreiben und ihn auffordern, zukünftige Tilgungsraten nicht mehr an die Geschäftsbank (bzw. konkret: an deren Insolvenzverwalter) zu begleichen, sondern direkt an die IZB. Insoweit, als der Bauer einen Teil schon getilgt hat, oder wenn er gar selber pleite ist, muss die irische Notenbank den Kredit natürlich endgültig abschreiben. 
Nun muss nur noch der deutsche Traktorhersteller an sein Geld kommen. Das geschieht, indem die irische Zentralbank den Kaufpreis (also den Kreditbetrag) vom Konto der Guinnassbank wieder belastet, und der Bundesbank überweist, und zwar über das Zahlungssystem TARGET2. Die Bundesbank schreibt es dann dem bei ihr bestehenden Konto der Hausbank des Traktorherstellers gut, die es ihrerseits auf dem Firmenkonto einbucht. Bisher habe ich die rechtlichen und abwicklungstechnischen Zusammenhänge geschildert. Volkswirtschaft stellen sich die Zusammenhänge wie folgt dar: 
Die deutsche Firma hat einen Traktor nach Irland exportiert. Man könnte das Beispiel variieren und sich vorstellen, dass sie dem irischen Bauern direkt einen Kredit gibt; dann wäre sie selber im Risiko und alle Ebenen des Bankwesens (also Geschäfts- und Notenbanken) wären außen vor. Das war nicht der Fall; das individuelle Kreditrisiko gegenüber dem Bauern trägt, in der ersten Stufe, die irische Bank (in der 2. Stufe das europäische Notenbanksystem; eventuelle Verluste der IZB werden nämlich anteilig umgelegt – Gewinne natürlich ebenfalls). 
Eine weitere Variante wäre die historische Situation, als Irland noch seine eigene Währung hatte („Punt“), und Deutschland ebenfalls. Der Bauer bezahlt den Traktor in bar. Damit hat der Traktorhersteller in diesem Szenario keine Individualforderung gegen den Bauern, sondern eine Forderung gegen die irische Volkswirtschaft insgesamt. Dann gibt es wiederum zwei Möglichkeiten: 
a) Schließt der Traktorhersteller die Punt in seinen Tresor ein, behält er seine Forderung gegen die irische Wirtschaft. Je nachdem, wie sich dort die Lage im Vergleich zu Deutschland entwickelt, kann das ein Risiko oder eine Chance sein. Risiko bzw. Chance materialisieren sich in Gestalt des Wechselkurses. 
b) Der Traktorhersteller tauscht die Punt (faktisch über seine Geschäftsbank, aber letztlich bei der Bundesbank) in DM um (unser Beispiel bildet ja die Vor-Euro-Zeit ab). Wer DM in der Hand hält, hat eine Forderung gegen die deutsche Volkswirtschaft. (Diesen nicht unwichtigen Sachverhalt übersehen z. B. die Gewerkschaftsökonomen Gustav A. Horn und Fabian Lindner in ihrer auch sonst an Denkfehlern nicht armen Arbeit „Kein Kapitalabfluss aus Deutschland. Eine Fundamentalkritik an Hans-Werner Sinns Kapitalexport-These“ vom 23.05.2011 – hier.) Der Traktor-Hersteller hat also seine Forderung gegen die irische in eine Forderung gegen die deutsche Volkswirtschaft umgetauscht. Und wer hat jetzt die Forderung gegen die irische Wirtschaft? Natürlich die Bundesbank, denn bei der sind ja die Punt gelandet, und die hat dafür DM „gedruckt“, die sie (letztlich) dem Traktorhersteller übergeben hat. Was ist aus dem geworden? Nun, das Wechselkursrisiko liegt immer dort, wo auch die Punt liegen; jetzt also bei der BuBa. Wenn diese die Punt (hypothetisch) 1 : 1 umgetauscht hatte (Gebühren lassen wir beiseite), dann hat sie z. B. 100.000,- DM an den Traktorhersteller gezahlt, und verbucht die Punt als Forderung (an die irische Notenbank) ebenfalls mit 100.000,- DM. Fällt der Wechselkurs dergestalt, dass man z. B. für eine DM 2 Punt bekommt, ist das Punt nur noch die Hälfte wert und die Bundesbank muss ihre Bilanz entsprechend berichtigen. Das Punt-Guthaben (das ursprünglich aus dem Traktorexport von Deutschland nach Irland herrührt) darf sie nur noch mit 50.000,- DM bewerten. Auf der anderen Seite musste sie aber die an den Traktorhersteller ausgezahlten 100.000,- DM als Verbindlichkeit, also als „Schulden“, bilanzieren. Wäre sie eine Geschäftsbank, und diese beiden Positionen wären ihre einzigen Bilanzposten, wäre sie pleite: Sie wäre überschuldet, weil sie „der Wirtschaft“ 100.000,- DM schuldet, aber nur noch 50.000,- DM an Vermögen hat.  
Die Vorstellung, dass das von der BuBa gedruckte Geld „Schulden“ für die Notenbank sind, leuchtet wahrscheinlich nicht jedem ein. Aber wenn Sie sich das Wechselgeschäft in der umgekehrten Richtung vorstellen, wird das deutlicher: Der Traktorhersteller möchte in Irland Butter en gros kaufen und tauscht dafür seine 100.000,- DM wieder bei der BuBa in Punt zurück. Da man wegen des Punt-Kursverfalls jetzt für eine DM 2 Punt erhält, muss die BuBa 200.000,- Punt rausrücken, obwohl sie selber damals nur 100.000 Punt erhalten (und diese im Tresor aufbewahrt) hat. Also muss sie am Devisenmarkt 100.000 Punt dazukaufen und dafür 50.000,- DM bezahlen. 
Jede Geschäftsbank (wie die BuBa im vorliegenden Modell ohne weitere Bilanzpositionen gedacht) wäre, selbst wenn sie bis dahin ihre Überschuldung durch vorsätzliche Falschbilanzierung verschleiert hätte, spätestens an diesem Punkt pleite: sie hat das Geld ganz einfach nicht. Bei einer Zentralbank ist das anders, die kann Geld selber herstellen so viel sie lustig ist: „Hast du keins, druck dir eins“. Das bleibt natürlich nicht ohne (inflationäre) Folgen für die Wirtschaft, wenn sie das im großen Maßstab tut bzw. tun muss. Aber jedenfalls geht sie – auch das eine wichtige Erkenntnis aus der Internet-Debatte für unser Thema – nicht pleite; sie kann beliebig tief in den Miesen stecken. Weil eine Notenbank nicht insolvent werden kann, muss sie der Steuerzahler auch nicht „raushauen“. Dennoch kommen wir Bürger nicht ungeschoren davon. Zum einen zahlen wir ggf. via Inflation (gelegentlich, und durchaus zutreffend, auch als „Inflationssteuer“ bezeichnet). Aber auch als Steuerzahler werden wir zur Kasse gebeten. Soweit die Bundesbank in den Folgejahren – nachdem sie die Devisenverluste abgeschrieben hat – Gewinne macht, wird sie diese zur Tilgung ihrer Verlustvorträge einsetzen. Ansonsten hätte sie die Gewinne an den Finanzminister abgeführt. Insgesamt tragen also die Steuerzahler tatsächlich die ggf. riesigen Verluste. Trotzdem können wir das wirtschaftlich verhältnismäßig problemlos verdauen, weil die Miesen im Staatshaushalt nicht auftauchen. Sie sind - in Form der jährlich entgangenen Bundesbankgewinne – einfach nicht da, das merkt überhaupt niemand. Der ganze große Verlustbatzen, der sich in der BuBa-Bilanz angesammelt hat, schlägt sich im Staatshaushalt also nur langsam in einer langen Zeitspanne nieder.
Das ist eine wichtige Einsicht für unsere spätere Verlustanalyse, aber noch zwei weitere Umstände sind zu erwähnen. Zum einen, dass sich die Forderung der Bundesbank (und damit Deutschlands i. S. der deutschen Volkswirtschaft) nicht gegen den irischen Staat richtet. Der darf, aus dieser Perspektive betrachtet, ruhig pleitegehen: Mit unseren Punt können wir immer noch die (Vorsicht SchleichwerbungJ) gute irische Butter kaufen. Deswegen ist das Risiko dieser Target-Forderungen auch keineswegs identisch mit dem Risiko beispielsweise der ESM-Kredite, oder von hypothetischen Eurobonds. Rein abstrakt weiß ein Mann wie Prof. Sinn das natürlich auch. Aber anscheinend überlagert sein Unbewusstes dieses abstrakte Wissen immer wieder mit der Vorstellung „Wenn (z. B.) Griechenland pleitegeht, verlieren wir unsere Forderungen“. Nur mit einer unterbewussten Gleichsetzung von „Land“ (i. S. von Volkswirtschaft) mit „Staat“ kann sich der Vf. bei Sinn Sätze erklären wie: „Für Gläubigerländer, allen voran Deutschland, sind die Target-Kredite ein Risiko, wie es auch andere öffentliche Hilfskredite sind. Wenn die Schuldner nicht zurückzahlen können, muss man die Forderungen abschreiben, und die Güter und Vermögensobjekte, die mit dem Target-Geld in den Kernländern erworben wurden, kommen nie wieder zurück. Dabei werden die deutschen Abschreibungsverluste freilich durch die Sozialisierung der Geldschöpfungsgewinne und -verluste im Euroraum reduziert, weil sich alle solvent bleibenden Notenbanken diese Verluste nach ihren Kapitalschlüsseln teilen.“ (Aus dem FAZ-Vorabdruck vom 08.10.2012 „So wurden die Euro-Retter erpressbar“ aus Sinns Buch „Die Target-Falle“; hier). Oder noch krasser, an gleicher Stelle: „Noch schlimmer würde es für Deutschland ausgehen, wenn der Euro zerbricht, denn in diesem Fall hat Deutschland eine Target-Forderung gegen ein System, das es nicht mehr gibt. Dann liegt der deutsche Target-Verlust auf der Basis der obigen Zahlen im August 2012 nicht bei 416 Milliarden Euro wie beim Austritt der GIIPSZ-Länder, sondern bei 727 Milliarden Euro. Mit den Forderungen aus dem offenen Rettungsschirm ESM wäre Deutschland in diesem Fall noch deutlich besser bedient, denn einerseits wäre es nur mit seinem Kapitalanteil beteiligt und andererseits blieben die Staatspapiere auch dann noch rechtsgültige Forderungstitel, wenn der Euro durch andere Währungen ersetzt werden sollte. Sie sind zwar von einem Schuldenschnitt und einem Abwertungsverlust bedroht, doch nicht vom Ausfall der Rechtsgrundlage.“
Eine solche Entwicklung ist zwar theoretisch möglich; sie ist aber praktisch extrem unwahrscheinlich. Bevor wir das begründen, bzw. überhaupt in die eigentliche Risikoanalyse einsteigen, müssen wir erst noch einen weiteren Weg vorstellen, auf dem „irische Euronen“ (oder, was jedenfalls für ein bestimmtes Eurozonen-Zerfalls-Szenario dasselbe wäre: irische Punt) als Forderungen in die Bundesbank-Bilanz gelangen können.
B) Fachsprachlich nennt man das ein (irisches) „Kapitalbilanzdefizit“, dem wiederum ein Kapitalbilanzüberschuss in Deutschland entspricht. (Das ist jedenfalls die wirtschaftliche Ausgangskonstellation; buchhalterisch wird das irische Defizit durch die Geldschöpfung der IZB ausgeglichen. In Deutschland ist es komplizierter. Hier erfolgt der Ausgleich in der Form, dass die Geschäftsbanken ihre bei der BuBa aufgenommenen Kredite zurückführen. Falls sie das nicht mehr tun, sondern ihre eigene Kreditvergabe ausweiten, oder wenn sie alles zurückgezahlt haben, dann Gnade uns Gott, dann stehen nämlich die Chancen gut für eine saftige Inflation.) Bei den Geldtransfers von Irland nach Deutschland (um die geht es hier genauso wie im vorigen Beispiel, nur dass „wir“ jetzt keine Waren nach Irland liefern) lassen sich noch zwei verschiedene Untergruppen unterscheiden, nämlich:
a) Kapitalflucht: Irische Wirtschaftssubjekte (d. h. Bürger und Firmen) haben Angst, dass die Eurozone zerfällt, dass ihr in Irland auf den Bankkonten liegendes Geld in Punt getauscht wird (was per se noch nicht schlimm wäre, aber:) und dass das Punt am nächsten Tag an den Devisenmärkten in den Keller rutscht. (Konkret würde das, wenn wir unsere o. a. Werte zu Grunde legen, für unseren irischen Bauern bedeuten, dass er dann für einen Traktor in Deutschland 200.000,- „Irenpunt“ hinblättern müsste, statt vorher 100.000,- „Europunt“. Auf seinem Konto stehen – wenn wir unser o. a. Beispiel dahingehend abwandeln, dass er den Traktor ursprünglich in bar bezahlen könnte – aber vorher wie nachher nur 100.000,- stehen. Es macht also sehr viel Sinn für ihn, sein Geld bei der irischen Bank abzuziehen und nach Deutschland zu transferieren.)
b) Repatriierung von Kapital: Deutsche Banken, die irischen Banken Geld geliehen haben (und ebenso natürlich deutsche Bürger und Firmen, die aus irgendwelchen Gründen Geld auf irischen Konten halten) ziehen diese Einlagen ab. Vom Ergebnis her hat das die gleiche Wirkung.
Beide Sachverhalte kann man auch als „Bank Run“, einen Ansturm auf die Banken, bezeichnen. Nur stehen dann nicht (wie bei der Weltwirtschaftskrise um 1930) Menschenschlangen an den Schaltern. Diesen Bank Run sieht nur die Bank, und zwar in Gestalt von Stapeln von Überweisungsaufträgen in den Bankbriefkästen - und anschließend als Fehlbeträge in ihren Büchern. Bei den irischen Geschäftsbanken kommt es jetzt zur Schieflage. Lassen wir die Guinnass-Bank in den Einlagen 120 Mio. € haben, und 100 Mio. € davon als Kredite vergeben (20 Mio. braucht sie für Kassenhaltung und Mindestreserve). Ziehen die Kunden 20 Mio. ab, steht die Bank ohne Kassenbestand da. Wenn der nächste Kunde auch nur einen einzigen Cent abheben will, kann sie ihre Schalter dicht machen. Zentralbanken wurden aber dafür geschaffen, um genau solche Situationen zu verhindern. Deshalb nennt man sie auch „lender of last resort“, also etwa „Kreditgeber der letzten Instanz“. Daher springt die IZB jetzt ein. In der Eurozone gibt es eine feine Unterscheidung, ob die EZB den Kredit vergibt, und nur durch die IZB vertreten wird, oder ob die IZB in eigener Verantwortung Kredite an Banken ausreicht (sog. „ELA“-Kredite: Emergency Liquidity Assistance). Das müssen wir hier aber nicht weiter erörtern; in der Praxis wird es der BuBa und den anderen nationalen Notenbanken wenig helfen, der griechischen Notenbank zu sagen: „Dafür haftest du aber selber“. Jedenfalls nicht aktuell, wenn (wie zu vermuten) die „GZB“ keine Reserven hat. Längerfristig kann man ihr – bei einem Fortbestand der Eurozone – die Schulden von ihren anteiligen Gewinnen allerdings durchaus wieder abziehen.
Eines muss man freilich noch wissen, was der Verfasser in den von ihm gesichteten Aufsätzen bisher noch nirgends thematisiert fand: Pleite ist nicht gleich Pleite. Insoweit ist nämlich zu unterscheiden zwischen
aa) Illiquidität (= nur vorübergehend zahlungsunfähig, weil kein Geld in der Kasse liegt, aber in Kürze wieder zahlungsfähig, wenn ausstehende Forderungen hereinkommen) und
bb) Überschuldung. Eine überschuldete Bank ist definitiv pleite.
Soweit die Kreditnehmer unserer gedachten Guinnass-Bank brav ihre Raten bezahlen, ist die Bank bei einem Abzug von Kundengeldern nur temporär zahlungsunfähig. Dafür darf ihr die IZB aus der Patsche helfen, weil ja (ziemlich) sicher ist, dass die Bank die von der IZB geliehenen Gelder später zurückzahlen kann. Zahlen die Kreditnehmer die Raten aber großenteils nicht, ist die Bank überschuldet und kann ihre Verbindlichkeiten bei der IZB auch später nicht tilgen.  
Nach ihren Statuten dürfte die EZB nur solche Banken helfen, die illiquide, aber nicht überschuldet sind. Ich gehe jedoch davon aus, dass sie in Griechenland, Spanien, Irland, und wohl auch in Zypern und vielleicht Slowenien auch solchen Banken Kredite einräumt, die überschuldet sind. Wenn man hier und da liest, wie viele Kreditnehmer (prozentual) ihre Raten nicht bezahlen, dann kann es gar nicht anders sein. Der Journalist Malte Heynen schrieb z. B. kürzlich in der Wirtschaftswoche (hier): „Allein die ausstehenden Immobilienkredite haben ein Volumen von 1.000 Milliarden €. Es ist ein schlechter Witz, wenn die Spanier behaupten, ihre Banken bräuchten höchstens Notfallhilfen von 62 Milliarden €.“ Aus Reserven oder anderweitigen Gewinnen können die Banken derartige Zahlungsausfälle nicht mehr abdecken. Es spricht also alles dafür, dass die EZB statutenwidrig überschuldete Banken mit Kredit versorgt. Wenn das der Fall ist, agiert die EZB in meinen Augen (vielleicht nicht juristisch, aber auf jeden Fall wirtschaftlich) absolut kriminell. Sie nimmt dann nämlich vorsätzlich Verluste in Kauf (die irgendwann eintreten müssen). Zumindest bei Geschäftsbanken dürfte das den Straftatbestand der Untreue erfüllen; ich kann keinen Grund erkennen, warum ein solches Verhalten bei einer Notenbank anders zu bewerten sein sollte.  
Mit dieser Feststellung leiten wir zur eigentlichen Analyse des Kreditrisikos über, und die können wir relativ kurz halten, weil wir uns im bisherigen Verlauf alle dafür notwendigen Einsichten bereits erarbeitet haben. 
Zunächst ist klar zu unterscheiden zwischen Target2-Risiken, die bei einem Fortbestand der Eurozone bestehen (und in Zukunft noch weiter auflaufen können) und solchen, die bei einem Zerfall drohen.
Bei einem Fortbestand liegt das Risiko darin, dass die EZB („vor Ort“ vertreten durch die jeweilige nationale Notenbank) das von ihr ausgeliehene Geld nicht zurückbekommt. Ein solcher Fall würde eintreten, wenn beispielsweise die Kretenkrötenkreditbank bankrottgehen würde, wenn sie als Pfand für den EZB- bzw. GZB-Kredit griechische Staatsanleihen hinterlegt hätte und wenn der griechische Staat gleichfalls insolvent wäre. Freilich die jeweiligen Heimatstaaten ihre Banken „rekapitalisieren“, also deren Verluste übernehmen (was sie nur bei einem Staatsbankrott nicht mehr könnten). Dafür ist ein Teil der Hilfszahlungen an Griechenland reserviert (das die Europäer wohl auf ewig durchschleppen werden), und Spanien hat man zu diesem Zweck 60 Mrd. € bewilligt. Dieser Betrag dürfte aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein, wenn die ausstehenden Immobilienkredite dort tatsächlich ein Volumen von 1000 Milliarden € (also einer Billion und mehr als das Dreifache des deutschen Staatshaushaltes!) erreicht haben. Vor diesem Hintergrund muss man wohl auch den Druck mancher unserer „Freunde“ sehen, schnellstens eine Bankenunion einzurichten. Die sind weniger an einer gemeinsamen Aufsicht interessiert, sondern an einer Bankschuldenunion. Die Begleichung der Bankenschulden („Rekapitalisierung“) würde dann nämlich aus dem ESM-Topf erfolgen; die einzelnen Staaten wären haftungsmäßig aus dem Schneider. Der deutsche Steuerzahler müsste (bzw. wird, denn so wird es mit Sicherheit kommen – allerdings erst nach der nächsten Bundestagswahl!) dann die Schulden spanischer Häuslebauer und Immobilienspekulanten bezahlen. Aber die Notenbanken wären natürlich aus dem Schneider wenn es gelingt, die (deutschen und anderen) Steuerzahler an die Hammelbeine zu kriegen. So oder so wird also das sog. „counterparty risk“ (Geschäftspartnerrisiko) der Notenbanken bei uns landen: Als Steuererhöhung, wenn die kaputten Banken in Irland, Spanien, Griechenland, Zypern (und Slowenien? Und Portugal?) aus dem ESM-Fonds „rekapitalisiert“ werden. Oder als Inflationssteuer, wenn die EZB-Mittel in Pleitebanken endgültig versenkt wären. (Inflationssteuer deshalb, weil die EZB dieses Geld abschreiben und erneut „drucken“ müsste, wodurch der Geldumlauf steigen würde.) 
Bei einem Eurozonen-Zerfall (und entsprechend bei Austritten) muss man sich (vorher oder hinterher) irgendwie einigen.  
Zum einen würde es um die Nachhaftung für die bis dahin von der EZB (also ohne ELA-Kredite) vergebenen Bankkredite gehen. Muss jetzt das jeweilige Land haften, oder bleibt eine evtl. „EZB i. L.“ (bzw. die Notenbankengemeinschaft, die vorher die EZB getragen hatte) im Obligo? Da wahrscheinlich kein Land eine Bank pleitegehen lassen will, wird man die Haftung letztlich den Heimatländern aufdrücken können. Denn auch nach der aktuell gültigen Rechtslage wären es ja die Heimatstaaten, nicht die Eurozone (via ESM) als Ganzes, die eine Rekapitalisierung finanzieren müssten. Das dürfte ihnen auch leichter fallen, wenn sie wieder selbständige Notenbanken hätten, die nach Belieben Geld drucken könnten. Zwar hätte das inflationäre Konsequenzen, aber daran sind unsere westlichen und südlichen Partner ja gewöhnt. Und zu einer Hyperinflation würde eine Bankenrekapitalisierung mit der Notenpresse nicht führen. Allerdings wären wir auch bei dieser „Inflationssteuer“ mit im Boot: nämlich über Kursverluste unserer Devisenreserven (s. u.). 
Die Nachhaftung für die Bankenrisiken wäre allerdings das kleinere Problem; das größere wären die Target-Forderungen. Dazu schreibt Prof. Sinn in seinem jüngsten Artikel „TARGET losses in case of a euro breakup“ (s. o. bzw. hier):
“If the Eurozone breaks up and the TARGET debtors go bankrupt, there is no clear legal basis for the TARGET claims, and the Netherlands would hold a claim against a system that no longer exists. Neither the ECB bylaws nor the Maastricht Treaty contain any rules for how this case would have to be handled. Should the euro break up, there will probably be a follow-up institution that inherits the ECB’s equity capital, currently about €31 billion. The Netherlands will then have to compete for this equity with Germany, Finland and Luxembourg, who together with the Netherlands hold TARGET claims currently amounting to about €1,000 billion.”Auf Deutsch etwa: „Wenn die Eurozone zerbricht und die TARGET-Schuldner bankrottgehen, gibt es keine eindeutige rechtliche Basis für die TARGET-Forderungen, und [zum Beispiel] die Niederlande hätten einen Anspruch gegen ein nicht mehr existentes System. Weder die Regelungen für die EZB noch der Maastricht-Vertrag enthalten irgendwelche Bestimmungen für einen solchen Fall. Bei einem Eurozonen-Zerfall würde wahrscheinlich eine Nachfolgeorganisation eingerichtet werden, die das Kapital der ETB erben würde; das sind aktuell etwa 31 Milliarden €. Die Niederlande müssten sich dann mit Deutschland, Finnland und Luxemburg streiten, die zusammen ca. 1.000 Milliarden [also eine Billion] an offenen TARGET-Forderungen haben.“Prof. Sinn meint also offenbar, dass sich die Länder mit Target-Forderungen um die 31 Milliarden EZB-Kapital raufen müssten.  
Nun, gar so schlimm wird es denn doch nicht kommen. Zunächst einmal verwechselt Prof. Sinn Staaten und Länder (Volkswirtschaften), wenn er schreibt „und die TARGET-Schuldner bankrottgehen“. Wie alle jene Leser(innen) wissen, die dem Vf. bis hierher folgen konnten und sich noch an das Gesagte erinnern, sind die TARGET-Forderungen nicht aus Kreditvergaben an Regierungen entstanden, sondern sie stellen Kredite der (u. a.) deutschen Wirtschaft an die „GIPS“-Länder (= „GIPS“-Volkswirtschaften) dar. Die TARGET-Schuldner im Sinne von Volkswirtschaften können also gar nicht pleitegehen; die nationalen Notenbanken auch nicht. (Die wahrscheinliche Risikoverteilung bei Insolvenzen der Geschäftsbanken hatten wir bereits oben erörtert.) 
Richtig ist zwar, dass die BuBa gegenwärtig formal keinerlei Forderungen gegen die irische Notenbank hat, sondern nur gegen die EZB. Technisch läuft das wohl so ab, dass zunächst zwar die Ansprüche der Notenbanken untereinander gebucht werden. Diese werden jedoch abends auf die EZB übertragen. Am nächsten Morgen sind damit die Forderungen der BuBa gegen die IZB in Ansprüche gegen die EZB umgewandelt, die Schulden der IZB bei der BuBa in solche bei der EZB.
Wenn man eine „EZB i. L.“ als Nachfolgeorganisation der EZB für deren Abwicklung einrichten würde, gäbe es selbstverständlich eine eindeutige Rechtsgrundlage für die T2-Ansprüche: Die „Überschusszentralbanken“ würden ihre Forderungen gegen die EZB i. L. behalten, die „Defizitzentralbanken“ blieben weiterhin dort Schuldner. Aber so würde es nicht kommen. Zwar muss man die EZB in irgendeiner Weise geordnet abwickeln und wird dazu eine „Rest-EZB“ behalten (die z. B. den Eurotower verkaufen müsste). Aber die Target-Salden werden wieder als Forderungen der nationalen Notenbanken untereinander verbucht werden. Schließlich hat Deutschland ja einen Traktor nach Irland geliefert; da können sich die Iren nach internationalem Recht nicht hinstellen und sagen: „Juckt uns nicht, wir erkennen eure Forderung nicht an“. Und außerdem haben Kapitalflüchtlinge aus den Krisenländern bei uns Bankkonten eingerichtet, Häuser oder Wohnungen gekauft usw. Wenn deren Heimatländer unseren Gegenanspruch nicht anerkennen würden, müssten wir den Besitz ihrer Bürger bei uns beschlagnahmen. Das wäre keine Vergeltungsmaßnahme, sondern die ökonomisch absolut angemessene Reaktion. Anderenfalls hätte ja, volkswirtschaftlich betrachtet, „Irland“ bei uns Immobilien für lau eingekauft. Das wird nicht passieren, denn Regierungen, die sich so verhalten, wären auch international Parias. Wer wollte denen noch über den Weg trauen, wenn sie internationale Verträge abschließen oder Kredite aufnehmen wollen?
Nein; mit den Target-Forderungen würde etwas anderes geschehen. Ich bin sicher, dass man sie einvernehmlich als Devisenreserven behandeln würde. Die Frage ist dann nur noch: In welcher Währung? Insoweit kann die BuBa natürlich nicht einseitig festlegen: “Für uns sind das (vollwertige) ‘Alt’-Euros (also identisch mit Neu-DM oder Nord-Euros), und so buchen wir das Zeug auch”. Jedermann – vor allem die Krisenländer selber – weiß/wissen, dass die Südwährungen oder ein evtl. Süd-Euro gegenüber der DM oder einem Nord-Euro abwerten würde. Sie werden also verlangen, dass die BuBa ihre Forderungen in den jeweiligen Länderwährungen verbucht. Darum kommen wir auch nicht herum; das Abwertungsrisiko müssen wir übernehmen.  
Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass alle Länder bei Auflösung des (oder Austritt aus dem) EWS 1 : 1 umstellen würden: Auf DM, Nord-€, Drachmen, Süd-€: je nachdem. Das passiert natürlich am Wochenende, und am Montag sausen die Wechselkurse der Süd-Euronen bzw. Drachmen usw. in den Keller. Im Schnitt pendelt sich das vermutlich irgendwo zwischen 20 und 30% ein. In der BuBa-Bilanz müssten diese Kursänderungen als Verluste gebucht werden. Aber, wie oben gezeigt, geht die BuBa davon nicht pleite. Und wirtschaftlich materialisieren würden sich das Risiko (und evtl. Inflationsfolgen) dagegen erst dann und insoweit, als Anleger auf diese Devisen zugreifen würden. Ökonomisch würde das, am konkreten Beispiel durchdacht, folgendes bedeuten: Ein irischer Anleger hätte in Deutschland für 100.000,- € ein Haus gekauft. Bei der Bundesbank liegen nach der Euro-Auflösung dafür 100.000,- Punt „Devisenreserven“ (aus der ehemaligen T2-Forderung). Jetzt verkauft der Ire sein Haus für wiederum 100.000,- €. Die tauscht er bei der BuBa in Punt um. Da man aber mittlerweile (hypothetisch) zwei Punt für einen Euro erhält, muss ihm die Bundesbank 200.000,- Punt auszahlen. Genau wie oben im Beispiel des deutschen Traktorherstellers müsste die BuBa also jetzt am Devisenmarkt 100.000 Punt nachkaufen und dafür 50.000,- „Neu-Mark“ bezahlen. Der Verlust ist schmerzlich, doch keine Katastrophe für uns. So sehr wir Prof. Sinn dankbar sein müssen, dass er das Thema in die breite Öffentlichkeit getragen hat (als erster aufgegriffen hatte es – freilich folgenlos - schon Monate vorher ein Leserkommentator namens Bernd Klehn; mehr darüber in diesem– englischsprachigen – Blog-Eintrag des Vf.) und so sehr wir tatsächlich mit Verlusten rechnen müssen: Bei einer Auflösung der Eurozone gehen nach menschlichem Ermessen keineswegs die gesamten Target-Salden verloren.
 Dagegen werden wir bei einem Fortbestand in eine Transferunion hineingezogen, in der man uns auspressen wird wie Zitronen. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!  
Bitte legen Sie es dem Verfasser nicht als Bosheit aus wenn er abschließend um Verständnis bittet, dass er in diesem „kurzen“ Aufsatz das Thema nicht wirklich erschöpfend behandeln konnte. J
ceterum censeoDie Steuertöpfe quellen über -Doch für Verkehr und Bildung ist kein Geld mehr über?Kein deutsches Geld für Eurozone:Wir leben besser "Eurotz-ohne"!
Textstand vom 25.10.2012. Gesamtübersicht der Blog-Einträge (Blotts) auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm. Eine vorzügliche, laufend aktualisierte Übersicht über die Internet-Debatte zur Eurozonenkrise bietet der Blog von Robert M. Wuner. Für diesen „Service“ ihm herzlichen Dank!Für Paperblog-Leser: Die Original-Artikel in meinem Blog werden später z. T. aktualisiert bzw. geändert.

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